Kardinal Gerhard Ludwig Müller, Präfekt der vatikanischen Glaubenskongregation. Lehre vor Lebenswirklichkeit / "Keine Kompetenz" im ZdK
Glaubenspräfekt Müller: Scharfe Kritik an Homo-Ehe
Vatikanstadt / Würzburg. Mit scharfen Worten hat sich der Präfekt der Römischen Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, in die Debatte um die "Homo-Ehe" eingeschaltet. Das Ja der Iren zur gleichgeschlechtlichen Ehe bedeute eine "Diskriminierung des Ehebundes von Mann und Frau und somit eben auch der Familie", sagt Müller der Würzburger Zeitung "Die Tagespost" vom Samstag (06.06.2015). Der Präfekt der Glaubenskongregation ist nach dem Papst der oberste Wächter über die katholische Lehre.
Der Kardinal beglückwünschte all jene, "die ihre Knie nicht gebeugt haben vor den Götzen der Selbsterschaffung und Selbsterlösung, die uns zielsicher in die Selbstzerstörung führen werden – wie andere politischen Ideologien auch". Die Mehrheit sage zudem nichts über die Wahrheit aus. "Die Wahrheit wird sich durchsetzen, wenn auch unter großen Opfern", zeigte sich Müller überzeugt.
"Niederlage für die Menschheit" Es gehe bei der "Homo-Ehe" nicht darum, dass Homosexuelle nicht diskriminiert würden, erklärte der Kardinal. Dies sei eine Selbstverständlichkeit. "Nichtdiskriminierung war nur die Schalmei, mit der sich die Naiven in den Schlaf des Gewissens wiegen ließen", sagte Müller. Er betonte, Familie sei eine Lebensgemeinschaft von Vater und Mutter mit ihren Kindern, die Gott ihnen geschenkt und anvertraut habe.
"Kinder sind nicht Eigentum der Gesellschaft und des Staates, der sie bei Leuten, die sich einen Wunsch erfüllen wollen, zur Pflege gibt, sondern sie sind Eigentum Gottes, der die Menschen nach seinem Bild und Gleichnis geschaffen hat", erklärte Müller weiter. Ausdrücklich stellte sich Müller hinter Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der das irische Referendum als eine "Niederlage für die Menschheit" gewertet hatte. Damit habe Parolin den richtigen Ausdruck gefunden, betonte Müller.
"Gott am Ende belehren" Auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) kritisierte Müller deutlich. "Man hat dort keine Kompetenz, anstelle des Lehramts wesentliche Inhalte der Offenbarung zu interpretieren oder ihres Inhalts zu entleeren", sagte er. Die ZdK-Vollversammlung hatte ohne Gegenstimme ein Papier zur Bischofssynode im Herbst verabschiedet. Darin sprach sie sich für Formen der Segnung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften sowie von Partnerschaften Geschiedener aus. Entsprechende liturgische Formen müssten weiterentwickelt werden.
Müller verwies darauf, das ZdK könne sich nicht auf demokratische Legitimation berufen, wenn es darum gehe, die Vollmacht und die Mission der ganzen Kirche, die Offenbarung in Jesus Christus zu bewahren und zu vergegenwärtigen. Sie sei von Gott gegeben und nicht ausgedacht wie ein Parteiprogramm von einer Gruppe, die sich organisiere. Diese wolle die Offenbarung in die eigene Regie nehmen und "Gott am Ende belehren", was er eigentlich gemeint haben sollte, als vor 2.000 Jahren in Jesus Christus die geschichtliche Offenbarung abgeschlossen worden sei.
Nichts segnen, was Gott nicht gut nennt Die Forderung, etwas zu segnen, was Gott selbst nicht gut nenne und was einen Verstoß gegen das sechste Gebot darstelle, sei ein "schreiender Widerspruch zum Wort Gottes", so der Präfekt. Die Ehe könne nur aus dem Ja-Wort zwischen Mann und Frau entstehen und müsse offen für Kinder sein, betonte der Kardinal. Ehebruch sei eine schwere Sünde, die vom Gottesreich ausschließe, solange der Sünder nicht durch Reue, Bekenntnis, Wiedergutmachung und die Absolution die Wiederversöhnung mit Gott und der Kirche erlangt habe.
Müller wandte sich dagegen, aus dem Wort Ehe "nur noch eine Hülse" zu machen. Diese könne man sonst "mit beliebigen Inhalten" füllen. Die Ehe als Bund von Mann und Frau sei aber schon in der Schöpfung selbst grundgelegt, argumentierte er. Deshalb werde der Papst dies auch in seiner kommenden Enzyklika klar ansprechen.
Kirche lehrt, sie wird nicht belehrt Müller warnte davor, die Glaubenswahrheit der Kirche an "irgendwelche Lebenswirklichkeiten" anzupassen. "Wenn man diese so genannte Lebenswirklichkeit jetzt auf dieselbe Stufe stellen will wie Schrift und Tradition, dann ist das nichts anderes als die Einführung des Subjektivismus und der Beliebigkeit, die sich sentimental und selbstgefällig in fromme Worte hüllen", sagte der Präfekt der Glaubenskongregation.
Im Vorfeld der Synode hatten unter anderem der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode und mehrere Theologie-Professoren gefordert, auch die Lebenswirklichkeit der Menschen als eine Erkenntnisquelle für dogmatische und moralische Wahrheiten zu sehen.
Die römische Kirche, unterstrich Müller, sei Mutter und Lehrmeisterin aller Kirchen, sie lehre und werde nicht belehrt. "Sie braucht von niemanden, so überlegen und zeitgemäß er sich auch vorkommen mag, erst auf den Begriff des rechten Glaubens gebracht werden, weil in ihr die apostolische Tradition treu bewahrt worden ist und immer bewahrt wird. http://kirchensite.de/aktuelles/news-akt...ik-an-homo-ehe/
***** Kardinal Müller: „Dem Papst dienen, sich nicht des Papstes bedienen“
24/03/2014SHARE: RealAudioMP3 Der Papst darf nicht für eigene Ziele vereinnahmt werden, es ist unter anderem die Aufgabe der Glaubenskongregation, genau für einen solchen Schutz zu sorgen. Das sagt im Interview mit Radio Vatikan der Präfekt der Kongregation, Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Ganz aktuell wird das in der gegenwärtig von Papst Franziskus angestoßenen Debatte zu Ehe und Familie, die in zwei Bischofssynoden münden wird. Die Kongregation stehe für die Wahrheit des Glaubens und dafür, dass es keine Engführung auf ein Thema oder eine einzige Antwort gebe, so Müller. In den Medien werde ganz bewusst ein Gegensatz zwischen ihm und dem Papst konstruiert, beklagte er, dabei sei es auch die Aufgabe seiner Kongregation, dafür zu sorgen, dass der Papst nicht vereinnahmt werde, „dass wir dem Papst und der Kirche dienen und nicht uns des Papstes bedienen.“
Eine deutliche Meinung vertritt der kürzlich zum Kardinal erhobene Müller auch inhaltlich zur Debatte um Ehe und Familie. Kardinal Müller unterscheidet die verschiedenen Stimmen in dieser Debatte. So sei die Glaubenskongregation – in der er als primus inter pares, als Erster unter Gleichen agiere – am Lehramt des Papstes beteiligt, während andere nur jeweils ihre eigene Meinung verträten, und sei es als Kardinal. Genauso sei auch der Fragebogen für die Debatte nützlich, aber „kein Dogma“. Man sei auch in diesem Punkt dem Wort Jesu verpflichtet.
Seit Juli 2012 leitet der geborene Mainzer Müller die Kongregation für die Glaubenslehre, die Öffentlichkeit kennt ihn als Mann der klaren Worte. Die Aufgabe der Kongregation sei es, den Glauben zu schützen, hier „dürfe man nicht schweigen und sich in die Bequemlichkeit zurück lehnen,“ begründet er seine Debattenbeiträge. Mit der öffentlichen Meinung zu kokettieren, dieser Versuchung gelte es zu widerstehen.
Aufarbeitung der Missbrauchsfälle Die theologischen Debatten um Ehe und Familie sind aber nicht das einzige, mit dem sich die Kongregation derzeit beschäftigt, als Dauerthema bleibt seiner Institution die kirchenrechtliche Aufarbeitung der Missbrauchsfälle durch Kleriker. Es sei eine Frage der Gerechtigkeit der Opfer gegenüber, „wer sich in schwerer Weise an Leib und Leben eines Jugendlichen schuldig gemacht hat, der kann nicht mehr im priesterlichen Dienst weiter wirken.“ Es sei auch ein Zeichen für die Opfer, dass die Kirche sich vom schlimmen Treiben ihrer Diener „klar und unmissverständlich und ohne jede Zweideutigkeit“ distanziert. „Das schulden wir der Gerechtigkeit dem Opfer gegenüber“, so Müller. Ausdrücklich betont er, dass nicht gegen das Recht Barmherzigkeit mit den Tätern geübt werde, sondern dass es um das Recht für die Opfer gehe.
Lesen Sie hier das gesamte Interview:
Herr Kardinal, der Papst will eine Debatte. Die will er in zwei Synoden zu Ehe und Familie anregen. Wie sehen Sie die Rolle der Glaubenskongregation in dieser anstehenden Debatte?
Die Glaubenskongregation vertritt in diesem Punkt, aber natürlich in allen Fragen der katholischen Lehre, eben die Glaubenswahrheit. Es ist, glaube ich, wichtig für die öffentliche Wahrnehmung, die Engführung auf ein einziges Thema zu überwinden, als ob das jetzt die Lösung von allem wäre. Es geht wesentlich darum, die kirchliche Lehre von Ehe und Familie wieder ganz zentral ins katholische Glaubensbewusstsein hineinzuführen, denn nur wenn wir vom Gelingen der Ehe und Familie sprechen und uns dafür auch einsetzten, können wir etwas Positives bewirken.
In der öffentlichen Meinung werden Sie häufig als Bremser und Neinsager dargestellt, wenn es um die Initiativen des Papstes geht. Trifft Sie das?
Natürlich ist das eine Propaganda, die ganz gezielt gemacht wird, mit mir einen Gegensatz zu konstruieren. Was der Präfekt der Glaubenskongregation oder der Kongregation insgesamt - er ist nur der Primus inter pares - zu tun hat, ist klar durch die Statuten festgelegt. Allerdings gehört auch dazu, dass wir dafür Sorge tragen, dass der Papst nicht für bestimmte Ziele vereinnahmt wird. Es ist ja interessant, dass sich zur Zeit so viele Gruppierungen auf den Papst berufen, die vorher das Papsttum fast abgelehnt haben. Insofern geht es darum, bei uns jedenfalls, dass wir dem Papst und der Kirche dienen und uns nicht des Papstes bedienen.
An der von mir eben angesprochene Debatte, die der Papst angestoßen hat, beteiligen auch Sie sich. Seit einigen Tagen fährt etwa die italienische Zeitung „Il Foglio“ eine Kampagne gegen Kardinal Kasper [der im Auftrag des Papstes einen Vortrag vor dem Kardinalskollegium über das Thema Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene hielt, Anm.]. Was fordern Sie in der anstehenden Debatte, die ja weit über die Kongregationen im Vatikan hinausgeht?
Ich bin daran nicht beteiligt als Privattheologe, sondern eben in meiner Funktion. Die Glaubenskongregation ist ja die einzige der römischen Kongregationen, die eben am Lehramt des Papstes unmittelbar Anteil hat, während andere, die sich hier melden, auch wenn sie im Kardinalsrang sind, einfach nur für sich selber persönlich sprechen und nicht eine offizielle Aussage treffen können.
Gehen wir noch einmal einen Schritt weiter. Es sind nicht nur Kardinäle, die sich beteiligen; es gibt auch den Fragebogen, der eine hohe Erwartungshaltung generiert hat. Positiv gefragt: Was kann die Umfrage unter den Laien, die internationale Einbindung und Anregungen der Debatte, Positives beitragen?
Positiv kann das, glaube ich, sehr viel beitragen, dass die Katholiken sich wieder mit dem eigenen Glauben beschäftigen und nicht einfach punktuell dieses oder andere herausnehmen aus der Liturgie oder aus der Lehre der Kirche. Wir müssen den Zusammenhang von Verkündigung und Seelsorge sehen, von der Lehre der Kirche, aber auch Diakonia. Bin ich sozial sehr engagiert oder mache ich in der Kirche bei den karitativen Werken mit, aber die Anbetung Gottes oder die Feier der Sakramente, das interessiert mich nicht so? Der Fragebogen als solcher ist aber kein Dogma. Er ist eben so viel wert und bedeutet so viel, wie eben auch die Qualität der Fragen und der Zusammenhänge gegeben ist oder auch nicht geben ist.
Sie sind ein Mann der klaren Worte, das haben wir eben wieder gehört. Das reicht auch in Ihrer Geschichte weit zurück. Ist das die Rolle der Glaubenskongregation, so zu sprechen, oder ist das eher Gerhard Ludwig Müller, der spricht?
Die Glaubenskongregation hat einen klaren Auftrag: den katholischen Glauben zu fördern, aber auch zu schützen. Das ist kein anderer Auftrag als der, den Papst selbst empfangen hat von Jesus Christus. Hier dürfen wir, glaube ich, nicht schweigen, uns in der Bequemlichkeit zurücklehnen und einfach mit der öffentlichen Meinung kokettieren. Das ist ja schön, wenn man den Wind im Rücken hat und dann groß aufgeblasen wird. Aber ich glaube, dieser Versuchung muss jeder Bischof und jeder Priester widerstehen, ob man sie hören will oder nicht.
Die Glaubenskongregation ist auch für die juristische Aufarbeitung der Missbrauchsfälle zuständig. Welche Rolle spielt das im Selbstverständnis und im Arbeitsaufwand hier im Haus?
Wir sind nicht zuständig für die Gesamtaufarbeitung beziehungsweise die pastorale Betreuung der Opfer. Es geht bei uns auch nicht um ein bürgerliches Rechtsverfahren, wie das auf jeden Staatsbürger zutrifft, ob er Priester ist oder nicht. An der Glaubenskongregation geht es um ein kanonisches Verfahren in jenen Fällen, in denen ein Priester, Bischof oder Diakon sich eines solch schweren Verbrechens schuldig gemacht hat. Wie weit er noch im pastoralen Dienst einsetzbar ist. Deshalb müssen wir in schweren Fällen auch eine schwere Strafe aussprechen, um der Gerechtigkeit willen. Wer sich in schwerster Weise am Leib und Leben eines Jugendlichen schuldig gemacht hat, der kann nicht mehr im priesterlichen Dienst weiter wirken. Und es ist auch unser Zeichen für die Opfer, dass die Kirche sich von dem schlimmen Treiben eines ihrer Diener klar und unmissverständlich und ohne jede Zweideutigkeit distanziert. Das schulden wir der Gerechtigkeit den Opfern gegenüber. Es ist nicht dafür da, die Straftäter zu schützen und ihnen Barmherzigkeit zuzusprechen wider alles Recht, sondern hier geht es zuerst um die Gerechtigkeit für die Opfer.
(rv 24.03.2014 ord)
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