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  • 01.09.2015 00:57 - Das Gebet, insbesondere das gemeinsame Gebet, ist ein wesentlicher Baustein der Beziehung zu Gott – vor allem in der Familie.
von esther10 in Kategorie Allgemein.

Das Gebet, insbesondere das gemeinsame Gebet, ist ein wesentlicher Baustein der Beziehung zu Gott – vor allem in der Familie.



„Für’s Gebet habe ich keine Zeit!“ – Der eine oder andere mag dieses Argument kennen, ich beziehe es auch durchaus auf mich, denn auch wenn ich weiß, dass das in den meisten Fällen, in denen ich beten sollte und es nicht tue, gar nicht stimmt, und auch wenn ich den Satz so nicht formulieren würde – im Inneren ist es doch genau die Einstellung, die zutage tritt, wenn ich mal wieder nicht bete, mein Morgengebet „schlabbere“ oder den Rosenkranz gerade jetzt doch lieber nicht bete. Umso wichtiger, dass sich der Papst dieses Themas bei seiner 100. Generalaudienz angenommen hat, in der es wieder um die Familie ging.

Der Papst hat eine Begabung, gerade die Liebe Gottes zu uns in fast poetischen Worten auszudrücken, die es manchen erscheinen lassen, als sei sein Blick auf Gott naiv. Ich dagegen glaube eher, er hat etwas von der Liebe Gottes verstanden, das mir – jedenfalls im Alltag – abgeht. Dabei spricht der Papst zu Beginn seiner Katechese eher von der Liebe des Menschen zu Gott, die ihn zum Gebet führen sollte (Zitate hier wie im Folgenden von Zenit):

Wir können uns eine sehr einfache Frage stellen. Es ist in Ordnung, mit dem ganzen Herzen an Gott zu glauben, auf seine Unterstützung in Schwierigkeiten zu hoffen, eine Verpflichtung zum Dank an ihn zu empfinden. Aber verspüren wir dem Herrn gegenüber auch ein wenig Zuneigung? Sind wir beim Gedanken an Gott bewegt, verwundert, gerührt?

Denken wir an den Wortlaut des großen Gebotes, das die Grundlage aller anderen darstellt: „Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft“ (Dtn 6,5; vgl. Mt 22,37). In diesen Worten wird die innige Sprache der Liebe verwendet und auf Gott ausgegossen. Der Geist des Gebetes wohnt vor allem dort. Und wenn er dort wohnt, so verweilt er die gesamte Zeit und geht niemals fort. Können wir uns Gott als jene zärtliche Berührung vorstellen, die uns am Leben erhält und vor der es nichts gibt; als eine zärtliche Berührung, von der uns nichts – nicht einmal der Tod – trennen kann?

Also, ich bekomme bei diesen Sätzen einen mindestens kleinen Kloß im Hals: Ich weiß, das mein Gebet so sein sollte, von der Liebe zu Gott geprägt, es aber meistens nicht ist. Gott als der, dem ich danke, Gott als der, den ich lobe, Gott als der, den ich um etwas bitte – das alles kommt in meinen Gebeten vor. Aber Gott als der, den ich „mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft“ liebe? Ich beneide jeden, der das immer so spürt, und ich glaube, ich kenne Menschen, bei denen das so ist und die darum auch eine ganz besondere Beziehung zu Gott haben; oft sind es Priester oder Ordensleute.

Dabei ist das eigentlich Überraschende, das Gott mich trotz dieses Mangels liebt – und der erste Schritt zu innigerer Liebe zu ihm ist es wohl, sich dessen bewusst zu werden. Der Papst dazu:

Doch nur wenn Gott die Zuneigung all unserer Zuneigungen ist, gelangen diese Worte zur vollen Verwirklichung. Dann empfinden wir Glück und auch ein wenig Verwirrung, denn er denkt an uns und liebt uns vor allem! Ist dies nicht beeindruckend? Ist es nicht beeindruckend, dass Gott uns mit der Liebe eines Vaters zärtlich berührt? Dies ist von großer Schönheit! Er hätte sich einfach als das höchste Wesen zu erkennen geben, seine Gebote erteilen und auf die Ergebnisse warten können. Stattdessen hat Gott unendlich mehr vollbracht. Er begleitet uns auf dem Weg des Lebens, schützt uns und liebt uns.

Da ist er wieder, der Kloß im Hals, nicht aus Trauer, sondern aus dem Glücksgefühl heraus zu wissen, dass Gott mich – trotz allem – liebt. Wenn ich oben vom Mangel an Liebe zu ihm gesprochen habe, und von Menschen, die offenbar in der Lage sind, ihn besonders zu lieben, dann bedeutet das nicht, dass diese Liebe zu Gott nur besonderen Menschen möglich wäre, man als „Normalgläubiger“ das nicht erreichen könnte. Gott will das jedem von uns schenken, und die einzige Kunst (nicht missverstanden als Übung, bitte) besteht darin, dieses Geschenk anzunehmen, sich lieben zu lassen und zurück zu lieben.

Dafür braucht es aber ein gewisses Gespür, das uns ins Herz gelegt ist, nicht selten aber verschüttet wird. Darum ist es so wichtig, in der Familie das Gebet zu pflegen, die Liebe zu Gott zu pflegen. Wieder der Papst:

Ein von der Zuneigung zu Gott bewohntes Herz macht auch aus einem Gedanken ohne Worte, einer Anrufung vor einem Heiligenbild oder einem der Kirche gesandten Kuss ein Gebet. Es ist schön, wenn Mütter ihre Kinder anleiten, Jesus oder der Gottesmutter einen Kuss zu schenken. Wie viel Zärtlichkeit liegt in dieser Geste verborgen! In diesem Augenblick verwandelt sich das Herz der Kinder in einen Ort des Gebetes. Es handelt sich um ein Geschenk des Heiligen Geistes. Vergessen wir niemals, dieses Geschenk für einen jeden von uns zu erbitten, denn der Geist Gottes hat die besondere Eigenart, das Wort „Abba“ – „Vater“ in unser Herz einströmen zu lassen. Er lehrt uns, „Vater“ genauso wie Jesus zu sagen; in einer Art und Weise, die wir alleine nicht zu finden vermögen würden (vgl. Gal 4,6). In der Familie wird vermittelt, dieses Geschenk des Geistes zu erbitten und zu schätzen. Wenn man dies ebenso spontan erlernt wir das Aussprechen der Worte „Vater“ und „Mutter“, so wird man es nie mehr vergessen. Wenn dies geschieht, wird die Zeit des gesamten Familienlebens vom Schoß der Liebe Gottes umgeben und wird sich von selbst auf die Suche nach der Zeit für das Gebet begeben.

Gerade aber in der Familie fehlt nicht selten die Zeit zum Gebet: Arbeit, Haushalt, Schule, Erziehung, Schlafenszeiten, Erholung … wo ist da noch die Zeit, sich – auch noch gemeinsam – hinzusetzen, und zu beten? Am Beispiel von Martha und Maria macht der Papst deutlich, dass die Zeit des Gebetes uns geschenkt wird, oder „die Zeit, die wir Gott geben, […] uns zurückgeschenkt [wird].“ Martha wird klar, dass der „bessere Teil“ darin liegt, Jesus zu hören, seinen Worten zu lauschen, viel wichtiger ist als ihn zu bedienen. Die Prioritäten verschieben sich – Martha wird nicht den Haushalt vernachlässigt haben, aber doch dafür gesorgt haben, Jesus ausreichend persönliche Zeit zu widmen.

Daraus wird auch deutlich, wie man das Gebet gestalten kann, wie man die Liebe zu Gott „erlernen“ kann, nämlich im Lesen der Heiligen Schrift. Ich gebe zu, wir beten mit unseren Kindern zu den Mahlzeiten und abends, wir haben einen ganzen Haufen Kinderbibeln zu Hause, aber wirklich sein Wort hören, es gemeinsam lesen und darüber sprechen? Natürlich ist das nicht ganz leicht, vor allem nicht mit kleinen Kindern. Aber wer Kindern Geschichten vom Raben Socke oder Benjamin Blümchen vorlesen kann, der kann ihnen auch kindgerecht wiedererzählte Geschichten aus der Bibel vorlesen. Noch einmal dazu der Papst:

Das Gebet sprudelt aus dem Hören auf Jesus, aus der Lektüre des Evangeliums. Vergesst nicht, jeden Tag einen Abschnitt aus dem Evangelium zu lesen. Das Gebet sprudelt aus der Vertrautheit mit dem Wort Gottes. Existiert in eurer Familie Vertrautheit? Gibt es in unserer Wohnung ein Evangelium? Öffnen wir es manchmal, um gemeinsam daraus zu lesen? Betrachten wir es während dem Rezitieren des Rosenkranzes? Das in der Familie gelesene und betrachtete Evangelium ist wie gutes Brot, das das Herz aller nährt. Morgens und abends, wenn wir uns am Tisch versammeln, lernen wir, mit großer Einfachheit gemeinsam ein Gebet zu sprechen: Jesus tritt in unsere Mitte wie in die Familie von Martha, Maria und Lazarus.

Das mag für den einen oder anderen abgehoben klingen: Kennt denn der Papst gar nicht die akuten Probleme im Familienleben, darin, die Familie zusammen zu halten, geschweige denn sie im Gebet zu versammeln? Seine Kenntnis der Problematik macht der Papst aber sehr wohl deutlich, wenn er dazu auffordert, den Kindern erst mal oder zumindest beizubringen, ein Kreuzzeichen zu machen, sie auf diese Weise das Beten zu lehren. Man lernt eben das Beten, das Sprechen zu Gott und das Hören auf ihn, seine Liebe wahrzunehmen und ihn zu lieben … indem man es tut. Wenn also das oben gesagte dem einen oder anderen zu schwer oder zu theologisch klingt, dann ist das mein Fehler, nicht der Fehler Gottes. Ich glaube, man kann beim Beten nicht wirklich etwas falsch machen. Wer sich bemüht, Gott zu lieben, seine Liebe zu erspüren und ihn besser kennenzulernen, dem wird sich Gott auch öffnen – mal schneller, mal langsamer, aber doch.

Damit kann ich zum Abschluss nur einladen, über den letzten Satz der Katechese nachzudenken:

Im Gebet der Familie, in den starken Augenblicken und schweren Zeiten sind wir einander anvertraut, sodass ein jeder von uns in der Familie von der Liebe Gottes geschützt sei.

Die letzten Worte, die ich unseren Kindern abends sage, wenn wir sie ins Bett bringen und ich ihnen einen Segen gebe sind: „Mama hat dich lieb, Papa hat dich lieb, deine Schwester / dein Bruder hat dich lieb … aber ganz besonders lieb hat dich der liebe Gott, und der passt auf dich auf!“ Ich hoffe, dass davon, trotz des formalhaften Satzes, etwas hängen bleibt und sich in Liebe zu Gott und zum Gebet wandelt
http://papsttreuerblog.de/2015/08/27/fra...der-anvertraut/



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