Familien-Synode: Bischof Elbs rechnet mit Überraschungen
Delegierter der Österreichischen Bischofskonferenz kann sich Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten im Einzelfall als ein Ergebnis der Synode vorstellen
Salzburg, 02.09.2015 (KAP) Die Zulassung von wiederverheirateten Geschiedenen zu den Sakramenten im Einzelfall kann sich der Feldkircher Bischof Benno Elbs als ein Ergebnis der vatikanischen Familiensynode vorstellen. Er bedauert zugleich aber auch, dass sich die öffentliche Wahrnehmung zur Synode meist nur auf die Themen wiederverheiratete Geschiedene und Homosexualität reduzieren würde. Die Gefahr eines Scheiterns der Synode oder einer Kirchenspaltung sieht der Bischof nicht. Er rechnet zugleich aber auch mit Überraschungen. Der Feldkircher Bischof äußerte sich in einem Interview mit der österreichischen Kirchenzeitungskooperation. Als offizieller Delegierter der Österreichischen Bischofskonferenz wird Bischof Elbs zusammen mit Kardinal Christoph Schönborn von 4. bis 25. Oktober an der Weltbischofssynode zum Thema Familie teilnehmen. Er sehe die Synode als "spirituellen Prozess, der geprägt ist von einem gemeinsamen Hören auf Gott und einem wertschätzenden Blick auf die Anliegen der Menschen", so Elbs. Insofern habe die Synode für ihn nicht die Logik eines Parlaments mit Mandataren, die versuchen, eine Position durchzubringen. Es gehe vielmehr um das ehrfurchtsvolle und vertrauende Hören. In Österreich hätten sich erfreulich viele Menschen und Organisationen an den Umfragen vor den beiden Synoden beteiligt. "Die Ergebnisse nehme ich als wertvollen Schatz mit nach Rom." Zur Frage nach dem "Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene" antwortete Elbs differenziert: Er gehe zum einen mit der Überzeugung nach Rom, dass die Unauflöslichkeit einer sakramentalen Ehe theologisch wie menschlich ein hoher Wert sei. Eine zweite Überzeugung komme aus seiner Erfahrung als Seelsorger und Therapeut: Demnach gebe es nicht die typischen "wiederverheirateten Geschiedenen", sondern verschiedenartige Situationen. Elbs: "Es braucht eine Unterscheidung. Das entspricht der Haltung Jesu, die im Gleichnis vom guten Hirten zum Ausdruck kommt: Er lässt die 99 Schafe zurück, um das eine Schaf, das sich verlaufen hat, zu suchen. Es geht um individuelle Zuwendung." Er gehe außerdem mit der Überzeugung nach Rom, "dass Sakramente keine Belohnung für gutes Verhalten sind, sondern Heilmittel für die Seele". So stelle sich für ihn die Frage, ob in bestimmten Fällen nach einer Zeit der Neuorientierung auf Dauer das Sakrament der Versöhnung und der Kommunion verweigert werden dürfe. Der Bischof nannte ein konkretes Beispiel: "Ein wiederverheirateter geschiedener Mensch bereut oder wurde unschuldig verlassen, war eventuell auch Gewalt ausgesetzt. Er oder sie versucht, die Verantwortung gegenüber der Ehe, den Kindern zu übernehmen und einen Weg der Versöhnung zu gehen. Und er oder sie bemüht sich nach Kräften, die jetzige Beziehung aus dem Glauben zu leben und hat Verlangen nach den Sakramenten." Im Arbeitspapier zur Synode werde angedeutet, "dass die Kirche eine Logik der Eingliederung und nicht eine Logik der Ausgrenzung leben muss", unterstrich Bischof Elbs: "Jesus hat selbst eine Logik der Eingliederung gelebt." Prinzip der Gerechtigkeit und "Theologie des Weges" Der Bischof plädierte für das Prinzip der Gerechtigkeit im Einzelfall: "Hier wird die Bestimmung eines Gesetzes bewusst übergangen, um der Gerechtigkeit und dem Gemeinwohl als einem höheren Wert besser Rechnung zu tragen." Zweitens brauche es eine "Theologie des Weges". Eine menschliche Situation könne nie nur "gut" oder "schlecht" sein, sondern sie könne besser oder schlechter werden. Elbs: "Ich vergleiche die Kirche mit einem GPS-Leitsystem, das den Menschen mit Wertschätzung auf das Ziel hinführen soll: die Gemeinschaft und Freundschaft mit Christus. Auf diesem Weg braucht es Stärkung, wie etwa die Versöhnung und die Eucharistie." Das Handeln Jesu zeige: "Er isst mit Sündern. Er sagt, nicht die Gesunden brauchen einen Arzt, sondern die Kranken." Als dritten Ansatz verwies der Bischof auf den Psychotherapeuten Viktor Frankl: "Man darf den Menschen nicht auf ein Problem reduzieren. Entscheidend ist, das Gesunde zu stärken, damit Verletzungen heilen." Auf den kirchlichen Umgang mit Homosexualität angesprochen sagte der Bischof: "Jeder Mensch ist ein Geschöpf Gottes, dem bedingungslos Respekt, Achtung und Würde zukommen." Unterscheidung sei aber nicht Diskriminierung. "Eine Ehe zwischen Mann und Frau ist etwas anderes als eine Beziehung zwischen zwei Männern oder zwischen zwei Frauen - psychologisch, biologisch und theologisch", so Elbs wörtlich. Angst vor Spaltungen auf und nach der Synode in der katholischen Kirche habe er nicht. Der gemeinsame Nenner müsse in der Sorge um das Gelingen und die Entfaltung des Familienlebens liegen. Alles andere sei zweitrangig. "Der Papst ist Garant für Einheit und Weite. Wenn sich alle bemühen, habe ich nicht die Sorge, dass es zu einer Spaltung kommt." "Familie ist ein Sehnsuchtsort" Bedauerlich sei, dass in der öffentlichen Wahrnehmung zur Synode meist nur die Themen wiederverheiratete Geschiedene und Homosexualität vorkommen würden. Elbs: "Die Familie ist ein Sehnsuchtsort für die allermeisten Menschen - ein Ort der Zuneigung, der Zärtlichkeit, der Heimat, der Zugehörigkeit, des Verzeihens, des miteinander Hoffens und Bangens, des Schutzes und der Hilfe. Die Familie ist ein Ort, wo Leben und auch Glaube gelernt werden können. Sie ist auch ein spiritueller Ort. Das sollte auf der Synode zum Leuchten gebracht werden." Eine andere große Frage sei der Generationenvertrag, die Hinwendung zu den Kindern und die würdevolle Begleitung der kranken, alten und behinderten Menschen. Auch hier komme der Familie eine Schlüsselrolle zu. Und der Blick auf Familien auf der Flucht und Armut sei ein Gebot der Stunde. Elbs: "Sicher ist, dass wir mit Spannungen leben müssen - auch nach der Synode. Es ist aber zutiefst katholisch und die Stärke unserer Kirche, dass es Spannungen geben darf, die uns auch lebendig halten." Fatal wäre es, in ein Verlierer-Sieger-Schema zu verfallen. "Wichtiger als den anderen zu verstehen ist es, dem anderen zu vertrauen, dass er ein wichtiges Anliegen hat und ihn in seiner Meinung zu achten", so der Bischof. Dann könne man auch mit Spannungen weitergehen. Nachsatz: "Als Bischöfe müssen wir Brückenbauer sein. Der pfingstliche Geist wird uns auch Überraschungen schenken."
Dieser Text stammt von der Webseite http://www.kathweb.at/site/nachrichten/database/72128.html des Internetauftritts der Katholischen Presseagentur Österreich.
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