OSTERZEIT 3. WOCHE - DONNERSTAG
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DAS BROT DES EWIGEN LEBENS
Geheimnisvolle Worte in der Synagoge von Kafarnaum. Geheimnis des Glaubens. Die Transsubstantiation. Wirkungen der Kommunion.
I. Ich bin das Brot des Lebens. Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. So aber ist es mit dem Brot, das vom Himmel herabkommt: Wenn jemand davon ißt, wird er nicht sterben.1 Das Evangelium der heutigen Messe versetzt uns in die Synagoge von Kafarnaum. Im Licht der Worte des Herrn wird der alttestamentliche Manna-Regen zum Sinnbild einer sich bald erfüllenden Wirklichkeit. Die Art und Weise ihrer Ankündigung ist geheimnisvoll: Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot ißt, wird in Ewigkeit leben. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch, ich gebe es hin für das Leben der Welt.2
Die Zuhörer in der Synagoge von Kafarnaum faßten das Wort des Herrn so auf, wie er es gemeint hatte: nicht symbolisch, wie als er sagte: Ich bin die Tür zu den Schafen3, sondern in seinem eigentlichen, realistischen Sinne. Daher die harsche Reaktion: Was er sagt, ist unerträglich. Wer kann das anhören?4 Fürwahr, nur der Glaube an die reale Gegenwart des Herrn in der Eucharistie kann den Realismus der Worte, als Offenbarung der endlosen Weite einer Liebe, die allmächtig ist und erfinderisch, verkraften.
»Es ist der ungeheurlichste Text der Weltgeschichte, und >ungeheuerlich< will sagen: nicht bloß alles Verstehen und Begreifen mittels menschlicher Rezeptionsfähigkeiten unendlich übersteigend, sondern auch in einem kaum steigerbaren Maß schockierend. Der Intellekt, die Empirie, der kulturelle Überbau von Jahrtausenden, nicht zuletzt eine gleichsam angeborene Ästhetik, werden durch die Worte Jesu außer Kraft gesetzt. Damals wie heute und morgen. Die göttliche Selbstoffenbarung trifft auf die beschränkten Kategorien des geschöpflichen Diesseitsdenkens und läßt sie im Feuer ihrer Liebe verglühen. Wer dieses Verbrennen nicht will, sei es aus Furcht, sei es aus Stolz, der muß sich spätestens jetzt, da Jesus als der Christus das tiefste Geheimnis des Ratschlusses der Erlösung enthüllt, von ihm abwenden. Jeder Versuch, die eucharistische Rede als Bild- und Gleichnisrede zu verstehen, ist zum Scheitern verurteilt, ist Beweis des totalen Nichtverstehens.«5
Vielen Zuhörern verschlug es das Verstehen, und sie gingen weg. Auch heute ergeht es vielen so. Denn der Zugang zum Geheimnis, das Christus ankündigt, liegt in der Anbetung: »Adoro te devote ... Gottheit tief verborgen, betend nah' ich dir. Unter diesen Zeichen bist du wahrhaft hier.«6 Die Kirche hat diesen im dreizehnten Jahrhundert von Thomas von Aquin geschriebenen Hymnus in ihre Liturgie aufgenommen. In ihm sind die wesentlichen Aussagen des katholischen Glaubens über die Eucharistie zusammengefaßt: nicht mit dem Ehrgeiz, verstehen zu wollen, sondern in Anbetung, mit Glauben und frommem Sinn, in tiefer Schlichtheit.
Damals zogen sich viele Jünger zurück und wanderten nicht mehr mit ihm umher. Da fragte Jesus die Zwölf: Wollt auch ihr weggehen?7 Es ist auch eine Frage an uns, Christi Jünger zweitausend Jahre danach. Mit der Liturgie können wir darauf nur antworten: »Sieh, mit ganzem Herzen schenk' ich dir mich hin, weil vor solchem Wunder ich nur Armut bin.« Im Credo des Gottesvolkes heißt es präzis: »Wir glauben, daß in der Weise, wie Brot und Wein vom Herrn beim heiligen Abendmahl konsekriert und in seinen Leib und in sein Blut verwandelt worden sind, die er für uns am Kreuze geopfert hat, auch Brot und Wein, wenn sie vom Priester konsekriert werden, in den Leib und das Blut Christi verwandelt werden, der glorreich in den Himmel aufgefahren ist; und wir glauben, daß die geheimnisvolle Gegenwart des Herrn unter dem, was für unsere Sinne in derselben Weise wie vorher fortzubestehen scheint, eine wahre, wirkliche und wesentliche Gegenwart ist.«8
II. Das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch für das Leben der Welt.9 Dies ist die heilige Eucharistie, in welcher »nach der Weihe (Konsekration) von Brot und Wein unser Herr Jesus Christus als wahrer Gott und Mensch wahrhaft, wirklich und wesentlich unter der Gestalt jener sichtbaren Dinge gegenwärtig ist«10. »Durch die Weihe von Brot und Wein vollzieht sich die Wandlung der ganzen Brotsubstanz in die Substanz des Leibes Christi, unseres Herrn, und der ganzen Weinsubstanz in die Substanz seines Blutes.«11 Mit der Lehre der Wesensverwandlung (Transsubstantiation) will uns die Kirche keine »= 11 Mit der Lehre der Wesensverwandlung (Transsubstantiation) will uns die Kirche keine Erklärung« liefern: »Wichtig ist nur, daß das Gerüst des Denkens steht, das uns dann hilft, den eigentlichen von ihm gestützten Kern des Glaubens angstlos und heiter zu leben.(...) Die Substanz wird verwandelt, das heißt, der eigentliche Grund des Seins. Um ihn geht es, nicht um das Vordergründige, zu dem all das Meßbare und Greifbare gehört. (...) In der Eucharistie trägt sich wirklich etwas zu. Es wird Neues, was vorher nicht war.«12 Das Denken stößt an seine Grenzen. Es ist das Mysterium fidei - Geheimnis des Glaubens: »= 12 Das Denken stößt an seine Grenzen. Es ist das Mysterium fidei - Geheimnis des Glaubens: Der Herr bemächtigt sich des Brotes und des Weines, er hebt sie gleichsam aus den Angeln ihres gewöhnlichen Seins in eine neue Ordnung hinein; auch wenn sie rein physikalisch gleichbleiben, sind sie zutiefst Anderes geworden.«13 Adoro te devote, latens deitas ... Der Herr selbst ist da, verborgen im Tabernakel: Nicht immer können wir bei ihm verweilen, aber schon ein ferner Kirchturm oder das Vorübergehen an einer Kirche können uns einen inneren Akt der Anbetung oder des Glaubens entlocken.
Anbetung, Glaube, Hoffnung, Liebe - sollten sie nicht besonders im Augenblick der Kommunion lebendig sein? »Was Gott Sohn gesprochen, nehm' ich glaubend an; er ist selbst die Wahrheit, die nicht trügen kann.« Diese Wahrheit ist, daß wir Jesus Christus empfangen, den »Sohn des lebendigen Gottes, der dem Willen des Vaters gehorsam (...) der Welt das Leben geschenkt«14 hat; das lebendige Brot, das uns »nicht Gericht und Verdammnis, sondern Segen und Heil«15 bringen soll. Aber »die Eucharistie ist mehr als der bloße Akt des In-uns-Aufnehmens: sie bedeutet, den Hunger Christi zu stillen; denn ihn hungert nach Seelen. Die Eucharistie muß im Zentrum unseres Lebens stehen. Bitte Jesus, bei dir zu sein, mit dir zu arbeiten, damit es dir gelingt, die Arbeit in Gebet zu verwandeln. Du sollst immer tiefer davon überzeugt sein, daß du in der Eucharistie Jesus selbst empfängst. Wenn es sich so verhält, kannst du Zunge, Herz und Gedanken nicht der Bitterkeit überlassen.«16 Prüfen und festigen wir Glaube, Hoffnung und Liebe, damit wir wie Petrus bekennen können: Wir sind zum Glauben gekommen und haben erkannt: Du bist der Heilige Gottes.17
III. Die Hauptwirkung der Kommunion ist die Vertiefung der Gemeinschaft mit Christus. Der sakramentale Empfang begründet eine intensivere Gemeinschaft als die physische Nähe all jener zu Christus, die zur Zeit seines irdischen Wandels von ihm geheilt wurden, mit ihm sprachen, ihn um Hilfe baten. Wir sind dem Herrn näher als der blinde Bartimäus, als der Gelähmte von Kafarnaum, als der römische Hauptmann, dessen Worte wir uns zu eigen machen: »Herr, ich bin nicht würdig, daß du eingehst unter mein Dach ...«
Die Eucharistie trägt das übernatürliche Leben auf eine ähnliche Art und Weise, wie die leibliche Nahrung das natürliche Leben erhält. Der heilige Thomas erläutert es so: »Jede Wirkung also, die das leibhaftige Essen und Trinken für das Leben des Leibes hat, Erhaltung, Vermehrung, Wiederherstellung und Erfreuung, all dies bewirkt dieses Sakrament für das geistige Leben.«18
Wir erstarken in der Gnade und gesunden von den Verwundungen unserer Sünden. Die Kommunion »mindert die Neigung zum Bösen und stärkt die Widerstandskraft gegen die Sünde; sie mehrt die Freude an Gott, den Eifer und die Treue für Christus. Sie vernichtet, indem sie die Liebe und Liebesreue entzündet, die läßlichen Sünden und bewahrt vor Todsünden. Sie drängt alles, was den Menschen von Gott trennt, zurück.«19 Das göttliche Leben nimmt mehr und mehr Besitz von der Seele und drängt die Lauheit zurück. Der Wille erstarkt in dem Wunsch, die schwere wie die läßliche Sünde zu meiden: »Lege deine Sünden in den Kelch, damit das kostbare Blut sie tilge. Ein einziger Tropfen vermag alle Sünden der Welt hinwegzunehmen.«20
Der heilige Ignatius von Antiochien nennt die Kommunion »die Medizin, die einen nicht sterben läßt, sondern fort und fort leben macht in Jesus Christus«21. Die Kirchenväter sehen in der Bereitung des Brotes aus vielen Körnern und des Weines aus vielen Beeren ein Sinnbild der Vereinigung aller Gläubigen zum einen Leib Christi.
Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben.22 Keine Frömmigkeitsübung, keine Tat der Nächstenliebe ist so wirkmächtig wie der würdige Empfang der Kommunion. Denn beim Beten bitten wir um die Gnade, und bei unseren guten Taten sehen wir Christus im Bedürftigen, aber in der Kommunion empfangen wir die Quelle aller Gnaden und den Grund und Ursprung aller Brüderlichkeit.
Der Christus, den wir jetzt unter den heiligen Gestalten verborgen anbeten, erzählte einst seinen Zuhörern das Gleichnis von einem Mann, der ein großes Festmahl veranstaltete und den Gästen, die er eingeladen hatte, sagen ließ: Kommt, es steht alles bereit!23 Einer nach dem anderen ließ sich entschuldigen, heißt es dann. Auch heute lassen sich viele entschuldigen, wollen viele nichts von Christus wissen. Unser Bekenntnis soll Anbeten, Sühnen und Bitten sein. Ich glaube: nichts ist wahrer als dein Wort. Vermehre in mir Glaube, Hoffnung, Liebe. Laß es mich weitersagen, daß du - verborgene Gottheit - hier gegenwärtig bist.
1 Joh 6,48-50. - 2 Joh 6,51. - 3 Joh 10,7. - 4 Joh 6,60. - 5 P.Berglar, Petrus - Vom Fischer zum Stellvertreter, München 1991, S.105. - 6 Hymnus Adoro te devote. - 7 Joh 6,66-67. - 8 Paul VI, Credo des Gottesvolkes, 24. - 9 Joh 6,51. - 10 Konzil von Trient, DS 1636; NR 568. - 11 ebd., DS 1642; NR 572. - 12 J.Kard.Ratzinger, Eucharistie - Mitte der Kirche, München 1978, S.58-59. - 13 ebd. - 14 Gebet vor der Kommunion. - 15 ebd. - 16 Mutter Teresa, Beschaulich inmitten der Welt, Einsiedeln 1990, S.21. - 17 Joh 6,69. - 18 Thomas von Aquin, Summa Theologica, III,79,1. - 19 M.Schmaus, Katholische Dogmatik IV/1, München 1952, S.378. - 20 Mutter Teresa, a.a.O., S.21. - 21 Ignatius von Antiochien, Brief an die Epheser, 20. - 22 Joh 6,35. - 23 vgl. Lk 14,16-24.
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