Wie Australien Flüchtlinge peinigt "Wir behandeln Menschen mit unglaublicher Grausamkeit" 31.08.2015, 10:06 Uhr | Von Christiane Oelrich, dpa
Verantwortung für Menschen ausgelagert": Der Inselstaat Nauru unterhält Flüchtlingslager für Australien. (Quelle: AFP)
Von Vergewaltigungen ist die Rede. Von Waterboarding. Völlig verstörte Kinder haben jeglichen Lebensmut verloren. Australien ist für seine extrem harte Linie gegen Flüchtlinge bekannt. Aber was Zeugen von dem Internierungslager auf Nauru berichten, scheint für einen aufgeklärten Staat unvorstellbar. Zwei Professoren sprechen von "Australien und seinen Gulags".
Alanna Maycocks Stimme bebt, wenn sie an ihren Besuch im australischen Internierungslager für Flüchtlinge auf der Insel Nauru zurückdenkt. "Die Menschen werden dort nicht beim Namen, sondern nach ihrer Nummer aufgerufen - zu viele Mohammeds, sagt ein Aufseher. Die Leute werden dort nicht wie Menschen behandelt", sagt die Kinderkrankenschwester aus Sydney. "Wir haben ein sechsjähriges Mädchen mit Würgemalen am Hals gesehen - sie hatte versucht, sich mit einem Plastikkabel umzubringen."
Die Anwältin und Menschenrechtsaktivistin Kellie Tranter ist so entsetzt, dass sie von "Australiens Abu-Ghoreib-Moment" spricht - in Anlehnung an den Folterskandal in einem Gefängnis im Irak, wo US-Soldaten Gefangene quälten. Er kam 2004 ans Licht.
"Sie haben Wasser gespuckt"
Der Wachmann John Nichols sprach vor einem Parlamentsausschuss sogar von "Waterboarding", simuliertem Ertränken, im Lager auf Nauru. Diese Foltermethode wandte der US-Geheimdienst CIA unter der Regierung von George W. Bush an. Er sei nicht selbst dabei gewesen, räumte Nichols ein, aber er habe die pitschnassen Flüchtlinge aus einem Zelt mit Wachen kommen sehen: "Sie haben Wasser gespuckt." Er habe auch angekettete Gefangene gesehen. Maycock sah nach eigenen Angaben, wie ein Mann geschlagen wurde.
Der Kinderarzt David Isaacs ringt im Fernsehen mit den Tränen, als er über die Zustände auf Nauru spricht. "Nach fünf Tagen bin ich mit Alpträumen zurückgekehrt", sagt er. "Wir behandeln diese Menschen mit unglaublicher Grausamkeit. Unsere Regierung misshandelt die Kinder in unserem Namen." Frauen hätten von Vergewaltigungen berichtet.
Regierung bezahlt bitterarme Nachbarländer
Was ist da los? Seit Jahren lässt Australien Asylbewerber, die mit Flüchtlingsbooten kommen, nicht ins Land. Stattdessen bezahlt die Regierung bitterarme Nachbarländer dafür, Internierungslager für sie zu unterhalten.
Die konservative Regierung hat ihre harte Politik noch einmal verschärft: Die Marine zwingt nun alle Boote zur Umkehr. Beamte dürfen nicht mehr Asylsuchende sagen, sondern müssen von "illegalen Ankömmlingen" sprechen. Entsprechend werden die Leute hinter Stacheldraht gehalten. Die Zustände in den Lagern sollen sich in den Ländern, aus denen Flüchtlinge kommen - Afghanistan, Irak, Myanmar - durchaus als Abschreckung herumsprechen.
Regierung versucht, Maulkörbe zu verhängen
Kann ein aufgeklärtes Land wie Australien sich so eine Politik leisten? Viele Australier meinen: nein. "Ich muss den Mund aufmachen, ich habe das Gefühl, ich bin die einzige Stimme, die diese Kinder haben", sagt Kinderkrankenschwester Maycock.
Auch wenn die Regierung versuche, Besuchern von Nauru einen Maulkorb zu verhängen. Unter Strafandrohung darf niemand ohne Genehmigung über die Zustände berichten. 40 Ärztinnen, Pfleger, Lehrerinnen und Sozialarbeiter schreiben in einem Protestbrief: "Es ist ethisch nicht vertretbar, bei Kindesmissbrauch und schweren Menschenrechtsverletzungen einfach nur zuzusehen."
"Nehmt die Kinder mit"
Auch die australische Menschenrechtskommission hat die Situation in mehreren Internierungslagern drastisch beschrieben. In ihrem Bericht "Die vergessenen Kinder" zitiert sie einen 17-Jährigen in einem Lager auf der Weihnachtsinsel: "Ich habe keine Hoffnung mehr. Ich fühle, dass ich in Gefangenschaft sterben werde."
Eine Mutter von drei Kindern fleht Besucher an "Nehmt die Kinder mit. Uns könnt ihr hierbehalten. Sie weinen den ganzen Tag. Die Traurigkeit quält sie." "Es ist wie Gefängnis. Ich habe nur noch Gott", sagte eine 17-Jährige.
Die Professoren Suvendrini Perera und Joseph Pugliese sprechen von "Australien und seinen pazifischen Gulags". Außer in Nauru gibt es noch Lager auf der weit abgelegenen, aber zu Australien gehörenden Weihnachtsinsel und auf der Insel Manus in Papua-Neuguinea.
Die Regierung habe ihre Verantwortung für die Menschen ausgelagert und lasse Gewalt gegen Menschen zu, die sich nichts hätten zu Schulden kommen lassen. Der Ruf der USA, die sich als gerechte Nation mit ethnischen Grundsätzen sähen, sei durch die Folterenthüllungen schwer geschädigt worden. "Australien ist auf demselben Weg", meinten sie.
Einwanderungsminister bestreitet alles
Folter und Missbrauch? "Nonsens - Quatsch", sagt Einwanderungsminister Peter Dutton. "Ich habe keine Beweise gesehen, keinen auch noch so kleinen Hinweis auf solche Aktivitäten." Den Ausschuss tat er als "Känguru-Gericht" der Opposition ab. http://www.t-online.de/nachrichten/panor...ausamkeit-.html
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"Dieser Ort ist die Hölle"
Immigranten, die nach Australien wollen, werden von Sicherheitsbehörden abgefangen und in das Auffanglager auf den Weihnachtsinseln gebracht. Dort herrschen einem nun vorgelegten Bericht zufolge schlimme Zustände. (Quelle: dpa)
Grausame Zustände in Australiens Flüchtlingslagern 24.03.2014, 16:53 Uhr | are, AFP
n Australiens Flüchtlingslagern herrschen offenbar grausame Zustände. Kinder beschreiben die Auffanglager, die sich auf Inseln weit weg vom australischen Festland befinden, als "Hölle". Menschenrechtler haben nun das Leiden von Asylbewerbern in einem Bericht dokumentiert, der Anlass zur Sorge gibt.
us dem Bericht der australischen Menschenrechtskommission geht hervor, dass die Zustände in dem Hauptauffanglager auf der Weihnachtsinsel bei den dort untergebrachten Kindern zu schweren psychischen Störungen und Entwicklungsverzögerungen führen.
Die Insel, die trotz der großen Entfernung zum Festland zu Australien gehört, liegt rund 300 Kilometer südlich der indonesischen Hauptstand Jakarta.
Auf der entlegenen Insel werden Flüchtlinge aus Indonesien und Papua-Neuguinea, die in Booten über Wege im Indischen Ozean nach Australien gelangen wollen, aber von den australischen Sicherheitsbehörden frühzeitig abgefangen werden, vorerst untergebracht. Auch Menschen aus Afghanistan und aus anderen Teilen Südostasiens versuchen, auf diesem Wege der Armut zu entfliehen, und landen in dem Auffanglager.
Grausame Zustände in Auffanglager verstören Kinder
Die meisten Kinder in den Lagern seien dort sechs bis acht Monate untergebracht, schreibt die Kommission in ihrem Bericht. Teils würden sie ihre Betten einnässen, ihre Köpfe gegen Wände schlagen oder sich selber beißen und kratzen.
Kommissionspräsidentin Gillian Triggs sagt, die meisten Kinder seien bei ihrem Besuch in dem Lager auf der Weihnachtsinsel sichtlich verstört gewesen. Sie hätten gesagt, "dieser Ort ist die Hölle", und hätten um Hilfe gebeten, dort wegzukommen.
Andere hätten beklagt, dass es "keine Schule, nichts zum Spielen und nichts zu tun" gebe. Viele beschrieben zudem ihre Not, in einem Lager mit Erwachsenen leben zu müssen, die vielfach traurig und wütend seien und sich teilweise selbst verletzen würden.
Kinder fühlen sich wie im Gefängnis
"Die Kinder hören auf zu reden", sagte Triggs dem australischen Rundfunksender ABC. Oft würden sie auf Bildern Gefängnisse zeichnen. Untereinander würden sie sich vielfach nicht mit ihren Namen, sondern mit ihren Nummern ansprechen.
Insgesamt fühlten sich die Asylbewerber vergessen und litten unter der Ungewissheit, wann sie weiter zu den Aufnahmelagern gebracht würden, sagte Triggs.
Flüchtlinge werden weit weg untergebracht
Gemäß der umstrittenen australischen Asylpolitik werden Flüchtlinge, die per Boot nach Australien zu kommen versuchen, dann in Lager auf die Insel Manus zwischen dem nordöstlichsten Teil Australiens und Papua Neuguinea oder auf den mehr als 1000 Kilometer in nordöstliche Richtung entfernten Inselstaat Nauru untergebracht.
Flüchtlingshilfswerke kritisieren australische Asylpolitik
Die Zustände in den Aufnahmelagern werden auch von internationalen Flüchtlingshilfswerken scharf kritisiert. Mitte Februar kam es in dem Lager auf Manus nach wochenlangen Protesten der Flüchtlinge zu gewaltsamen Zusammenstößen mit den Wachleuten.
Aber selbst wenn ihren Asylanträgen stattgegeben wird, dürfen die Flüchtlinge nicht nach Australien einreisen und müssen in ihre Heimatländer zurückkehren. http://www.t-online.de/nachrichten/panor...ingslagern.html
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In Rettungsbooten Australien wollte Flüchtlinge über den Ozean abschieben 04.08.2014, 14:56 Uhr | AFP
Australien hat Asylsuchende nach Angaben von Menschenrechtlern dazu gedrängt, auf eigene Faust in Rettungsbooten nach Indien zurückzukehren. Neun von ihnen seien von den australischen Behörden geradezu genötigt worden, die Boote mit jeweils 50 bis 60 Insassen über den Indischen Ozean zu navigieren.
"Diese 157 Männer, Frauen und Kinder wurden einer derart großen Grausamkeit ausgesetzt, wie sie keinen Platz im modernen Australien hat", sagte der Direktor der Menschenrechtsgruppe Human Rights Law Centre, Hugh de Kretser.
Die Betroffenen hätten sich aber geweigert, weil sie keine Erfahrung mit dem Navigieren von Booten hätten, sagte de Kretser. Letztlich sei das Vorhaben nicht in die Tat umgesetzt worden.
Küstenwache setzt Flüchtlinge auf Schiff fest
"Sie waren in Panik angesichts der Aussicht, in Rettungsbooten im Meer ausgesetzt zu werden, da sie absolut unerfahren sind und dabei auch noch Verantwortung für die Familien an Bord übernehmen sollten", sagte de Kretser. Die Asylsuchenden waren im Juni mit einem Boot vom südindischen Hafen Pondicherry aufgebrochen. Auf See wurden sie jedoch von der australischen Küstenwache abgefangen und über Wochen auf einem Schiff festgehalten.
De Kretser zufolge handelt es sich bei der Gruppe, zu der auch 50 Kinder gehören, hauptsächlich um christliche Tamilen aus Sri Lanka, die vor Verfolgung in ihrem Heimatland geflohen waren. Sie wurden schließlich auf die Pazifikinsel Nauru gebracht, nachdem sie eine Rückkehr nach Indien abgelehnt hatten.
Australiens Einwanderungspolitik ist sehr umstritten
Australiens Einwanderungsminister Scott Morrison wollte sich nicht zu den Vorwürfen äußern. Am Sonntag hatte er die geplante Rückführung der Gruppe nach Indien aber grundsätzlich verteidigt. Den Flüchtlingen sei die "seltene Gelegenheit" gegeben worden, dorthin zurückzukehren, wo sie zuvor in Sicherheit gelebt und wo sie vielfach Familie und Freunde hätten.
Gemäß der umstrittenen australischen Einwanderungspolitik werden Bootsflüchtlinge, die auf dem Weg nach Australien abgefangen werden, in zwei Lager auf Nauru und Papua-Neuguinea gebracht. Selbst wenn ihre Asylanträge angenommen werden, bleiben sie dort und erhalten nicht die Möglichkeit, in Australien zu leben. http://www.t-online.de/nachrichten/panor...abschieben.html
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Asyl-Tragödie in Australien Mütter wollen sich für ihre Kinder umbringen 09.07.2014, 11:06 Uhr | AFP
Viele Flüchtlinge, die in Australien Asyl suchen, kommen aus Sri Lanka. Werden sie anerkannt, werden sie auf Nachbarinseln Australiens interniert; werden sie abgelehnt, werden sie zurückgeschickt (Quelle: Reuters)
In einem australischen Asylbewerberlager haben mehrere Mütter versucht, sich das Leben zu nehmen. Sie wollten so die Chancen ihrer Kinder auf Asyl in Australien verbessern.
"Sie sagen, die Babys würden eine bessere Chance im Leben haben, wenn sie tot wären", sagte der örtliche Bezirksratsvorsitzende Gordon Thompson auf der Weihnachtsinsel nördlich von Australien. "Dies ist eine schockierende Folgerung, doch das ist der Zustand der Hilflosigkeit in dem Zentrum im Moment."
Nach Informationen der Zeitung "Sydney Morning Herald" hätten die Mütter versucht sich das Leben zu nehmen, nachdem ihnen mitgeteilt worden war, dass sie von der Weihnachtsinsel auf benachbarte Inselstaaten gebracht werden sollten. Gemäß der höchst umstrittenen Asylpraxis Australiens dürfen Asylbewerber selbst dann nicht im Land bleiben, wenn sie als politische Flüchtlinge anerkannt sind. In solchen Fällen werden sie in Lagern in Papua Neuguinea oder dem Pazifikstaat Nauru interniert.
"Moralische Erpressung"
Ministerpräsident Tony Abbott nannte die Berichte "erschütternd". Zugleich sagte er aber, dass sich seine Regierung nicht erpressen lassen werde. Es sei nicht akzeptabel, dass Leute der Regierung drohten, sich selbst Schaden zuzufügen, wenn sie keine Aufenthaltsgenehmigung bekämen. "Ich glaube nicht, dass irgendein Australier wollen würde, dass wir vor moralischer Erpressung kapitulieren", sagte der konservative Politiker, der eine besonders harte Haltung in der Asylpolitik vertritt.
Die australische Grünen-Politikerin Sarah Hanson-Young sagte, ihr sei in Gesprächen mit Flüchtlingen in den Lagern bestätigt worden, dass zehn Mütter wegen akuter Selbstmordgefahr unter Aufsicht stünden. Sie warf der Regierung vor, Menschen bis an den "Punkt der Selbstzerstörung" zu drängen. "Es ist schon erschreckend eine Mutter zu dem Punkt zu bringen, dass sie sagt: 'Gut, wenn ich mich für meine Kinder opfern muss, ist es vielleicht das, was ich tun werde'", sagte Hanson-Young.
Minister fühlt sich "beleidigt"
Australien steht derzeit auch unter Druck wegen des Falls von 153 Flüchtlingen aus Sri Lanka, die auf einem Grenzschutzschiff festgehalten werden. Anwälte bezeichnen ihre Zwangsrückführung nach Sri Lanka als illegal. Das Oberste Gericht will demnächst dazu entscheiden.
Zudem gibt es Vorwürfe, dass die Flüchtlinge misshandelt wurden. Einwanderungsminister Scott Morrison nannte die Vorwürfe am Mittwoch bei einem Besuch in Colombo "beleidigend" und wies sie zurück. http://www.t-online.de/nachrichten/ausla...-umbringen.html
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