Washington: Papst ruft Amerika zu Einsatz für Gerechtigkeit auf Obama and Pope Francis
Franziskus erinnert in Begrüßungsansprache im Garten des Weißen Hauses, dass er Sohn einer Einwandererfamilie ist und "Hoffnungen und Träume" der US-Amerikaner teilen will
PAPST BEI OBAMA 23.09.2015, 16:38 Uhr USA/Papst/Politik/Begrüßung/Obama Washington, 23.09.2015 (KAP) Zum Auftakt seiner USA-Reise hat Papst Franziskus zum Aufbau einer sozial und ökologisch gerechten Welt aufgerufen. Die Menschheit lebe an einem kritischen Zeitpunkt ihrer Geschichte und müsse sich um ihr "gemeinsames Haus" sorgen, sagte er bei der Begrüßungszeremonie in Washington auf dem Rasen des Weißen Hauses, wo er am Mittwoch von Präsident Barack Obama und dessen Frau Michelle begrüßt wurde.
Der Klimawandel dulde keinen Aufschub mehr, Lösungen dürften nicht kommenden Generationen überlassen werden, so der Papst weiter. Noch bleibe die Zeit für den notwendigen Wandel, auch im Blick auf die globale Ungerechtigkeit. Denn Millionen Menschen auf der Welt litten unter einem System, das ihnen keine Beachtung schenke, so der Papst weiter. Die Not dieser Ausgeschlossenen, die nun an die Türen der reichen Gesellschaften pochten, schreie zum Himmel. Die Gesellschaften hätten einen Schuldschein nicht eingelöst, "und es ist jetzt Zeit, dieser Verpflichtung nachzukommen", betonte er mit Verweis auf ein Zitat des Pastors und schwarzen Bürgerrechtlers Martin Luther King. Die Amerikaner rief er auf, "das Verwundbare zu schützen" und sich für eine gerechte Entwicklung auf der ganzen Welt einzusetzen.
Er komme als "Sohn einer Einwandererfamilie" in ein Land, das von solchen Familien aufgebaut wurde, und wolle die Hoffnungen und Träume der US-Amerikaner teilen, sagte Franziskus. Die Katholiken engagierten sich in den USA für eine "absolut tolerante" Gesellschaft. Sie würden für die Rechte des Einzelnen einstehen und jede Form von Diskriminierung zurückweisen.
Als "einen der wertvollsten Schätze Amerikas" bezeichnete der Papst die religiöse Freiheit. Sie gelte es gegen jede Bedrohung und Beeinträchtigung zu schützen. Angesichts seines kommenden Besuchs beim katholischen Weltfamilientreffen in Philadelphia, hob er hervor, auch im Hinblick auf den Schutz von Ehe und Familie lebe die Menschheit in einem kritischen Moment. In seiner Rede vor dem US-Kongress am Donnerstag wolle er dazu ermutigen, "die politische Zukunft der Nation in Treue zu ihren Gründungsprinzipien zu gestalten".
Franziskus würdigte auch die Bemühungen um eine politische Entspannung zwischen den USA und Kuba. Sie öffneten neue Türen der Versöhnung, Gerechtigkeit und Freiheit.
Obama: Papst lebendiges Beispiel der Lehre Jesu
Präsident Obama dankte Franziskus im Namen aller US-Amerikaner, darunter 70 Millionen Katholiken, für seinen Besuch. Er würdigte den Beitrag der katholischen Kirche für die Entwicklung des Landes und in der ganzen Welt. In seiner Zeit als Sozialarbeiter in Chicago habe er täglich den großen Einsatz katholischer Gemeinden, Priester und Ordensleute für Arme und Notleidende erlebt.
Papst Franziskus bezeichnete er als "lebendiges Beispiel der Lehre Jesu". Seine moralische Autorität beruhe nicht nur auf Worten, sondern auf Taten. "Sie erinnern uns daran, dass die 'mächtigste Botschaft des Herrn' die Barmherzigkeit ist". Franziskus verdeutliche, dass das Maß eines Menschen vor Gott nicht von Macht und Reichtum abhänge, sondern vom Einsatz für Arme und Ausgegrenzte gemäß dem Evangelium.
Obama würdigte auch die Appelle des Papstes an die "heilige Pflicht, unseren Planeten zu schützen". Die USA unterstützten Franziskus' Forderung an die Führer der Welt, gemeinsam gegen den Klimawandel vorzugehen.
Der Präsident dankte dem Papst besonders für dessen Engagement bei der Annäherung zwischen Kuba und den USA. Dieser Beitrag habe einen "unschätzbaren Wert", auch für die Schaffung eines besseren Lebens für die Kubaner.
Obama betonte weiter das Recht auf Religionsfreiheit, das heute in vielen Regionen der Welt missachtet werde. Besonders Christen seien davon betroffen.
Tausende Zaungäste
Zu dem Zeremoniell mit militärischen Ehren im Garten des Weißen Hauses hatten sich seit den frühen Morgenstunden Tausende Gäste und Zuschauer eingefunden. Der erste Besuch von Franziskus in den USA steht unter anderem mit Blick auf seine Kapitalismuskritik und die im Oktober tagende Familiensynode auch unter politischen Erwartungen.
Franziskus fuhr im Weißen Haus in dem Fiat 500L vor, den er bereits am Vorabend zur Fahrt vom Flughafen in die Stadt benutzt hatte. Zuletzt hatten sich Papst und Präsident bei einem Besuch Obamas im März 2014 im Vatikan gesehen.
Franziskus war am Dienstagnachmittag (Ortszeit) von Kuba kommend in Washington eingetroffen. Am Donnerstag soll er dort als erster Papst vor dem Kongress sprechen. Freitag steht eine Rede vor den Vereinten Nationen in New York auf dem Programm. Zum Abschluss besucht er am Samstag und Sonntag das katholische Weltfamilientreffen in Philadelphia.
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