OSTERZEIT OSTEROKTAV - MONTAG
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DIE FREUDE DER AUFERSTEHUNG
Die österliche Freude des Getauften. Auf dem Weg der Nachfolge sind auch Niederlagen kein Hindernis. Freude schenken.
I. Der Herr ist vom Tod auferstanden, wie er gesagt hat. Freut euch und frohlockt, denn er herrscht in Ewigkeit. Halleluja.1 So heißt es am Anfang der heiligen Messe an diesem Montag in der Osteroktav.
Das Freut euch fließt durch das ganze Kirchenjahr wie ein Strom, dessen Ursprung Ostern ist. Er nimmt seinen Ausgang von diesem Tag, denn Tod und Auferstehung Christi haben uns von der Sünde und von der Macht des Teufels erlöst. So soll auch alles im Leben eines jeden von uns auf die Taufe ausgerichtet sein, den Anfang unseres Lebens in Christus. Deshalb betet der Priester im heutigen Tagesgebet: Gott, du Herr allen Lebens, durch die Taufe schenkst du deiner Kirche Jahr für Jahr neue Söhne und Töchter. Gib, daß alle Christen in ihrem Leben dem Sakrament treu bleiben, das sie im Glauben empfangen haben.2 Gott hat uns - so der heilige Paulus - mit Christus auferweckt und uns zusammen mit ihm einen Platz im Himmel gegeben.3 Der verherrlichte Christus ist - als der Erstgeborene unter den Menschen - das Urbild und der Grund der Verheißungen Gottes an uns. Ostern ist das Unterpfand für die Vollendung dessen, was in der Taufe begonnen hat.
Jubelnd blickt die Kirche auf den Tag der Auferstehung zurück. Aber sie schaut auch nach vorn auf die Verheißung des Himmels; denn jenes Geschehen ist nicht Vergangenheit, sondern Vorwegnahme und Gewähr der ewigen Glückseligkeit. Die Kirche erkennt darin die Wurzeln einer fruchtbaren Freude. Deshalb ist es alte Tradition, daß in dieser Zeit Fasten und andere Formen des Verzichts, gleichsam als äußeres Zeichen der Freude an Leib und Seele, in den Hintergrund treten. »In diesen fünfzig Tagen der Osterzeit« sagt der heilige Augustinus, »wird nicht gefastet, denn diese Tage stellen eine Vorwegnahme des Festmahls dar, das uns im Himmel erwartet.«4
Im Evangelium heißt es von den Aposteln, daß sie sich freuten, als sie ihn sahen. Weder Wohlstand noch materieller Überfluß, noch unbeschwerte Stimmung oder Gesundheit garantieren die Freude. Ihre Ursache ist Christus, der uns die Liebe Gottes bringt und die Liebe in uns entzündet. Keine irdische Not kann uns die Freude darüber rauben, daß wir durch die Taufe Glieder Christi geworden sind: weder Schmerz noch Verleumdung, noch Verlassenheit - ja nicht einmal unsere Erbärmlichkeiten. Das einzige, worauf wir achten müssen, ist, stets auf Christus zu schauen und mitten in den großen und kleinen Wirrnissen des Lebens dem Herrn nahe zu bleiben; denn wir sind seine Kinder, zur vollen Gemeinschaft mit ihm berufen.
II. Im Evangelium der heutigen Messe folgen wir dem Gang der Frauen vom leeren Grab zu den Jüngern. Auch hier begegnet uns - neben Schaudern vor dem Geheimnis - eine große Freude: Sie eilten voll Furcht und großer Freude zu seinen Jüngern, um ihnen die Botschaft zu verkünden. Plötzlich kam ihnen Jesus entgegen und sagte: Seid gegrüßt! Sie gingen auf ihn zu, warfen sich vor ihm nieder und umfaßten seine Füße.5
Die Liturgie der Osterzeit kreist mit immer neuen Wendungen um das Freut euch. Es gibt Tage, an denen diese Quelle unvermittelt aufquillt: »Du erlebst jetzt Tage voller Freude, die Seele ist eingetaucht in lauter Licht und Farbenpracht. Und du staunst: denn die Gründe für diese deine jetzige Freude sind genau die, die dich früher in Mutlosigkeit stürzten! - So ist es immer. Es kommt auf unseren Blickwinkel an. - >Laetetur cor quarentium Dominum!< Das Herz derer, die Gott suchen, fließt über vor Freude.«6
An anderen Tagen müssen wir den Strom der Freude in der Tiefe aufspüren, tiefer als die Bedrängnisse und Widerwärtigkeiten reichen, die uns heimsuchen. Sie können uns nicht überraschen, hatte der Herr doch beim Letzten Abendmahl seinen Aposteln auch Betrübnis angekündigt, ihnen aber zugleich verheißen, sie würde sich in Freude verwandeln: So seid (...) ihr jetzt bekümmert, aber ich werde euch wiedersehen; dann wird euer Herz sich freuen, und niemand nimmt euch eure Freude.7 Vielleicht dachten die Apostel daran, als sie nach der Auferstehung vor dem Hohen Rat Zeugnis gaben und sich glücklich priesen, für ihren Herrn leiden zu dürfen8.
Die Freude des Christen gründet in der Liebe zu Gott, unserem Vater. Wir könnten auch sagen: sie wurzelt darin, daß wir nicht unser Ich als unsere Mitte sehen, sondern Christus. In der Nachfolge Christi wird deutlich, daß es unsinnig ist, Trübsinn und Traurigkeit im eigenen Leben Raum zu geben. Doch was tun, wenn sie sich einstellen?
Das kostbare Geschenk der Freude geht nur dann verloren, wenn wir uns Gott entfremden und seine Wege verlassen. Wer die Freude erfahren will, muß deshalb bereit sein, sich immer wieder - inmitten der Arbeit und in den vielfachen Sorgen des Alltags - zur Begegnung mit Gott aufzuschwingen. Mit anderen Worten: er muß bereit sein, die eigenen Launen zu kontrollieren, die Ichsucht zurückzudrängen, wach zu bleiben für die Anregungen des Herrn, dem Nächsten liebenswürdig zu begegnen. Dies geht nicht ohne inneren Kampf. Aber es ist ein Kampf, der nicht ermattet, sondern beseelt ist vom spielerischen Schwung alles Jugendlichen, weiß der Christ sich doch Kind Gottes.
Und wenn wir einmal eine Niederlage einstecken müssen? Dann vergegenwärtigen wir uns die Geschichte vom verlorenen Sohn, der sich vom Vaterhaus entfernt hatte und den Mut fand, reuig heimzukehren. Gott sei Dank ist dies eine Erfahrung, die wir - meistens im Kleinen - oft gemacht haben: ein Akt der Reue gibt der Seele Frieden und Gelassenheit zurück.
Wer auf Christus den Auferstandenen schaut, hat es leicht, Freude und Zuversicht zu entfachen und Traurigkeit, die der Nährboden für viele Versuchungen ist, zurückzuweisen. Unsere Mitmenschen profitieren davon. Denn Freude wie Trübsinn sind ansteckend - und es lohnt sich, durch unsere innere Freude das Leben jener, die uns nahestehen, aufzuheitern.
III. Freude zuerst Gott gegenüber: »Denn Gott hat uns für die Freude geschaffen, Gott hat uns zu freudigen Geschöpfen gemacht, und unsere Freude ist der erste Zoll, den wir ihm schulden, die einfachste und wahrste Weise zu zeigen, daß wir uns der Gaben der Natur und der Gnade bewußt sind und dafür dankbar.«9
Ansteckende Freude ist oft der beste Liebeserweis gegenüber unseren Nächsten. Wir machen es ihnen leichter, Gott näherzukommen. Das Leben der Urchristen erinnert uns daran: »Familien, die aus der Kraft Christi lebten und Christus verkündeten; kleine christliche Gemeinschaften, die wie Brennpunkte des Evangeliums waren. Es waren Familien wie so viele andere Familien jener Zeit, aber sie waren von einem neuen Geist beseelt, der alle ansteckte, mit denen sie verkehrten. So waren die ersten Christen, und so müssen wir Christen von heute sein: Boten des Friedens und der Freude, die Christus uns brachte.«10 Die Begegnung mit einem Menschen, der eher lächelnd als mißmutig zu reagieren weiß, kann für manche eine erste Ahnung der Güte Gottes sein. Natürlich gilt das zuallererst zu Hause. Und neigen wir nicht gerade hier dazu, Müdigkeit, Enttäuschungen oder Mißerfolge durch Streitlust abzureagieren? Deshalb ist Selbstüberwindung nötig, denn das christliche Leben schließt das Ernstnehmen der natürlichen Tugenden wie Großzügigkeit, Herzlichkeit und Dienstbereitschaft ein. Dann wird das Zuhause wie ein Brennpunkt der Botschaft Christi, der in andere Familien und in die Gesellschaft ausstrahlt.
Die Welt braucht die Freude, die Christus uns gebracht hat. Nicht selten bemerken wir an unserem Arbeitsplatz oder auf der Straße mißmutige, verdüsterte oder enttäuschte Gesichter, die jeden guten Gedanken oder jede Regung der Heiterkeit abzuwürgen drohen. Traurigkeit beschwert wie der Lehm, der an den Stiefeln des Wanderers klebt und ihn nur mühsam vorankommen läßt.
Die Geneigtheit zur Freude erleichtert wo auch immer unsere Aufgaben. In dem Maße, in dem wir Verantwortung für andere tragen - als Priester, Eltern, Vorgesetzte, als Lehrer, als Freunde ... -, sollten wir ein natürliches Zeugnis der Freude geben: »Wenn auch der Christ als Mensch tausend Gründe hat, traurig zu sein, als Christ hat er immer wenigstens einen, froh zu sein: nämlich, daß Gott mit ihm ist.«11
Maria zeigt sich uns »ganz und gar offen für die Freude der Auferstehung (...). An der Seite Christi vereint sie in sich alle Freude: sie lebt die vollendete Freude, die der Kirche verheißen ist: Mater plena sanctae laetitiae - Mutter voll heiliger Freude. Deshalb wenden sich ihre Kinder auf Erden zu Recht an sie, die die Mutter der Hoffnung und der Gnade ist, und rufen sie als die Ursache ihrer Freude an: Causa nostrae laetitiae.«12
1 Eröffnungsvers der Messe vom Tage. - 2 Tagesgebet. - 3 Eph 2,6. - 4 Augustinus, Predigt 252. - 5 Mt 28,8-9. - 6 J.Escrivá, Die Spur des Sämanns, Nr.72. - 7 Joh 16,22. - 8 vgl. Apg 5,40. - 9 P.A.Reggio, Vergiß die Freude nicht, Freiburg 1959, S.11. - 10 J.Escrivá, Christus begegnen, 30. - 11 P.A.Reggio, a.a.O., S.29. - 12 Paul VI., Apost.Schreiben Gaudete in Domino, 9.5.1975, 4.
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