Boko Haram27. August 20159 Terror in Nigeria: Sollen Christen zu den Waffen greifen?
Mehr seit 200 Mädchen sind seit 500 Tagen in der Hand von Boko Haram. Foto: picture-alliance/ap-photo
Abuja (idea) – In Nigeria treiben die nicht enden wollenden Gräueltaten der radikal-islamischen Terrororganisation Boko Haram (Westliche Bildung ist Sünde) Christen an den Rand der Verzweiflung. Inzwischen überlegen viele, ob sie sich nicht zur Selbstverteidigung bewaffnen sollten. Andere demonstrieren in der Hauptstadt Abuja gegen die fortgesetzte Verschleppung von mehr als 200 Mädchen. Sie sind seit 500 Tagen in der Hand der Terroristen. Boko Haram hatte am 14. April 2014 in Chibok (Bundesstaat Borno) 276 Schülerinnen entführt; die meisten kommen aus christlichen Familien. 57 konnten entkommen; von den übrigen fehlt jede Spur. Viele wurden nach Berichten von Entflohenen als Sex-Sklavinnen an Muslime verkauft und fast täglich vergewaltigt. Alle Bemühungen, die Geiseln zu befreien, sind fehlgeschlagen. Die Entführung hatte weltweit für Aufmerksamkeit gesorgt. Mit dem Aufruf „Bring Back Our Girls“ (Bringt unsere Mädchen zurück) haben prominente Persönlichkeiten, bis hin zur Gattin des US-Präsidenten, Michelle Obama, die Freilassung der Mädchen gefordert. Nach Schätzungen der UN hat der Terror der mit dem sogenannten „Islamischen Staat“ verbündeten Gruppe Boko Haram seit 2009 mindestens 17.000 Todesopfer gefordert.
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Wie lange kann man die andere Wange hinhalten?
Sie will im Norden des gemischt religiösen westafrikanischen Staates ein Kalifat errichten, in dem das Religionsgesetz Scharia mit brutaler Härte durchgesetzt wird. Ziel der Attacken sind oft Kirchen. Im vorigen Jahr wurden rund 2.500 Christen getötet. Bisher haben sie die Anschläge meist hingenommen, ohne sich zu wehren oder gar Vergeltung zu üben. In ihren Gemeinden ist aber jetzt eine Debatte über die Frage entbrannt, ob sie zum Selbstschutz zu den Waffen greifen sollten. Während Kirchenleiter dies aus geistlichen und humanitären Erwägungen meist ablehnen, nimmt die Zustimmung an der Gemeindebasis nach Informationen des katholischen Internetportals Crux (Boston/US-Bundesstaat Massachusetts) zu. Der Rechtsanwalt Dalyop Salomon plädiert für einen Aufruf an die internationale Gemeinschaft, in einer Erklärung zuzulassen, dass sich Menschen, denen der staatliche Schutz verwehrt wird, zur Selbstverteidigung bewaffnen dürfen. Musa Audu Badung, Sohn von Muslimen, die zum Christentum übergetreten sind, stimmt dem Rechtsanwalt zu. Zwar hätten christliche Missionare gelehrt, dass man nach den Worten Jesu die rechte Wange hinhalten solle, wenn man auf die linke geschlagen werde (Matthäus 5,39), doch frage er sich, wie lange man das durchhalten könne. Viele Christen seien bei lebendigem Leibe verbrannt oder enthauptet worden.
Der Staat muss für Sicherheit sorgen
Kirchenleiter halten hingegen an der gewaltlosen Reaktion der Christen fest. Allerdings räumt der katholische Erzbischof von Jos (Bundesstaat Plateau), Ignatius Kaigama, ein, dass Christen durch die fortgesetzten Terrorattacken an ihre Grenzen geführt würden. Doch Waffen könnten keine Lösung sein, denn sie blieben vorhanden, auch wenn der Konflikt beendet sei. Die Kinder würden dadurch gelehrt, wie man tötet. Diese Gefahr sieht auch der katholische Bischof von Sokoto im muslimisch dominierten Norden, Matthew Kukah. Er führt ein weiteres Argument an: Es sei Aufgabe des Staates, die innere Sicherheit zu gewährleisten. Wenn Christen zu den Waffen griffen und Selbstjustiz übten, stellten sie das staatliche Gewaltmonopol in Frage.
Auch Nehemia trug Waffen
Der katholische Pfarrer Peter Omori, dessen Gemeinde im Jahr 2012 während einer Messe von einem Bombenanschlag getroffen wurde, ist sich nicht so sicher. Er würde seinen Gemeindemitgliedern zwar nicht raten, zu den Waffen zu greifen, aber er würde es ihnen auch nicht verbieten. Boko Haram habe das Leben vieler Menschen ruiniert: „Die töten Menschen, wie andere Hühner schlachten.“ Samson Tsok, ein pfingstkirchlicher Christ aus dem Norden Nigerias hat zwei nahe Angehörige durch Terroranschläge verloren. Er sieht keinen Grund, auf Waffen zu verzichten. Auch im Alten Testament habe etwa Nehemia angeordnet, dass seine Mitarbeiter beim Wiederaufbau der Stadtmauern Jerusalems auch Waffen tragen, um sich vor Angriffen zu schützen. Doch der Superintendent der pfingstkirchlichen „Versammlungen Gottes“ im Bundesstaat Plateau, Yakubu Pam, sieht in der Bewaffnung keine Lösung. Vielmehr gelte es, jungen Menschen durch Bildung und Berufsausbildung Zukunftsperspektiven zu verschaffen. Dann kämen sie nicht auf dumme Gedanken und schlössen sich
Selbstverteidigungsmilizen an. Dadurch würden sie an das Töten gewöhnt – „und das wollen wir nicht“. Von den 173 Millionen Einwohnern Nigerias sind etwa 50 Prozent Muslime und 48 Prozent Kirchenmitglieder. Die übrigen sind Anhänger von Naturreligionen http://www.idea.de/thema-des-tages/artik...ifen-83430.html .
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