Das Bündnis der Liebe zwischen Mann und Frau wird nicht aus dem Stegreif geschlossen" Generalaudienz , auf dem Petersplatz -- Volltext
Vatikanstadt,2015 (ZENIT.org) Staff Reporter | 938 klicks
Im Folgenden veröffentlichen wir in einer eigenen Übersetzung den vollständigen Text der auf dem Petersplatz gesprochenen Katechese bei der Generalaudienz.
In seiner Reihe der Katechesen über die Familie, sprach der Papst heute über die Verlobung.
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Die Familie – 16. Verlobung
Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag!
Heute setzen wir die Katechesen-Reihe über die Familie fort und wenden uns dem Thema der „Verlobung“ zu. Die Verlobung – dies geht aus dem Wort hervor – steht in Zusammenhang mit Vertrauen, Vertrautheit, Verlässlichkeit. Es handelt sich um das Vertrauen zu der uns von Gott geschenkten Berufung, denn die Ehe ist vor allem die Entdeckung eines Rufs Gottes. Sicherlich ist es schön, dass sich heute junge Menschen dazu entschließen können, sich auf der Grundlage der gegenseitigen Liebe zu vermählen. Doch gerade die Freiheit der Bindung erfordert eine bewusste Harmonie der Entscheidung; nicht allein ein auf Anziehung, dem Gefühl, einem Moment, einer kurzen Zeit beruhendes Einvernehmen. Sie erfordert einen Weg.
Die Verlobung ist anders ausgedrückt jene Zeit, in der zwei Menschen dazu berufen sind, eine besondere Arbeit an der Liebe zu vollbringen; eine teilhabende und geteilte Liebe, die in die Tiefe geht. Nach und nach lernt man einander kennen, d.h., der Mann „lernt“ über die Frau, indem er von dieser Frau lernt: seiner Verlobten; und die Frau „lernt“ über den Mann, indem sie von diesem Mann lernt: ihrem Verlobten. Lasst uns die Bedeutung dieses Lernens nicht unterbewerten: Es ist ein schöner Einsatz, den die Liebe selbst erfordert; er ist mehr als unbefangenes Glücklichsein, ein Gefühl der Verzauberung… Die Erzählung aus der Bibel bezeichnet die gesamte Schöpfung als eine schöne Arbeit der Liebe Gottes; im Buch Genesis lesen wir: „Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Es war sehr gut“ (Gen 1,31). Erst am Ende „ruhte“ sich Gott „aus“. Dieses Bild lässt uns begreifen, dass die Liebe Gottes, die zur Entstehung der Welt führte, keine improvisierte Laune war. Nein! Es handelte sich um eine schöne Arbeit. Die Liebe Gottes schuf die konkreten Bedingungen für ein unwiderrufliches, festes und für die Dauer bestimmtes Bündnis.
Das Bündnis der Liebe zwischen Mann und Frau, das Lebensbündnis, wird nicht aus dem Stegreif, nicht von einem Tag auf den anderen, geschlossen. Es gibt keine Express-Ehe: Man muss an der Liebe arbeiten, einen Weg gehen. Das Bündnis der Liebe zwischen Mann und Frau ist zu erlernen und zu verfeinern. Ich erlaube mir, von einem handwerklich geschaffenen Bündnis zu sprechen. Aus zwei Leben wird eines. Auch das ist gleichsam ein Wunder, ein Wunder der Freiheit und des Herzens, das dem Glauben anvertraut wurde. In diesem Punkt müssen wir uns vielleicht mehr bemühen, denn unsere „Gefühlskoordinaten” sind ein wenig in Verwirrung geraten. Wer alles und sofort verlangt, gibt dann bei der ersten Schwierigkeit (oder der ersten Gelegenheit) alles auf. Es gibt keine Hoffnung für das Vertrauen und die Treue der Hingabe seiner selbst, wenn die Gewohnheit vorherrscht, die Liebe wie eine Art „Nahrungsergänzungsmittel“ für das psychische und physische Wohlbefinden zu konsumieren. Das ist keine Liebe! Die Verlobung erhellt den Willen, etwas gemeinsam zu hüten, das nie ge- oder verkauft, verraten oder verlassen werden darf, wie verlockend das Angebot auch sein mag. In Zusammenhang mit dem Bündnis mit seinem Volk verwendet auch Gott zuweilen die Terminologie der Verlobung. Im Buch Jeremias erinnert er in den Ausführungen zur Entfernung des Volkes von ihm an die Zeit, als das Volk die „Verlobte“ Gottes war und drückt dies folgendermaßen aus: „Ich denke an deine Jugendtreue, an die Liebe deiner Brautzeit“ (Jer 2,2). Gott ging diesen Weg der Verlobung; anschließend legte er ein Versprechen ab: wir haben es am Beginn der Audienz vernommen; es stammt aus dem Buch Hosea: „Ich traue dich mir an auf ewig; ich traue dich mir an um den Brautpreis von Gerechtigkeit und Recht, von Liebe und Erbarmen, ich traue dich mir an um den Brautpreis meiner Treue: Dann wirst du den Herrn erkennen“ (2,21-22). Der Herr geht mit seinem Volk einen langen Weg der Verlobung. Am Ende heiratet Gott sein Volk in Jesus Christus: Er vermählt sich in Jesus mit der Kirche. Das Volk Gottes ist die Braut Jesu. Wie lange dieser Weg ist! Ihr Italiener verfügt in eurer Literatur über ein Meisterwerk [I Promessi Sposi] (dt.: „Die Verlobten“ des italienischen Schriftstellers Alessandro Manzoni; Anm.d.Ü.). Junge Menschen müssen dieses Werk kennenlernen und lesen; dieses Meisterwerk handelt von der Geschichte zweier Verlobter, die viel Leid erfuhren, einen von großen Schwierigkeiten gekennzeichneten Weg zurücklegten und letztendlich ihr Ziel erreichten: die Hochzeit. Lasst dieses euch von der italienischen Literatur vorgelegte Meisterwerk nicht beiseite. Geht vorwärts, lest es und ihr werdet die Schönheit, das Leiden, aber auch die Treue der Verlobten erkennen.
Mit ihrer Weisheit bewahrt die Kirche den Unterschied zwischen dem Verlobtsein und dem Verheiratetsein. Das ist nicht das gleiche; gerade im Hinblick auf die Feinheit und Tiefe dieser Prüfung. Hüten wir uns davor, diese kluge Lehre leichten Herzens zu missachten, denn sie wird auch aus der Erfahrung der glücklich gelebten ehelichen Liebe gespeist. Die aussagekräftigen Symbole des Leibes beinhalten den Schlüssel zur Seele: Wir können die fleischlichen Bindungen nicht leichtfertig behandeln, ohne dem Geist dauerhafte Verletzungen zuzufügen (1 Kor 6,15-20).
Selbstverständlich sind die heutige Kultur und Gesellschaft der Zartheit und Ernsthaftigkeit dieses Übergangs gegenüber eher gleichgültig geworden. Andererseits kann nicht von Großzügigkeit gegenüber jungen Menschen gesprochen werden, die ernsthaft beabsichtigen, einen Haushalt und eine Familie zu gründen. Im Gegenteil werden ihnen oft unzählige Hindernisse geistiger und praktischer Natur in den Weg gestellt. Die Verlobung ist ein Lebensabschnitt, der wie eine Frucht reifen muss. Sie ist ein Weg des Heranreifens in der Liebe bis zum Augenblick der Hochzeit.
Ehevorbereitungskurse sind ein besonderer Ausdruck der Vorbereitung. Wir sehen viele Paare, die vielleicht ein wenig gegen ihren Willen zum Kurs kommen. „Aber diese Priester lassen uns einen Kurs besuchen! Warum bloß? Wir wissen Bescheid!“ – und sie kommen ungern. Danach freuen sie sich jedoch und danken, denn tatsächlich konnten sie dort eine – oft einmalige – Gelegenheit für ein nicht triviales Nachdenken über ihre Erfahrung erkennen. Zwar verbringen viele Paare vielleicht auch viel intime Zeit miteinander, manchmal leben sie zusammen, kennen sich jedoch nicht wirklich. Es klingt seltsam, doch die Erfahrung zeigt, dass es sich so verhält. Daher muss die Verlobung als Zeit des gegenseitigen Kennenlernens und der gemeinsamen Teilhabe an einem Plan neu bewertet werden. Der Weg der Ehevorbereitung ist aus dieser Perspektive zu gestalten und soll auch auf das einfache aber intensive Zeugnis christlicher Eheleute zurückgreifen. Auch hier soll der Schwerpunkt auf dem Wesentlichen liegen: die gemeinsam bewusst neu zu entdeckende Bibel, das Gebet, das in seiner liturgischen Dimension, aber auch als „Hausgebet“ in der Familie zu leben ist, die Sakramente, das sakramentale Leben, die Beichte, in der der Herr kommt und in den Verlobten Wohnung bezieht und diese auf die wahrhafte gegenseitige Annahme „mit der Gnade Christi“ vorbereitet; sowie die Brüderlichkeit gegenüber den Armen, Bedürftigen, die uns zur Schlichtheit und zum Teilen anhalten. Wenn beide Verlobten sich darum bemühen, so werden sie wachsen. Dies wiederum führt zur Vorbereitung einer schönen und anderen, d.h. nicht weltlichen sondern christlichen Hochzeitsfeier! Denken wir an diese Worte Gottes, als er sein Volk als „Verlobten“ und „Verlobte“ bezeichnete: „Ich traue dich mir an auf ewig; ich traue dich mir an um den Brautpreis von Gerechtigkeit und Recht, von Liebe und Erbarmen. Ich traue dich mir an um den Brautpreis meiner Treue: Dann wirst du den Herrn erkennen“ (Hos 2,21-22). Jedes verlobte Paar möge an diese Worte denken und zueinander sagen: „Ich traue mich dir an“. Wartet auf diesen Augenblick; dieser Augenblick ist ein Weg, auf dem man langsam vorankommt, aber ein Weg des Heranreifens. Die Etappen dieser Strecke dürfen nicht ausgelassen werden. Das Heranreifen vollzieht sich Schritt für Schritt.
Die Zeit der Verlobung kann tatsächlich eine Zeit der Einweihung sein, aber worin? In die Überraschung! In die Überraschung der geistlichen Gaben, mit denen der Herr durch die Kirche den Horizont der neuen Familie, die in seinem Segen leben will, erweitert. Nun lade ich euch zum Gebet zur Heiligen Familie von Nazareth ein: Jesus, Josef und Maria. Beten wir darum, dass die Familie diesen Weg der Vorbereitung geht, beten wir für die Verlobten. Lasst uns alle gemeinsam zur Gottesmutter ein Ave Maria für alle Verlobten sprechen. Möge sie die Schönheit dieses Hinzugehens auf die Ehe erkennen. [Ave Maria]. Den Verlobten auf dem Platz wünsche ich einen „guten Weg der Verlobung!“.
Verlobten auf dem Platz wünsche ich einen „guten Weg der Verlobung!“. http://www.zenit.org/de/articles/das-bun...eif-geschlossen (27. Mai 2015) © Innovative Media Inc.
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