Was ist eine echte Reform?
reformSeit dem Beginn des Pontifikats von Papst Franziskus ist ständig von erforderlichen Reformen in der Kirche die Rede. Dazu wurde unter anderem eine Kardinalskommission eingesetzt, die Vorschläge aufnehmen und prüfen soll, die dann durch den Heiligen Vater entschieden werden sollen.
Die deutschen Bischöfe reden bereits seit Jahrzehnten von „Reformen", und sie sind dabei, die Kirche restlos um und neu zu gestalten. Angesichts eines solchen Eifers stellt sich die Frage, was denn eine Reform und besonders eine kirchliche Reform auszeichnet, um so Kriterien zu haben, nach denen man beurteilen kann, ob die angestrebten Reformen in Rom oder in Deutschland tatsächlich Reformen sind.
„Unter Reform (in der Einzahl) verstehe ich die planmäßige, die Kontinuität wahrende Umgestaltung und Verbesserung von Einrichtungen, Zuständen und Gesinnungen, die der Erneuerung bedürftig sind.
Je nach dem Gegenstand, auf den sich eine Reform richtet, ist also zwischen Reform von Institutionen, von Verhältnissen und von Personen zu unterscheiden. Unter Reformen (in der Mehrzahl) verstehe ich die Einzelmaßnahmen gesetzlicher oder tatsächlicher Art, durch die eine Reform durchgeführt wird.
Reform ist in ihrem Wesen Vervollkommnung und besagt, dass einem Menschen, einem Ding oder einer Einrichtung die rechte Gestalt gegeben bzw. wiedergegeben wird.
Kirchliche Reform setzt voraus, dass die Kirche nicht in dem Zustand ist, in dem sie nach dem Willen Gottes sein sollte. Dieses Zurückbleiben in der Kirche hinter der Gestalt, die Gott will, ist nun immer mehr oder weniger gegeben. Allein es wird nicht immer gleichmäßig empfunden.
Wenn sich Menschen zusammenfinden, die unter der Diskrepanz zwischen Auftrag und Tätigkeit der Kirche und der Christen leiden, kann eine Reformbewegung entstehen. Echte Reform gibt den Einrichtungen der Kirche die Gestalt, die ihrem Wesen und ihrem Zweck besser entspricht als vorher; sie schafft Zustände, die dem Willen Gottes angemessener sind als jene, die bis dahin geherrscht haben.
Reform und Reformen in der Kirche sind darum mehr als Änderungen; sie sind der Aufbruch zu der gottverordneten Bestimmung der Kirche. Wer reformieren will, muss das Ziel kennen, das er mit der Reform erreichen bzw. dem er damit näherkommen will.
Den Vorrang bei jeder Veränderung von Zuständen und Einrichtungen hat die Erneuerung der Menschen. Solange die Glieder der Kirche nicht innerlich umgeschaffen werden, kann von echter Reform keine Rede sein. Strukturumbau allein verdient diesen Namen nicht. Die wirkliche Reform verändert die Glieder der Kirche in der Richtung auf treuere Erfüllung der Gebote, größere Nähe zu Gott und tatkräftigere Liebe zu den Menschen.
Wahre Reform geht aus brennendem, verzehrendem Eifer für Gottes Ehre und für die Bekehrung und Rettung der Menschen hervor, sie entfaltet eine rastlose Tätigkeit im Dienste Gottes und erzeugt apostolischen Sinn und missionarische Glut, den entschlossenen Willen, die Herrschaft Gottes und das Königtum Christi überall aufzurichten.
Echte Reform weckt größere Treue gegen Gottes Willen, mehr Ernst in der Befolgung seiner Gebote, schonungslosen Einsatz für die Gewinnung der ewigen Seligkeit, Eifer in Buße, Entsagung und Verzicht, Strenge gegen sich selbst und Abtötung schlechter Neigungen.
Dies alles aus Liebe zu Gott und zu den Menschen. Genuine Reform besagt den entschiedenen Vorsatz, alles in Christus zu erneuern, den Willen anzuspannen, das Herz Gott zu weihen, die Gelegenheiten zum Bösen zu meiden und die Mittel zum Guten anzuwenden, in der Tugend voranzuschreiten und die Hindernisse derselben zu überwinden; Reform ist Kampf gegen Durchschnittlichkeit und Halbheit, Reform ist Wille zum Maximalen.
Die echte Reform ist daher aller Weichlichkeit und Bequemlichkeit feind. Sie ist rücksichtslos gegen sich selbst und notfalls auch unnachgiebig gegen andere. Die wirkliche Reform verlangt viel und gibt sich mit wenigem nicht zufrieden."
Aus: Georg May: Echte und unechte Reform, Sarto Verlag 2003.
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