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  • 05.05.2013 14:06 - VOR CHRISTI HIMMELFAHRT
von Hildegard Maria in Kategorie Allgemein.

OSTERZEIT
SECHSTER SONNTAG

36

VOR CHRISTI HIMMELFAHRT

Die Hoffnung auf den Himmel.
Gott schauen.
Ich mache alles neu.


I. Während der vierzig Tage zwischen Ostern und Himmelfahrt fordert uns die Kirche auf, in wacher Hoffnung auf den zu schauen, von dem wir bekennen: aufgefahren in den Himmel. Er sitzt zur Rechten des Vaters und wird wiederkommen in Herrlichkeit.1

Dies ist auch ein Bekenntnis zu unserem eigentlichen Zuhause, zum Ziel unserer christlichen Berufung. Der Herr hatte den Seinen verheißen: Ich gehe, um euch einen Platz zu bereiten. Im Hause meines Vaters gibt es viele Wohnungen.2 Er will, daß auch ihr dort seid, wo ich bin3.

Wo aber wird das sein? Christi Himmelfahrt »bedeutet den Glauben daran, daß in Christus der Mensch, das Wesen Mensch, aus dem wir alle Anteil haben, auf eine unerhörte und neue Art eingetreten ist ins Innere Gottes. Es bedeutet, daß der Mensch in Gott Raum findet auf immer. Der Himmel ist nicht ein Ort über den Sternen, er ist etwas viel Kühneres und Größeres: das Platzhaben des Menschen in Gott, das in der Durchdringung von Menschheit und Gottheit im gekreuzigten und erhöhten Menschen Jesus seinen Grund hat. Christus, der Mensch, der in Gott ist, ewig eins mit Gott, ist zugleich das immerwährende Offenstehen Gottes für den Menschen. Er selbst ist so das, was wir >Himmel< heißen, denn der Himmel ist kein Raum, sondern eine Person, die Person dessen, in dem Gott und Mensch für immer trennungslos eins sind.«4

Die Worte aus dem heutigen Evangelium: Ich gehe fort und komme wieder zu euch zurück5 verheißen die Wiederkunft des Herrn in Macht und Herrlichkeit am Ende der Zeiten6 und die Begegnung eines jeden mit ihm am Ende des irdischen Lebens. Der Tod wird zur endgültigen Begegnung mit Christus für alle, die bemüht waren, ihm, dem Weg zum Vater, auf Erden zu folgen.

Die Anschauung Gottes »bedeutet, daß uns Gott in gnadenhafter Weise die ganze Fülle seines Lebens und seiner Liebe offenbart, daß uns die ganze Tiefe seiner Wahrheit und das unergründliche Geheimnis seiner Wirklichkeit aufgeht als Grund, Ziel und Inhalt unseres eigenen Seins und damit als unsere endgültige Sinnerfüllung, unser vollendetes Glück und unsere ewige Seligkeit. Die Anschauung Gottes darf also nicht rein intellektuell verstanden werden; sie schließt Liebe, Friede und Freude ein. Sie ist Teilnahme an Gottes eigener Seligkeit und die Vollendung unseres jetzigen gnadenhaften Seins in Jesus Christus und im Heiligen Geist. Sie ist vollendete Teilnahme am dreifaltigen Leben Gottes.«7

Heiligmäßige Menschen sehnen sich nach solchem Erfülltwerden von Gott. Der selige Josemaría Escrivá sagt: »Die sich lieben, wollen sich sehen. Verliebte haben nur Augen für den, den sie lieben. Es ist nur natürlich, daß das so ist. Das menschliche Herz spürt dieses Verlangen. Ich würde lügen, wollte ich leugnen, daß es mich drängt, das Antlitz Christi zu betrachten. Vultum tuum, Domine, requiram! Dein Antlitz, Herr, begehre ich zu schauen!«8

Eine beständige gläubige Nähe zu Christus auf Erden schürt die Hoffnung auf die gnadenhafte Gottesschau im Himmel. Von der Hoffnung her erscheint alles - eingeschlossen das Los des Todes - im gleißenden Licht künftiger Vollendung. Der Gedanke an das künftige Glück im Himmel prägt auch unsere irdische Gegenwart: das fragwürdige Hängen an irdischen Gütern und an materiellem Besitz wird dann leichter durchschaubar, Anfechtungen sind dann nicht mehr so bedrängend. »In der Stunde der Versuchung solltest du die Liebe vor Augen haben, die im Himmel auf dich wartet; pflege die Tugend der Hoffnung. Das bedeutet keineswegs Mangel an Selbstlosigkeit.«9

Die Hoffnung auf den Himmel kann in uns den Wunsch entzünden, großherziger im täglichen Kampf, wachsam im Kleinen wie im Großen zu sein und so ans Werk zu gehen, als wäre unser jeweiliges Tun das letzte auf Erden vor der Ankunft beim Vater. »Wir gehen in dem Maß auf den Himmel zu, ja, in den Himmel ein, in dem wir zugehen auf Jesus Christus und eintreten in ihn. Insofern kann >Himmelfahrt< ein Vorgang mitten in unserem Alltag werden.«10

II. Wenn uns einmal der Schmerz niederdrückt oder Treue und Beharrlichkeit bei der Arbeit oder im Apostolat schwer fallen, richtet uns der Gedanke an das himmlische Entgelt auf. Ein Kirchenvater sagt: »Die Hoffnung auf den Lohn stärkt die Seele beim Verrichten von guten Werken.«11

Die einstige Seligkeit des Himmels schließt auch alles ein, was wir getan und erlitten haben. »Die Freude des Himmels ist deshalb auch Freude über den empfangenen Lohn (vgl. Mt 5,12). Dabei krönt Gott in der Krönung unserer Verdienste das Werk seiner eigenen Gnade. Jeder wird den ihm gemäßen Lohn empfangen (vgl. Mt 16,27; 1 Kor 3,8). Aus diesem Grund kann von unterschiedlichen Graden der himmlischen Seligkeit die Rede sein. Doch so wie kleine Gefäße auf ihre Weise genau so voll sind wie größere Gefäße, obwohl diese mehr enthalten, wird im Himmel jeder auf seine Weise ganz erfüllt und ganz im Frieden sein. Die eine Liebe Gottes wird durch den einen Heiligen Geist alle im einen Leib Jesu Christi verbinden in der gemeinsamen Verherrlichung Gottes und seiner Werke.«12

Wir werden bei Christus sein und Gott schauen.13 »In diesen Verheißungen und in diesen wunderbaren Geheimnissen besteht wesentlich unsere Hoffnung. Wenn unsere Vorstellungskraft nicht bis dort vorzudringen vermag, so gelangt doch unser Herz aus eigenem Antrieb und zuinnerst dorthin.«14

Die alle Vorstellung sprengende Wirklichkeit, zu der wir gerufen sind, findet im Alten Testament ihre bildliche Entsprechung im Gelobten Land und seiner Inbesitznahme nach langer Wüstenwanderung. Doch: »Weder die Heiligen Schriften noch die Theologen bieten uns genügend Licht, um das künftige Leben nach dem Tod richtig zu beschreiben. Die Christen müssen die beiden folgenden wesentlichen Punkte festhalten: einerseits müssen sie an die grundsätzliche Fortdauer - in der Kraft des Heiligen Geistes - des gegenwärtigen Lebens in Christus im künftigen Leben glauben (denn die Liebe ist das Gesetz des Reiches Gottes, und unsere auf Erden geübte Liebe wird das Maß für unsere Teilhabe an der Herrlichkeit Gottes im Himmel sein); andererseits müssen sie deutlich wissen, daß zwischen dem jetzigen Leben und dem künftigen Leben ein grundlegender Unterschied besteht, denn der Ordnung des Glaubens folgt die Ordnung des vollen Lichtes.«15 So heißt es in einem Schreiben der Kongregation für die Glaubenslehre.

Der Herr schildert die Seligkeit des Himmels im Bild eines Festmahles.16 Doch auch dies ist nur ein Schatten der verheißenen Wirklichkeit: Jetzt schauen wir in einen Spiegel und sehen nur rätselhafte Umrisse, dann aber schauen wir von Angesicht zu Angesicht17, schreibt Paulus. Jesus bekräftigt immer wieder, daß die unausdenkliche Wirklichkeit, die wir jetzt nur erahnen können, uns zu eigen werden wird: Es ist aber der Wille dessen, der mich gesandt hat, daß ich keinen von denen, die er mir gegeben hat, zugrunde gehen lasse. Der Vater will, daß alle, die den Sohn sehen und an ihn glauben, das ewige Leben haben und daß ich sie auferwecke am Letzten Tag18. Und beim Letzten Abendmahl sagt er: Vater, ich will, daß alle, die du mir gegeben hast, dort bei mir seien, wo ich bin. Sie sollen meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast.19

»Stellen wir uns vor, wie der Himmel sein wird. Kein Auge hat geschaut, kein Ohr gehört, in keines Menschen Herz ist es gedrungen, was Gott denen bereitet hat, die ihn lieben. Könnt ihr euch vorstellen, was es bedeutet, dorthin zu gelangen, Gott gegenüberzutreten, in jene Herrlichkeit und Liebe, die sich in unsere Herzen ergießt und die den Hunger stillt, ohne zu sättigen? Ich frage mich häufig: wie wird es sein, wenn sich die ganze Schönheit, die ganze Güte und die ganze Herrlichkeit Gottes in dieses arme tönerne Gefäß ergießen wird, das ich bin und jeder einzelne von uns? Und dann verstehe ich auf einmal jene Worte des Apostels: Kein Auge hat gesehen, kein Ohr hat gehört ... Es lohnt sich, meine Kinder, es lohnt sich.«20

III. Das unermeßliche Glück, Gott schauen und beim verherrlichten Christus sein zu dürfen, vollendet unsere Bestimmung. Wir dürfen uns den Himmel nicht als ein Abgetrenntsein von allem Guten im irdischen Leben vorstellen. »Die Gemeinschaft mit Angehörigen und Freunden aus der Zeit des Erdenlebens, die Freude über die Schönheit der Werke Gottes in der Schöpfung und in der Geschichte, über den Sieg der Wahrheit und der Liebe im eigenen Leben wie im Leben der anderen= 21 - all dies wird in der Anschauung Gottes nicht verlorengehen, sondern endgültig aufgehoben sein.Im Glaubensbekenntnis bekennen wir die Auferstehung der Toten22: »Die Kirche versteht diese Auferstehung so, daß sie den ganzen Menschen betrifft; dies ist für die Auserwählten nichts anderes als die Ausweitung der Auferstehung Christi selber auf die Menschen.«23 Auch der Leib also wird der neuen Seinsweise teilhaftig werden, die Paulus mit den Worten andeutet: dieses Vergängliche muß sich mit Unvergänglichkeit bekleiden und dieses Sterbliche mit Unsterblichkeit24. Unserem natürlichen Sehen und Erleben ist die spezifische Seinsweise des auferstandenen Leibes - Raum und Zeit nicht mehr unterworfen, in Klarheit und Schönheit und ohne Leiden - unzugänglich. Den Auferstandenen, der seinen Jüngern erscheint, muß ein Schimmer des Lichtes im blendenden Geheimnis einer neuen Welt umgeben haben, einer Welt, in der der Tod nicht mehr sein wird, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal25. Es wird ein neuer Himmel und eine neue Erde sein; denn der erste Himmel und die erste Erde sind vergangen (...). Seht ich mache alles neu.26

»Immer wieder hört man sagen, das Christentum denke vom Menschen klein, es verachte den Leib, es entwerte die Welt, es hole den Glaubenden von Tat und Werk in eine geistige oder religiöse Abseitigkeit fort. Man begreift nicht, wie dieses Dogma der Unwahrheit entstehen und aufrechterhalten werden konnte, denn nirgendwo ist der Mensch so groß gesehen, wie in der christlichen Botschaft; nirgendwo wird die Welt so ernst genommen, wie in ihr; nirgendwo wird das Geschaffene, das in der Zeitlichkeit sich Zutragende so entschieden zu Gott hinauf- und in ihn hineingehoben, wie es durch Christus geschieht. Das aber in einer Weise, der von Mythos oder Märchen auch kein Hauch anhaftet, sondern in einem göttlichen Ernst, für welchen Christi Schicksal die Gewähr bildet.«27

Bedenken wir kurz vor dem Himmelfahrtstag: Christi Schicksal ist unser Schicksal, wenn wir treu sind. Verstand, Wille und Gemüt auf den Himmel zu richten, festigt diese Treue im Auf und Ab kleiner oder größerer Krisen und Schwierigkeiten. Das Ziel unserer Hoffnung ist: die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt28: »Gib, daß wir lieben, was du befiehlst, und ersehnen, was du uns verheißen hast, damit in der Unbeständigkeit dieses Lebens unsere Herzen dort verankert seien, wo die wahren Freuden sind.«29

1 Das Große Glaubensbekenntnis. - 2 Joh 14,2. - 3 Joh 14,3. - 4 J.Kard.Ratzinger, Dogma und Verkündigung, München 1973, S.363. - 5 Joh 14,23-29. - 6 vgl. 1 Kor 4,5; 11,26; 1 Joh 2,28. - 7 Katholischer Erwachsenen-Katechismus, Bonn 1985, S.421. - 8 J.Escrivá, in: Informationsblatt Nr.1, S.5. - 9 J.Escrivá, Der Weg, Nr.139. - 10 J.Kard.Ratzinger, a.a.O., S.363. - 11 Cyrill von Jerusalem, Katechese 348,18,1. - 12 Katholischer Erwachsenen-Katechismus, Bonn 1985, S.421-422. - 13 vgl. 1 Joh 3,2. - 14 Schreiben der Kongregation für die Glaubenslehre zu einigen Fragen der Eschatologie, 17.5.1979. - 15 ebd. - 16 vgl. Lk 13,29;14,15. - 17 1 Kor 13,12. - 18 Joh 6,39-40. - 19 Joh 17,24. - 20 J.Escrivá, in: Informationsblatt Nr.1, S.5. - 21 Katholischer Erwachsenen-Katechismus, Bonn 1985, S.420. - 22 vgl. Credo. - 23 Schreiben der Kongregation für die Glaubenslehre zu einigen Fragen der Eschatologie, 17.5.1979. - 24 1 Kor 15,53. - 25 Offb 21,4. - 26 Offb 21,1,5. - 27 R.Guardini, Die letzten Dinge, Mainz 1989, S.127. - 28 Das Große Glaubensbekenntnis. - 29 Tagesgebet, Wochentagsmessen zur Auswahl.



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