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  • 25.05.2013 15:30 - WIE DIE KINDER SEIN
von Hildegard Maria in Kategorie Allgemein.

JAHRESKREIS
7. WOCHE - SAMSTAG

9

WIE DIE KINDER SEIN

Gottes Vaterschaft: tief und geheimnisvoll.
Mündliches Gebet und Volksfrömmigkeit.
Einfachheit, Aufrichtigkeit, Wahrhaftigkeit.


I. Nicht nur mit ihren Krankheiten und Gebrechen kommen die Leute zu Jesus, sondern auch mit ihrem größten Reichtum: den Kindern. Darin haben sie eine feinere Witterung als die Jünger; denn diese scheinen zu denken: Was sollen Kinder beim Meister? Sie wiesen die Leute schroff ab.

Auch wir heute neigen dazu, im Kind das unfertige Geschöpf auf dem Weg zum Erwachsenwerden zu sehen. Wenn Jesus jene Kinder umarmt und segnet, umarmt und segnet er alle Kinder der Welt, aber auch alle Erwachsenen, die sein Wort beherzigen: Amen, das sage ich euch: Wer das Reich Gottes nicht so annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.

Jesus nahm die Kinder in seine Arme; dann legte er ihnen die Hände auf und segnete sie.1 Nicht eine abstrakte Definition des Kindseins liefert er seinen Jüngern, sondern die greifbare Wirklichkeit, als wollte er uns vor der Gefahr warnen, sie zu verharmlosen - denn einerseits haben wir mit dem Kindsein unsere Schwierigkeiten, andererseits besingen wir es in rührenden Weisen.

Jesus sagt uns, wir - die »Erwachsenen« sollen wie die Kinder werden. Dies bedeutet zuallererst, den Geist der Gotteskindschaft zu entdecken: »Das Kindsein, das Jesus meint, ist die Entsprechung zu Gottes Vaterschaft. Für das Kind hängt ja alles mit Vater und Mutter zusammen. Durch diese kommt alles heran. Sie stehen überall. Sie sind Ursprung, Maßstab und Ordnung.«2

Gottes Vaterschaft ist umfassend, tief und geheimnisvoll: »Wenn die Sprache des Glaubens Gott >Vater< nennt, so weist sie vor allem auf zwei Aspekte hin: daß Gott Ursprung von allem und erhabene Autorität und zugleich Güte und liebende Besorgtheit um alle seine Kinder ist. Diese elterliche Güte Gottes läßt sich auch durch das Bild der Mutterschaft zum Ausdruck bringen (vgl. Jes 66,13; Ps 131,2), das mehr die Immanenz Gottes, die Vertrautheit zwischen Gott und seinem Geschöpf andeutet.«3

Der Erwachsene, der wie ein Kind werden will, braucht Starkmut und Entschlossenheit, aber auch Urteilsfähigkeit, denn wir sollen »unser Herz demütig von falschen Bildern >dieser Welt< reinigen (...). Die Reinigung des Herzens betrifft die Bilder von Vater und Mutter, die aus unserer persönlichen und der kulturellen Entwicklung hervorgegangen sind und unsere Beziehung zu Gott beeinflussen. Gott unser Vater steht über den Begriffen dieser geschaffenen Welt.«4

In der Praxis des Alltags soll sich diese demütige Sicht des eigenen Ich vor Gott im einfachen, unverstellten Verhalten ausdrücken. »Die geistliche Kindschaft ist nicht frommes Getue noch >Rührseligkeit<: sie ist ein kluger und kraftvoller Weg, den die Seele wegen seiner schwierigen Leichtigkeit nur beginnen und weitergehen kann, wenn Gott sie an der Hand führt.«5

Meister der Spiritualität verweisen darauf, daß die geistliche Kindschaft die Liebe immer jung erhält: »Du hast dich verjüngt! Tatsächlich wirst du gewahr, daß der Umgang mit Gott dir schon binnen kurzer Zeit die glückliche Ungezwungenheit deiner Jugend zurückgebracht hat und daß dir sogar die wunderbare Geborgenheit aus den fernen Tagen deiner geistigen Kindheit wiedergeschenkt wird - und doch weitab von jeglicher Kinderei. Du blickst dich um und stellst fest, daß es auch den anderen so ergeht. Seit ihrer Begegnung mit dem Herrn sind Jahre vergangen, aber je älter und reifer sie werden, desto unverwüstlicher ihre innere Jugendlichkeit, ihre Herzensfreude. Sie wirken nicht nur jung: sie sind jung und froh! Diese Wirklichkeit des inneren Lebens ist es, die die Menschen anzieht, ihnen Mut macht und schließlich überwältigt. Richte jeden Tag dein Dankgebet >ad Deum qui laetificat iuventutem< - an Gott, der deine Jugend erfreut.«6

Das Kind lebt aus dem Vertrauen. Edith Stein schreibt: »Es muß ja so sein, daß man sich ohne jede menschliche Sicherung ganz in Gottes Hände legt, um so tiefer und schöner ist dann die Geborgenheit.«7

Der »Erwachsene« dagegen »will sich sichern und wird dabei schlau und hart. Er hat Angst, und Angst erniedrigt. Das Kind hingegen kennt den Trieb der Selbstsicherung noch nicht - wenigstens nicht so stark -, sondern steht in ruhigem Vertrauen. Diese Haltung kommt nicht aus Verdienst, sondern aus Unwissenheit; dennoch ist sie da und erzeugt einen reinen, seiner selbst unbewußten Mut dem Dasein gegenüber. Der >Erwachsene< hat Zwecke, sucht danach seine Mittel und gebraucht sie. Er sieht die Dinge auf Nutzen und Verwendbarkeit an und macht dadurch alles unfrei.«8

II. Die heilige Theresia vom Kinde Jesu schreibt in ihren autobiographischen Aufzeichnungen: »Für mich ist das Gebet ein Aufschwung des Herzens, ein einfacher Blick zum Himmel, ein Ausruf der Dankbarkeit und Liebe inmitten der Prüfung wie in Stunden der Freude. Es ist etwas Erhabenes, Übernatürliches, das die Seele weitet und mit Gott vereinigt. Zuweilen, wenn mein Geist sich so ausgedörrt findet, daß ich keinen einzigen guten Gedanken finden kann, bete ich langsam ein Vaterunser oder ein Ave.«9 »Das mündliche Gebet, das in der Einheit von Leib und Seele der menschlichen Natur grundgelegt ist, verbindet den Leib mit dem Gebet des Herzens nach dem Beispiel Jesu, der zu seinem Vater betete und seine Jünger das Vaterunser lehrte.«10 Auch die verschiedenen Sitten und Bräuche außerhalb der Liturgie, wie etwa das Küßen eines Kruzifixes oder das Schmücken eines Bildes Unserer Lieben Frau, sind Ausdruck der »Einheit von Leib und Seele«»Dazu gehört ebenso das weite Feld der Volksfrömmigkeit. »Sowohl in jenen Gebieten, in denen die Kirche seit Jahrhunderten eingewurzelt ist, als auch dort, wo sie im Begriff ist, Wurzel zu fassen, findet man beim Volk besondere Ausdrucksformen des Glaubens und der Suche nach Gott.«11 In der Volksfrömmigkeit »kommt eine Sehnsucht nach Gott zum Ausdruck, wie sie nur die Einfachen und Armen kennen. Sie befähigt zur Großmut und zum Opfer, ja zum Heroismus, wenn es gilt, den Glauben zu bekunden. In ihr zeigt sich ein feines Gespür für tiefe Eigenschaften Gottes: seine Vaterschaft, seine Vorsehung, seine ständige, liebende Gegenwart. Sie führt zu inneren Haltungen, die man sonst kaum in diesem Maße findet: Geduld, das Wissen um die Notwendigkeit, das Kreuz im täglichen Leben zu tragen, Entsagung, Wohlwollen für andere, Respekt.«12

Manche Sitten und Bräuche unserer Vorfahren greifen den Kreislauf der Natur auf, wie das Erntedankfest oder Bittprozessionen, andere betreffen so entscheidende Situationen wie Geburt, Hochzeit oder Tod. Wieder andere rufen das Wirken heiligmäßiger Männer und Frauen ins Gedächtnis oder manifestieren sich in sinnenhaften Zeichen: dem Angelusläuten, in Krippenbrauchtum, Kreuzwegen und Kalvarienbergen, Wegekreuzen, Wallfahrten, Bilderschmuck, Weihwassser ...

Die Volksfrömmigkeit »hat gewiß ihre Grenzen. Oft ist sie dem Eindringen mancher religiösen Fehlformen ausgesetzt, auch dem Aberglauben. Häufig bleibt sie auf der Ebene kultischer Handlungen, ohne zu einem echten Akt des Glaubens zu führen. (...) Ist sie aber in der rechten Weise ausgerichtet, vor allem durch hinführende und begleitende Evangelisierung, dann birgt sie wertvolle Reichtümer in sich.«13 Der selige Josemaria Escrivä riet dazu, »mit der Frömmigkeit eines Kindes und der guten Lehre eines Theologen« zu beten.

Das Bemühen um ein immer tieferes Eindringen in die Glaubenslehre liefert die sichere Grundlage für solche frommen Volksbräuche. Gerade in ihrer Naivität zeigen sie uns den Weg der geistlichen Kindschaft. Wer darin nur die Äußerung eines infantilen Glaubens sieht, kann nur schwer das Wort des Herrn erfassen: Wer das Reich Gottes nicht so annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen. Vor Gott sind wir immer wie kleine, bedürftige Kinder, die es nötig haben, die Liebe in greifbaren, manchmal naiv-schlichten Zeichen auszudrücken. Von außen besehen und kritisch betrachtet, haben solche Zeichen kaum einen objektiven Wert. Und doch sind sie echter Ausdruck der betenden Haltung eines Menschen, der vor Gott kindhaft werden will.

Die geistliche Kindschaft nimmt manchmal auch kühne Züge an: wir wenden uns mit Worten an den Herrn, die uns, vor anderen Leuten ausgesprochen, die Schamröte ins Gesicht steigen ließen. Sie gehören einzig in die Intimität des Herzens: daß wir Gott lieben und ihn immer inniger lieben möchten, daß wir jedes Kreuz zu tragen bereit sind. Aus solch kühnem, kindlichem Beten können dann reife Vorsätze erwachsen.

III. Wenn wir in wenigen Worten zusammenfassen müßten, was es heißt, das Reich Gottes wie ein Kind anzunehmen, dann sollten wir uns folgende Haltungen merken: Einfachheit, Aufrichtigkeit, Wahrhaftigkeit. Das Kind »ist noch nicht künstlich. Es steht noch in der Unmittelbarkeit; ist einfach es selbst. Es spricht aus, was ist, und bringt die Großen in Verlegenheit. Es zeigt, was es empfindet, und gilt als unerzogen. Die Erzogenheit besteht zu einem guten Teil nicht darin, liebevoll, verstehend, selbstlos zu sein, sondern die eigenen Gefühle zu verbergen; so enthält das Reden und Benehmen des Erwachsenen viel Unechtes und Unredliches. Demgegenüber ist das Kind einfach und aufrichtig. Auch das bedeutet kein Verdienst. Es empfindet die Hemmungen noch nicht, welche es dem Großen schwer machen, wahr zu sein. Seine Wahrhaftigkeit ist noch unerprobt. Aber sie ist da und bildet einen lebendigen Vorwurf.«14

Das kleine Kind braucht sich nicht zu verstellen und so zu tun, als wäre es groß und souverän, fehlerlos und vollkommen. Es weiß sich wehrlos - und doch geborgen. Und wir Erwachsenen? Könnten wir nicht zum Beispiel die Aussprache mit dem geistlichen Leiter einfacher und aufrichtiger führen, dabei schlicht alles berichten, was uns bewegt: Gutes, auf das wir befriedigt blicken, und Schlechtes, das uns beschämt, Unklares, das uns bedrängt?

Wer sich um Einfachheit bemüht, richtet seinen Blick auf den Herrn und sieht alles von ihm her. Dann ist die lautere Absicht da, man sucht in allem den Willen Gottes und das Wohl der Mitmenschen. Man sucht nicht das Außergewöhnliche, sondern tut das, was hier und jetzt zu tun ist.

Auf diesem Weg wächst die Vertrautheit mit dem Herrn. Wir lernen, uns in seiner Gegenwart zu sammeln. »Wer gesammelt in der Tiefe lebt, der sieht auch die >kleinen Dinge< in großen Zusammenhängen; nur er vermag ihr Gewicht - an letzten Maßstäben gemessen - in der richtigen Weise einzuschätzen und sein Verhalten entsprechend zu regeln.«15 Dann sind wir weder töricht leichtgläubig noch argwöhnisch, sondern klug wie die Schlangen und arglos wie die Tauben16.

Wie immer ist die Muttergottes auch im schlichten Umgang mit dem Herrn Lehrmeisterin. Es ist nicht schwer, sich vorzustellen, wie Maria ganz im Hinblick auf den Sohn lebte. Das Wort in Kana oder das Magnificat zeugen von einem unkomplizierten Ineinander von Innen und Außen, von Sammlung und Aktivität. Wie spontan, wie einfach ist ihre schlichte Reaktion in Kana! Was soll sie tun? Zum Sohn gehen. Sie haben keinen Wein mehr17 - das ist alles, und es ist genug. Der Sohn versteht.

Gegenüber dem eigenen Dünkel, der sogar beim Beten »kreativ« sein möchte, lehrt uns Maria eine schliche Natürlichkeit. Im Magnificat findet sich fast alles vereint, was uns heute nicht selten als schwer vereinbar erscheinen will: Gotteslob und Dienst am Nächsten, vorgeformtes und freies Beten, Spontaneität und Rückgreifen auf Tradiertes, Selbstbewußtsein und Wissen um die eigene Niedrigkeit. Althergebrachte Worte werden zu neuen, lebendigen Worten, die ein konkreter Mensch unter dem Eindruck des Augenblicks spricht - da Elisabet jubelt und das Kind in ihrem Schoß hüpft.

1 Mk 10,13-16. - 2 R.Guardini, Der Herr, Würzburg 1951, S.318. - 3 Katechismus der Katholischen Kirche, 239. - 4 ebd., 2779. - 5 J.Escrivá, Der Weg, Nr.855. - 6 J.Escrivá, Die Spur des Sämanns, Nr.79. - 7 Edith Stein, Im verschlossenen Garten der Seele, Freiburg 1987, S.118. - 8 R.Guardini, a.a.O., S.314. - 9 Theresia von Liseux, Autobiographische Schriften, C 25r. - 10 Katechismus der Katholischen Kirche, 2722. - 11 Paul VI., Apost.Schreiben Evangelii nuntiandi, 8.12.75, 48. - 12 ebd. - 13 ebd. - 14 R.Guardini, a.a.O., S.313. - 15 Edith Stein, a.a.O., S.39. - 16 Mt 10,16. - 17 Joh 2,3.



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