25.09.2015 16:30 „Ergebnisse weitertreiben“ Bischöfe beenden Vollversammlung in Fulda: Synode, Flüchtlinge und Konzilsgedenken im Fokus
Kardinal Reinhard Marx.
Fulda (reg/KNA) Mit einem Appell an die Bevölkerung, sich weiterhin in der Flüchtlingshilfe einzusetzen und einer Festakademie, ist am Donnerstag die Herbst-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz zu Ende gegangen. Vor Journalisten stellte der Vorsitzende, Kardinal Reinhard Marx das Wort der Bischöfe an die Gläubigen und Kirchengemeinden unter dem Leitwort „Bleiben Sie engagiert“ vor. Darin heißt, es, der gesellschaftliche Friede könne nur gesichert bleiben, „wenn Deutschland seine Kultur der Integration weiterentwickle“. Die Zuwanderer ihrerseits seien gehalten, „Recht und Kultur ihrer vorübergehenden oder dauerhaften neuen Heimat anzuerkennen und sich auf das Gemeinwohl unserer Gesellschaft, ihrer neuen Heimat, zu verpflichten“.
Angesprochen auf Sorgen in der Bevölkerung vor einen zunehmenden Einfluss des Islam und kulturellen Spannungen infolge muslimischer Zuwanderer antwortete der Vorsitzende, er könne keinen zunehmenden Einfluss des Islam aufgrund höherer Zuwanderung feststellen. „Von einer Islamisierung zu sprechen ist abwegig“. Konkrete Initiativen, um die mehrheitlich muslimischen Zuwanderer mit den Grundlagen des christlichen Glaubens vertraut zu machen, wurden von den deutschen Bischöfen nicht beschlossen. Wer interessiert daran sei, solle Wissen über den christlichen Glauben erhalten, so der Vorsitzende. Zur Integrationsfrage bemerkte Kardinal Marx, „wohin integriert wird“ sei schwierig zu sagen, weil es „die Gesellschaft nicht gibt“. Der Vorsitzende verwies auf die Möglichkeit, dass aus einer „Kultur des Respekts“ und einem „Dialog des Lebens“ neue Kulturen entstehen könnten.
Zugleich sprach sich Marx gegen eine militärische Intervention des Westens in Syrien aus. „Krieg ist aus Sicht der Kirche keine Option“. Schon Papst Johannes Paul II. habe die USA 2003 vor dem Irakkrieg gewarnt. Wer auf Krieg setze, müsse auch eine langfristige Zielvorstellung für die Zeit nach einem militärischen Sieg haben, sagte der Kardinal. Gleichzeitig rief der Münchner Kardinal dazu auf, Politik und Diplomatie müssten alles in ihrer Macht Stehende tun, um die „schwärende Wunde“ im Nahen Osten zu heilen und den Krieg zu beenden.
Mit Blick auf die Verfolgung der Christen im Mittleren und Nahen Osten durch den Islamistischen Staat erklärte Kardinal Marx, dies sei „eine Tragödie. Wir sind erschrocken über die Vorstellung, dass der Nahe und Mittlere Osten bald ohne Christen sein könnte.“ Am 26. Dezember, dem Stephanustag, der als Gebetstag für verfolgte Christen begangen wird, bildet Syrien den Themenschwerpunkt.
Mit Blick auf die Familiensynode unterstrich der Vorsitzende die Perspektive, den status quo der Pastoral über Ehe und Familie als vorläufig zu betrachten. Im Rahmen des Katholischen gebe es „eine Vielfalt, die sich austauscht, und wo man Ergebnisse und Entwicklungen weitertreiben kann“. Es müsse deutlich werden, „dass die Kirche denen nahe ist, die in Schwierigkeiten oder gescheitert sind“.
In der Abschlusserklärung plädieren die Bischöfe zwar dafür, die geltende Lehre über die Unauflöslichkeit der Ehe beizubehalten, streben aber in der Seelsorge eigene Wege an. „Wohl aber muss ein Weg gefunden werden, wie Gläubige, die nach einer zivilen Scheidung zivil abermals geheiratet haben, in der Kirche leben und mitwirken können. Wir können nicht die Lehre der Kirche ändern, aber die ist eingebunden in einen lebendigen Prozess. Das ist auch die Lehre der Kirche. So müssen wir für die theologische Urteilsbildung und die Pastoral auch immer wieder die Zeichen der Zeit im Licht des Evangeliums lesen, so das Konzil. Dabei nehmen wir zur Kenntnis – und das haben wir in der Beantwortung der beiden Fragebögen aus Rom auch so gesagt –, dass die Lebenswirklichkeit vieler Gläubiger mit der Lehre der Kirche bei uns und in vielen Teilen der Welt nicht immer im Einklang steht“. Der Vorsitzende unterstrich, dass die Synode kein Beschlussgremium sei, sondern den Papst berate und begrüßte es, dass die „Breite der Diskussion auch im wissenschaftlichen Feld da sei“.
In Anwesenheit des Verlegers Manuel Herder stellte Kardinal Marx den vom Sekretär der Deutschen Bischofskonferenz Pater Hans Langendörfer herausgegebenen Band „Theologie der Liebe“ vor, der Beiträge eines Studientags zu Ehe und Sexualität an der Päpstlichen Universität Gregoriana dokumentiert. Dieser war am Pfingstmontag von der Deutschen, der Schweizer und der Französischen Bischofskonferenz veranstaltet worden. („Die Tagespost“ berichtete am 30. Mai 2015)
Zum Heiligen Jahr der Barmherzigkeit verzeichnet die Bischofskonferenz „spürbares Interesse in den Kirchengemeinden“. Über den bisherigen Stand der Vorbereitungen informiert die Internetseite www.heiligesjahrbarmherzigkeit.de.
Positiv fiel die Bilanz der Bischöfe über den Abschluss des bundesweiten Gesprächsprozesses aus. Deutlich geworden sei: „Es gibt eine lehrende, aber auch eine lernende Kirche. Lehren und Lernen gehören zu einem Kommunikationsprozess, den die Kirche fortsetzen will“, heißt es in der Abschlusserklärung. Offen lassen die Bischöfe die Frage, ob der Dialogprozess in regelmäßigen Treffen weitergeführt wird. Starkes Missfallen äußerte der Vorsitzende über moderne mediale Kommunikationsformen, die er als teilweise diskursfeindlich wahrnehme. „Diese Verbloggung führt auch manchmal zur Verblödung“.
Mit einer Festakademie erinnerten die Bischöfe am Donnerstag in Fulda an das Ende des Zweiten Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren, am 8. Dezember 1965. In seiner Begrüßung der gut 500 Gäste erklärte Kardinal Reinhard Marx, das Konzil bleibe eine „visionäre Botschaft“. Es sei heute so aktuell wie damals und ein zentraler Impuls für das Wirken der Kirche im 21. Jahrhundert. In seiner Festrede über „Das Konzil und seine Wirkungsgeschichte“ unterstrich der frühere langjährige Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, das Feuer des Konzils sei nicht erloschen. Das „Gedächtnis des Konzils“ sei ein „herausforderndes Abenteuer“, das die „Sensibilität unseres Glaubens“ auf die Probe stelle, sagte Lehmann. Gerade deshalb tue lebendige Erinnerung Not. Der Kardinal forderte dazu auf, die Texte des Konzils in ihrer umfassenden Komplexität zu lesen. Die innere Vielschichtigkeit zahlreicher Aussagen müsse den Vorrang behalten vor einer wenig reflektierten Auswahl oder einer selektiven Wahrnehmung, so Lehmann. Die neuere Forschung habe gezeigt, dass die kirchliche Krise, die vielfach dem Konzil angelastet wurde, in Wahrheit schon vor dem Konzil begonnen habe. Mit Blick auf den künftigen Umgang mit den Beschlüssen und Texten des Konzils erinnerte Lehmann an dessen Bezugnahme auf die „Zeichen der Zeit“. Das verlange eine „fortführende Interpretation“.
Tagespost
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