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  • 05.03.2013 13:33 - verzeihen KÖNNEN
von Hildegard Maria in Kategorie Allgemein.

FASTENZEIT
3. WOCHE - DIENSTAG

21

verzeihen KÖNNEN

Verzeihen, nicht nachtragen.
Wir sind Schuldner: alles der Barmherzigkeit Gottes überlassen.
Verstehen. Lernen, in den anderen das Gute zu entdecken.

I. Spannungen im Umgang miteinander, zu Hause, bei der Arbeit, mit Freunden oder Bekannten, sind so gut wie unvermeidlich. Manchmal mag es uns sogar scheinen - mit oder ohne Grund -, daß jemand es darauf anlegt, uns zu ärgern, uns mit seiner groben Art herauszufordern. Vor diesem Hintergrund erreicht uns die Frage des Petrus im Evangelium der heutigen Messe: Wie oft muß ich meinem Bruder vergeben? Siebenmal?1 Muß ich also wirklich immer wieder verzeihen? Diese Frage stellen wir heute in die Mitte unseres Gebetes: Sind wir bereit, immer wieder zu verzeihen? Oder tun wir uns da schwer?

Wir kennen die Antwort des Herrn: Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal, immer wieder also. Von Petrus, von uns, von allen, die ihm nachfolgen, erwartet der Herr die Bereitschaft zum uneingeschränkten Verzeihen. Denn er will, daß wir es ihm in der Weite des Herzens nachtun. »Gottes Allmacht« sagt Thomas von Aquin, »äußert sich vor allem darin, daß er Verzeihung gewährt und barmherzig ist. Denn dadurch, daß er freizügig vergibt, offenbart er seine unbegrenzte Macht«2. Deshalb schreibt ein Kirchenvater, daß »nichts uns Gott so ähnlich macht wie die Bereitschaft, immer zu vergeben«3.

»Löschen wir also in uns die Erinnerung an Beleidigungen, an Demütigungen, die uns zugefügt wurden, und mögen sie noch so ungerecht, ungehörig und grob gewesen sein; denn ein Kind Gottes führt nicht Buch darüber, um die ganze Liste später einmal vorzulegen.«4 Weder Groll noch Feindschaft dürfen unser Inneres verunstalten, auch dann nicht, wenn der andere fortfährt, uns wehzutun.

Jeden Tag beten wir im Vaterunser: Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. »Das Vergeben soll nicht etwas Gelegentliches, Ungewöhnliches sein, sondern zum festen Bestand des Daseins, zur immerfort wirksamen Gesinnung des Einen gegen den Anderen werden.«5 Die Vergebung muß aufrichtig sein und von Herzen kommen, spontan und ohne nachzutragen, mit der Leichtigkeit des Selbstverständlichen, undramatisch und ohne den anderen zu demütigen. Meistens wird es nicht einmal nötig sein zu sagen: »Ich verzeihe dir« denn eine freundliche Geste oder das unverkrampfte Wiederaufnehmen eines Gesprächs zeigen schon, daß die Sache für uns erledigt ist.»Natürlich ist solche Nächstenliebe nicht leicht, selbst dann nicht, wenn es sich - wie meistens - nur um Bagatellen handelt: Wenn sich zu Hause jemand querstellt beim Planen des Sonntags, wenn wir beim Einkaufen eine unfreundliche Antwort bekommen oder wenn uns auf der Straße das rücksichtslose Verhalten eines Autofahrers aufregt. Jeder weiß aus eigener Erfahrung, daß dahinter selten böser Wille steckt, sondern einfach Müdigkeit, Überlastung oder vielleicht eine persönliche Sorge.

Es wäre bedenklich, wenn solche Reibereien gleich unsere Nächstenliebe in Frage stellten oder zu bösen Gedanken über die anderen führten. Oder ein böses Wort ließe uns gar vergessen, daß wir in der Gegenwart Gottes leben, die doch Garant für Gelassenheit und Frieden ist. Deswegen ist es gut, in unserer Gewissenserforschung auch die Art und Weise zu prüfen, wie wir uns bei den unvermeidlichen kleinen Spannungen im Umgang mit anderen Menschen verhalten. Auch sie haben mit unserem Streben nach Heiligkeit zu tun. Auch sie sind Weg der Nachfolge.

II. Und wenn er sich siebenmal am Tag gegen dich versündigt (...), so sollst du ihm vergeben6. Siebenmal, immer wieder also, sogar am selben Tag. Denn die Nächstenliebe, so lehrt uns der Apostel Paulus, erträgt alles, glaubt alles, hofft alles, hält allem stand7.

Und wenn es uns schwerfällt? Wenden wir uns dann an den Herrn: er weiß es und zeigt uns den Weg des Verzeihens, selbst dann, wenn wir uns um der Gerechtigkeit willen wehren müssen.

Im heutigen Evangelium ist die Rede von einem König, der beschließt, von seinen Dienern Rechenschaft zu verlangen. Als er nun mit der Abrechnung begann, brachte man ihm einen, der ihm zehntausend Talente schuldig war.8 Das ist eine enorme Summe, etwa sechzig Millionen Denare (ein Denar ist der Tagelohn eines Feldarbeiters). Auch wenn der Diener beteuert, seine Schuld begleichen zu wollen, es muß eine leere Beteuerung bleiben.

So ergeht es auch uns vor Gott. Wir können unsere Schulden nicht begleichen. Denn selbst das, was wir besitzen, kommt von ihm. Als einziger Ausweg bleibt uns da nur, auf seine Barmherzigkeit zu vertrauen und zu hoffen, daß er mit uns ebenso verfährt wie mit jenem Knecht: Der Herr hatte Mitleid mit dem Diener, ließ ihn gehen und schenkte ihm seine Schuld.

Dieser Diener traf nun einen seiner Gefährten, der ihm hundert Denare schuldete - den sechshunderttausendsten Teil der ihm vom König erlassenen Schuld. Flehentliches Bitten um Geduld hilft nichts. Jener läßt nicht mit sich reden. Da ließ ihn sein Herr rufen und sagte zu ihm: Du elender Diener! Deine ganze Schuld habe ich dir erlassen, weil du mich angefleht hast. Hättest nicht auch du mit jenem, der gemeinsam mit dir in meinem Dienst steht, Erbarmen haben müssen, so wie ich mit dir Erbarmen hatte?

Wir stehen Gott gegenüber in einer übergroßen Schuld. Das müssen wir in Demut erkennen. Und aus dem Gleichnis lernen wir auch, daß die göttliche Großmut uns mit der Vergebung auch die Pflicht auferlegt, selbst zu vergeben und anderen die Schuld zu erlassen. Wie wenig ist das angesichts dessen, was der Herr uns verzeiht.

Über so manche Kränkung hinwegzusehen wird nicht schwer sein, weil es sich oft genug um eine bloße Lappalie handelt. Schließlich ziehen wir selbst daraus den größten Nutzen, denn unser Herz weitet sich, wir gewinnen an Gelassenheit und ersparen uns nur Ärger, wo er ohnehin nicht lohnt. »Es ist wahr - das an sich schon ziemlich beengte und unsichere Leben kann manchmal recht schwierig werden. Aber das wird dir zu einer mehr übernatürlichen Sicht verhelfen, die dich in allem die Hand Gottes erkennen läßt. So wirst du deiner Umgebung mit mehr Güte und Verständnis begegnen.«9

»Wir müssen Verständnis für alle haben, mit allen zusammenleben, alle entschuldigen, allen verzeihen können. Wir werden uns nicht dazu hergeben, das Ungerechte gerecht oder das Schlechte gut zu nennen, die Beleidigungen Gottes zu beschönigen. Aber wir werden das Böse nicht mit Bösem erwidern, sondern mit der klaren Lehre und der guten Tat: indem wir es im Überfluß des Guten ersticken.«10

III. Nächstenliebe weitet das Herz. Sie schafft Raum auch für jene, die uns nicht verstehen oder die unsere Anteilnahme mit Kälte oder Verachtung erwidern. Die Nähe zum Herrn verscheucht mögliche Gefühle der Feindschaft ebenso wie voreiliges Urteilen über die Absichten anderer.

Denn nicht selten können wir bei den anderen lediglich äußere Verhaltensweisen wahrnehmen, deren eigentliche Motive uns verborgen bleiben. So lautet der weise Rat eines heiligen Kirchenvaters: »Auch wenn ihr etwas Schlechtes seht, urteilt nicht vorschnell über euren Nächsten, sucht ihn vielmehr in euerm Innern zu rechtfertigen. Und wenn ihr schon die Tat selbst für unverzeihlich haltet, dann entschuldigt wenigstens die Absicht. Überlegt, ob er es nicht vielleicht aus Unwissenheit getan hat, aus mangelnder Überlegung oder aus Schwäche. Und wenn die Sache so offenbar ist, daß es keinen Zweifel gibt, dann bemüht euch wenigstens zu glauben, daß es sich so verhält, und denkt: Die Versuchung muß sehr stark gewesen sein.«11

Wie oft versagen wir in den kleinen Reibereien des alltäglichen Zusammenlebens, weil wir uns allzu leicht zu vorschnellen Urteilen und Verdächtigungen hinreißen lassen. Manche familiären Auseinandersetzungen ließen sich vermeiden, wenn wir etwas mehr Gespür dafür hätten, daß jemand einen langen und beschwerlichen Tag hinter sich hat. Und im übrigen gilt: »Solange du die Absichten anderer böswillig deutest, hast du kein Recht, für dich selbst Verständnis zu verlangen«12.

Verstehenwollen schafft die Voraussetzungen für eine volle Offenheit gegenüber dem Nächsten. Ein unvoreingenommener Blick vermag in die Tiefe des Herzens zu sehen und dort den guten Kern zu entdecken, den es in jedem Menschen gibt.

Wer andere vestehen will, muß selbst demütig sein; denn der Hochmut verformt wie ein Zerrspiegel das wahre Bild der Dinge. Die Demut hingegen macht objektiv. Achtung und Verständnis werden leichter, der Blick für das Gute schärfer: »auch von den Tugenden vieler Menschen in unserer Umgebung werden wir lernen: Beispiele der Arbeitsamkeit, der Opferbereitschaft, der Freude ... Wir werden nicht zuviel auf ihre Fehler achten, sondern nur dann, wenn es nötig ist und wir ihnen mit einer brüderlichen Zurechtweisung helfen können.«13

Maria ist auch im Verstehen eine gute Lehrmeisterin. In Kanaan sehen wir sie eine heikle Situation meistern. Und anstatt Anstoß zu nehmen, hilft sie. Sie möge auch uns helfen, in unserem eigenen Leben jene Tugenden zu verwirklichen, die wir bisweilen bei den andern zu vermissen meinen. Dann können wir ihnen viel besser helfen.

1 Mt 18,21-35. - 2 Thomas von Aquin, Summa Theologica, I,q.25,a.3,ad 3. - 3 Johannes Chrysostomos, Homilien über das Matthäusevangelium, 30,5. - 4 J. Escrivá, Freunde Gottes, 309. - 5 R. Guardini, Der Herr, Würzburg 1951, S.352. - 6 vgl. Lk 17,4. - 7 1 Kor 13,7. - 8 vgl. Mt 18,24 ff. - 9 J. Escrivá, Die Spur des Sämanns, Nr. 762. - 10 ders., Christus begegnen, 182. - 11 Augustinus, Predigt 40, Über das Hohe Lied. - 12 J. Escrivá, Die Spur des Sämanns, Nr. 635. - 13 ders., Freunde Gottes, 20.



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