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  • 22.08.2015 19:24 - Polens Bischöfe drängen Politiker zum Verzicht auf Sakrament
von esther10 in Kategorie Allgemein.

21.08.2015


Komunion dpa

Polens Bischöfe drängen Politiker zum Verzicht auf Sakrament

Streit in Polen um Gesetz zur künstlichen Befruchtung
Polens Ministerpräsidentin Ewa Kopacz und Ex-Staatspräsident Bronislaw Komorowski können beim Besuch einer katholischen Messe in ihrem Heimatland nicht sicher sein, dass ihnen der Priester die geweihte Hostie reicht.

Beide rechtsliberalen Politiker bekennen sich zwar wie mehr als 90 Prozent der Polen zur katholischen Kirche. Aber die nationale Bischofskonferenz hat Politiker aufgerufen, der Kommunion fernzubleiben, solange sie sich nicht öffentlich von einem jüngst durchgesetzten Gesetz distanzieren. Es regelt künstliche Befruchtungen, die sogenannte In-vitro-Fertilisation.

Katholische Kirche drohte mit Kirchenausschluss von Politikern

Erfolglos hatten die Bischöfe gegen die Verabschiedung gekämpft, weil das Gesetz in bestimmten Fällen eine Vernichtung von Embryonen erlaubt. Selbst ein Kirchenausschluss von Politikern stand zur Debatte. Nachdem Komorowski Ende Juli, kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Amt, das Gesetz in Kraft setzte, wollte das Episkopat prüfen, ob er Sanktionen verhängt.

In-Vitro-Methode verstoße gegen Unantastbarkeit des menschlichen Lebens

"Ein Katholik, der bewusst und freiwillig für die Zulässigkeit der In-vitro-Methode stimmt oder diese unterzeichnet, der ficht selbst seine volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche an", erklärte der Vorsitzende des Rechtsausschusses der Bischofskonferenz, der Stettiner Erzbischof Andrzej Dziega. Die Methode verstoße gegen die "Unantastbarkeit des menschlichen Lebens von der Empfängnis bis zum natürlichen Tod". Daher dürfe ein Katholik das Gesetz keinesfalls akzeptieren, so der Bischof. Die Befürwortung des Gesetzes durch Komorowski und die Mehrheit der Abgeordneten sei für "viele Gläubige eine Quelle erheblichen Ärgernisses".

Keine "automatische Exkommunikation"

Wenn diese Politiker an der Kommunion teilnehmen wollten, müssten sie zuerst beichten gehen, ihren Fehler zugeben und "Reue für die begangene Sünde äußern", verlangte Dziega. Sie selbst sollten auf den Empfang der Kommunion verzichten, solange sie in der Öffentlichkeit ihren Standpunkt nicht geändert haben. Zugleich räumte er ein, dass es "äußerst schwierig" sei, jemandem das Sakrament zu verweigern - denn es sei stets unklar, ob dieser nicht zuvor gebeichtet und der Priester ihm für seine Sünde die Absolution erteilt habe.

Die härteste Strafe für die Politiker ist indes vom Tisch. Ihre Stimmen für das In-vitro-Gesetz führten nicht zur "automatischen Exkommunikation", so Dziega. Ein Kirchenausschluss komme nur nach einer genauen Prüfung durch den jeweiligen Ortsbischof in Betracht.

Spannende Entwicklung wegen Finanzierung des Weltjugentages in Krakau

Ein Boykott der Politiker, die das befürworten, kommt für die Kirchenspitze allerdings nicht infrage. Der Krakauer Kardinal Stanislaw Dziwisz empfing am Montag in seiner Bischofsresidenz Regierungschefin Kopacz. Dabei sagte diese staatliche Hilfen für das katholische Weltjugendtreffen mit Papst Franziskus im Juli 2016 zu. Das Thema künstliche Befruchtung spielte bei dem Treffen keine Rolle.

Spannend ist dennoch, wie sich rechtsliberale Politiker wie Kopacz und die Bischöfe künftig in der Kommunionfrage verhalten. Mehrmals im Jahr nehmen Spitzenpolitiker an Feiertagen vor laufenden Kameras an Messen teil. Wer will und wer bekommt die Hostie? Bislang wollen beide Seiten wohl einen Eklat vermeiden.

Kritik von Regierungspartei am Kurs der Bischöfe

Die Regierungspartei Bürgerplattform (PO) kritisiert den Kurs der Bischöfe. Parlamentspräsidentin Malgorzata Kidawa-Blonska nannte es "ungerecht", dass das Gesetz, das künstliche Befruchtung einschränke, als Sünde gewertet werde, nicht jedoch der Verzicht auf jede Regelung der In-vitro-Methode durch frühere Regierungen. Während die PO die Vernichtung von normal entwickelten Embryozellen Haftstrafen beschlossen habe, habe einst die konservative PiS, als sie an der Regierung war, überhaupt kein Gesetz zum Schutz von Embryonen und auch keine Strafen beschlossen.

Keine ähnlichen Sanktionen in Ländern mit vergleichbarer Gesetzgebung

Kirchenkritiker verwiesen zudem darauf, dass die katholischen Bischöfe anderer westeuropäischer Länder, in denen es seit Jahren ähnliche Gesetze wie in Polen gebe, keine derartigen Drohungen ausgesprochen haben. Der Pressesprecher der Polnischen Bischofskonferenz, Pawel Rytel-Andrianik, bestreitet freilich, dass der Episkopat einen Sonderweg eingeschlagen habe: "Die katholische Kirche in Polen spricht mit derselben Stimme wie Papst Franziskus, Papst Benedikt XVI. und der heilige Papst Johannes Paul II.": sie vertrete die Lehre der Kirche.

Oliver Hinz
(KNA)

***


Polens Ex-Staatspräsident Bronislaw Komorowski (l.) mit Ministerpräsidentin Ewa Kopacz (r.)
© dpa

Präimplantationsdiagnostik (PID) in Deutschland

Die Präimplantationsdiagnostik (PID) ist eine vorgeburtliche Untersuchungsmethode. Dabei werden im Rahmen der Reagenzglas-Befruchtung, der sogenannten In-vitro-Fertilisation, befruchtete Eizellen außerhalb des Mutterleibs auf genetische Fehler untersucht und geschädigte Embryonen möglicherweise vernichtet.

Das erste im Reagenzglas gezeugte Kind, das einer solchen Diagnose unterzogen wurde, kam 1990 in den USA zur Welt. In den Mitgliedstaaten der EU ist die Rechtslage sehr unterschiedlich. In Deutschland galt die PID bis zum Sommer 2010 nach gängiger Rechtsinterpretation als verboten. Anfang Juli 2010 entschied jedoch der Bundesgerichtshof, dass Gentests an Embryonen unter bestimmten Voraussetzungen nicht dem Embryonenschutzgesetz widersprechen und damit nicht verboten sind.

Ein Jahr später verabschiedete der Bundestag ein Gesetz, das eine begrenzte Zulassung der PID ermöglicht. Danach ist die Methode in Fällen zulässig, "in denen ein oder beide Elternteile die Veranlagung für eine schwerwiegende Erbkrankheit in sich tragen oder mit einer Tot- oder Fehlgeburt zu rechnen ist".

Bedingung für die Anwendung ist die Prüfung jedes Einzelfalls durch eigens gegründete Ethikkommissionen. Die ersten der bundesweit geplanten fünf Expertengremien wurden in Hamburg, München und nun Stuttgart eingerichtet.

Abgelehnt wird die PID unter anderen von der katholischen Kirche und Teilen der evangelischen Kirche. Sie warnen davor, dass PID zu einer neuen Form der Selektion zwischen "lebenswertem" und "lebensunwertem" Leben führt. Sie befürchten zugleich, dass die Methode zu einer sinkenden Bereitschaft der Gesellschaft führt, behinderte Kinder zu akzeptieren.

Die Kirchenvertreter erwarten außerdem, dass in Zukunft mit Hilfe der neuen Technik nicht nur Krankheiten erkannt, sondern Embryonen auch gezielt manipuliert werden könnten. Eine Begrenzung der PID auf wenige schwere Fälle halten sie unter Verweis auf Entwicklungen in den USA und Großbritannien für unrealistisch.

Befürworter der Gentests kritisieren, das deutsche Recht erlaube weithin Schwangerschaftsabbrüche bei Behinderung eines Kindes, verbiete aber die im weit früheren Stadium durchgeführte PID. (KNA)




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