Ein Gespräch mit dem Dogmatiker Manfred Hauke Prof. Dr. Manfred Hauke ^
Seit Jahren gibt es eine Diskussion um das Phänomen der angeblichen „Marienerscheinungen“, die in Medjugorje ihren Ursprung genommen haben: Erscheint den aus Medjugorje stammenden Sehern wirklich die Gottesmutter? Oder sind die Ereignisse parapsychologische Früchte aus dem Unbewussten der Seher? Sind sie eine betrügerische Manipulation oder gar eine Täuschung böser Mächte? Dem Vernehmen nach gibt es im Vatikan Pläne, das Phänomen Medjugorje demnächst durch eine Kommission abschließend prüfen zu lassen. Regina Einig befragte dazu den Vorsitzenden der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Mariologie, den in Lugano lehrenden Dogmatiker und Patrologen Professor Manfred Hauke. Worin liegt die theologische Bedeutung der Marienerscheinungen?
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Die Erscheinungen der Gottesmutter gehören zum Charisma der Prophetie, worin das unverfügbare Wirken des Geistes Gottes zum Ausdruck kommt. Paulus betont: „Löscht den Geist nicht aus! Verachtet prophetische Worte nicht!“ (1 Thess 5, 19–20). Schon das Buch der Sprichwörter betont: „Ohne prophetische Offenbarung verwildert das Volk“ (Spr 29, 18). Gemäß Thomas von Aquin werden die prophetischen Offenbarungen nach der apostolischen Zeit nicht dazu gegeben, eine neue Glaubenslehre zu verbreiten, sondern dienen der Ausrichtung des menschlichen Handelns. Die Theologie spricht hier auch von „Privatoffenbarungen“, insofern der mitgeteilte Gehalt nicht zur allgemeinen und öffentlichen Offenbarung gehört, die mit der apostolischen Zeit abgeschlossen ist. „Privat“ meint dann den Bezug auf eine einzelne Person, eine Gruppe oder auch die ganze Kirche in einer besonderen geschichtlichen Situation. Die „Privatoffenbarungen“ oder (besser) prophetischen Offenbarungen helfen uns, die „Zeichen der Zeit“ (Lk 12, 56) zu erkennen und entsprechend zu handeln. Nach Papst Benedikt XIV. begründet die Anerkennung einer Privatoffenbarung durch den zuständigen Bischof keineswegs eine Glaubenspflicht im strikten Sinn (fides divina), sondern erklärt, dass man den Erscheinungen begründetermaßen einen rein menschlichen Glauben entgegenbringen kann (fides humana). Kein Katholik ist also verpflichtet, daran zu glauben, dass die Muttergottes in Lourdes und Fatima erschienen ist; die Kirche erklärt aber, dass die Berichte über die Erscheinungen glaubwürdig sind und ein Katholik daran glauben und eine entsprechende Spiritualität pflegen darf. Ja, die Kirche hat sogar eigene Gedenktage in den liturgischen Kalender gesetzt und entsprechende Messformulare herausgegeben. Prophetische Offenbarungen sind nicht der Normalfall des christlichen Lebens, sondern eine Ausnahme: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben“ (Joh 20, 29). Der Katechismus der Katholischen Kirche betont mit dem hl. Johannes vom Kreuz: In Jesus Christus, dem ewigen göttlichen Wort, hat uns der göttliche Vater alles mitgeteilt (vgl. Hebr 1, 1–2). „Wer demnach jetzt noch ihn befragen oder von ihm Visionen oder Offenbarungen haben wollte, der würde nicht bloß unvernünftig handeln, sondern Gott geradezu beleidigen, weil er seine Augen nicht einzig auf Christus richten würde, ohne jegliches Verlangen nach anderen oder neuen Dingen“ (KKK 65) http://www.medjugorje.ws/de/articles/med...fred-hauke/#ch1
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