Wie denken Katholiken weltweit über Familien-Themen?
Studenten-Umfrage bezieht 42 Länder ein
Weltweit hoffen Gläubige auf Öffnung der Kirchen-Lehre
Münster. Es sind nicht nur die ach so kritischen Deutschen: Die katholische Kirche hat in etlichen Ländern ein erhebliches Problem damit, dass Teile ihrer Lehre zu Ehe und Familie ausdrücklich abgelehnt werden – auch von aktiven Katholiken. Diesen Trend weist die international vergleichende Studie von drei Studenten – zwei davon aus Münster – nach, die am Mittwoch (19.08.2015) vorgestellt wurde.
Die Ergebnisse sind zwar nicht repräsentativ, aber die Stimmung eindeutig: Die überwiegend kirchlich aktiven Befragten plädieren für eine Öffnung der Lehre bei den viel diskutierten Streitthemen, darunter der Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen und homosexuellen Paaren. Die Studenten fassen ihre Befunde als "kollektives Votum der befragten Katholiken gegen die Lehre der katholischen Kirche" zusammen.
Besuche in zwölf Ländern
12.400 Katholiken aus 42 Ländern beteiligten sich an der Umfrage. 10.733 Fragebögen waren so weit ausgefüllt, dass sie ausgewertet werden konnten. 7.873 Antworten stammen aus Deutschland, 2.860 aus den übrigen Ländern. Aus sieben Staaten liegen Rückmeldungen wenigstens im dreistelligen Bereich vor.
Anna und Tobias Roth, Studenten der Katholischen Theologie an der Universität Münster, und Sarah Delere, Fach-Kollegin an der Freien Universität Berlin, beschritten zwei Wege, um Daten zu erheben: Zwischen September und Dezember 2014 besuchten sie katholische Gemeinden in Belgien, Brasilien, Frankreich, England, Irland, Italien, Marokko, Polen, Portugal, Spanien, den USA und Deutschland. Sie verteilten einen von ihnen entwickelten wissenschaftlichen Fragebogen, führten Einzelgespräche mit aktiven Katholiken bei den Gemeindebesuchen.
Im zweiten Schritt, zwischen Januar und März 2015, konnte der Fragebogen im Internet beantwortet werden – auf Deutsch, Englisch, Französisch, Italienisch, Polnisch, Portugiesisch und Spanisch.
Geschiedene zur Kommunion zulassen
Die Unzufriedenheit der Befragten ist deutlich: Länderübergreifend lehnen neun von zehn Antwortgebern es ab, wiederverheiratete Geschiedene von der Kommunion auszuschließen.
Große Mehrheiten der befragten Katholiken aller Länder – Deutschland 85 Prozent – wollen Priester wählen lassen, ob sie im Zölibat leben möchten oder nicht. Nur in Polen und Südeuropa ist die Meinung nicht ganz so eindeutig. Allgemein würdigen die Rückmeldungen es gleichwohl, dass Priester sich entscheiden, ehelos zu leben. Es gehe nicht darum, den Zölibat abzuschaffen, sondern um Freiwilligkeit.
Uneinheitliches Bild bei Homosexuellen
Rund 80 Prozent der antwortenden Katholiken in West- und Mitteleuropa haben kein Problem damit, dass Paare schon vor der Hochzeit zusammenleben. Etwa 50 zu 50 Prozent bewerten die befragten Katholiken in Südeuropa, Brasilien und den USA. In Polen lehnt die Mehrheit der Befragten ein voreheliches Zusammenleben ab.
Uneinheitlicher wird der Umgang mit Homosexuellen gesehen: Sieben von zehn befragten Katholiken in Deutschland wollen solche Paare durch die Kirche anerkennen und segnen lassen – was nicht die sakramentale Eheschließung meint. Polen, Südeuropäer und Brasilianer sind dagegen mehrheitlich gegen eine Anerkennung und Segnung.
Bedeutung der Ehe und christlicher Erziehung
Neben aller Kritik wird deutlich, dass die Befragten fest zum Ehesakrament und zur christlichen Erziehung von Kindern stehen: Neun von zehn Antwortgebern aller Länder sagen, eine kirchliche Hochzeit sei ihnen wichtig, sogar 95 Prozent streben eine christliche Erziehung an.
Länderübergreifend wünschen sich die Befragten eine "nicht verurteilende, zuhörende Haltung" der Kirche. Die "Kategorie des Scheiterns" solle sich in Aussagen der Kirche wiederfinden. Bisher urteile das Lehramt zu sehr "schwarz oder weiß".
Bei der Synode einbringen
Zugleich wünschen sich die Antwortgeber, die Kirche möge anerkennen, wenn sich Paare trotz aller Probleme bemühen, das katholische Ehe- und Familienideal zu erreichen. Angemahnt werden eine "bessere" Ehevorbereitung sowie eine "zeitlich intensivere und langfristige" Begleitung von Ehepaaren.
Obwohl die Befragung der Studenten – wie auch die offiziellen Umfragen des Vatikans zur Familiensynode – nicht repräsentativ ist, so hat sie doch zwei Vorteile. Der erste ist die sozialwissenschaftlich fundierte Methode. Der zweite ist der internationale Vergleich, der Stimmungen erkennen lässt. Das mag dazu beigetragen haben, dass der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode den Studenten zusagte, ihre Ergebnisse in die Beratungen der Weltbischofssynode im Oktober einzubringen. http://kirchensite.de/aktuelles/news-akt...-kirchen-lehre/
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