Eröffnungsmesse zur Synode: Ehe ist keine Utopie
Papst Franziskus bei der Eröffnungsmesse zur Familiensynode - REUTERS
04/10/2015 11:47SHARE: Die Angst, die Ehe anzunehmen, wie sie ist, lähmt das menschliche Herz. Denn die Ehe sei „keine Utopie der Jugend, sondern ein Traum, ohne den sein Geschöpf zur Einsamkeit bestimmt ist!“ Das betonte Papst Franziskus bei der Eröffnungsmesse zur 16. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode. Bekanntlich geht es bei der dreiwöchigen Versammlung im Vatikan um das Thema der „Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute“.
Der 27. Sonntag im Jahreskreis war zugleich auch der katholische Festtag des heiligen Franziskus von Assisi, dem Namensgeber des Papstes. In seiner Predigt ging Papst Franziskus auf die biblischen Lesungen des Tages ein und unterstrich drei Themen: Einsamkeit, Liebe und Familie. An der Heilige Messe in der vatikanischen Basilika St. Peter nahmen die Synodenteilnehmer, aber auch viele Familie mit Kinder teil.
Drama der Einsamkeit
Zum Drama der Einsamkeit, das noch heute viele Männer und Frauen quäle, sagte der Papst: „Wir erleben heute das Paradox einer globalisierten Welt, in der wir viele Luxuswohnungen und Wolkenkratzer sehen, aber immer weniger die Wärme des Zuhauses und der Familie spüren; viele ehrgeizige Pläne, aber wenig Zeit, um das Erreichte wirklich zu leben; viele ausgeklügelte Mittel zur Unterhaltung, aber eine ständig wachsende Leere im Herzen; viele Vergnügungen, aber wenig Liebe; viel Freiheit, aber wenig Selbständigkeit… Kontinuierlich nimmt die Zahl derer zu, die sich allein fühlen, aber auch derer, die sich im Egoismus, in der Schwermut, in zerstörerischer Gewalt oder in der Sklaverei des Vergnügens oder des Götzen Geld verschließen.“
Es sei gewissermaßen „dieselbe Erfahrung wie Adam“, so der Papst weiter. Dieser sei mächtig gewesen, doch einsam und verwundbar. Auch in der Familie spiegle sich diese Situation wider: viele seien nicht mehr bereit, „eine solide und fruchtbare Liebesbeziehung durchzutragen“. „Es scheint, dass die am weitesten entwickelten Gesellschaften gerade die sind, die die niedrigste Geburtenrate und die höchste Quote an Abtreibungen, Scheidungen, Freitod, Umweltverschmutzung und sozialer Ungerechtigkeit haben.“
Liebe zwischen Mann und Frau
Dann ging Franziskus auf die Liebe zwischen Mann und Frau ein, ein Thema der ersten Lesung und des Evangeliums (Mk 10, 2-16). Gott habe den Menschen nicht zu einem Leben in Traurigkeit und Alleinsein erschaffen, sondern für ein Leben im Glück, in dem der Mensch „seinen Weg gemeinsam mit einer anderen Person geht, die ihn ergänzt“, so der Papst. Auch gehöre es zum Menschsein, die wunderbare Erfahrung der Liebe zu machen: zu lieben und geliebt zu werden; damit er seine fruchtbare Liebe in seinen Kindern sieht, zitierte der Papst den Psalm des Tages (vgl. Ps 128). Deshalb bestehe der Traum Gottes für sein Geschöpf darin, die Vereinigung der Liebe zwischen Mann und Frau verwirklicht zu sehen. Es sei dies derselbe Plan, „den Jesus im heutigen Evangelium mit diesen Worten zusammenfasst: ‚Am Anfang der Schöpfung aber hat Gott sie als Mann und Frau geschaffen. Darum wird der Mann Vater und Mutter verlassen und sich an seine Frau binden und die zwei werden ein Fleisch sein. Sie sind also nicht mehr zwei, sondern eins’ (Mk 10,6-8; vgl. Gen 1,27; 2,24)“. Das Ziel des ehelichen Lebens bestehe also nicht nur darin, für immer zusammenzuleben, „sondern für immer einander zu lieben! So stellt Jesus die ursprüngliche und Ursprung gebende Ordnung wieder her“.
Die Familie
Das dritte Thema der Predigt war die Familie: Das berühmte Jesus-Zitat aus dem Markus-Evangelium: „Was aber Gott verbunden hat, das darf der Mensch nicht trennen“ (Mk 10,9) sei „eine Aufforderung an die Gläubigen, jede Form von Individualismus und Legalismus zu überwinden; diese verbergen nämlich einen kleinlichen Egoismus und eine Angst davor, die authentische Bedeutung des Paares und der menschlichen Sexualität im Plan Gottes anzunehmen.“ Und weiter fügte er an: „Paradoxerweise ist auch der Mensch von heute – der diesen Plan oft lächerlich macht – von jeder authentischen Liebe, von jeder tragfähigen Liebe, von jeder fruchtbaren Liebe, von jeder treuen und immerwährenden Liebe angezogen und fasziniert.“ Der heutige Mensch verfolge „Liebesbeziehungen des Augenblicks“, dennoch sei sein Traum „die authentische Liebe“; der heutige Mensch laufe „den fleischlichen Genüssen nach, aber er sehnt sich nach der völligen Hingabe“.
Mission der Kirche
In einer Zeit der „unbegrenzten Freiheit“ bekomme der Grundsatz der „Traurigkeit dieser Welt“ ein neues Verständnis: Da die verbotenen Genüsse ihren Glanz in dem Augenblick verlieren, in dem sie nicht mehr verboten sind, „mussten und müssen sie radikalisiert, immer neu gesteigert werden und erscheinen zuletzt doch schal, weil sie alle endlich sind, der Hunger aber nach dem Unendlichen geht’“, zitierte Franziskus Joseph Ratzingers Werk „Auf Christus schauen“ (vgl. ebd. Freiburg/Basel/Wien 1989, S. 73). In diesem komplexem Kontext von Gesellschaft und Ehe habe die Kirche die Berufung, ihre Mission in Treue, in Wahrheit und in Liebe zu erfüllen, so der Papst:
„Ihre Sendung zu leben in der Liebe, die nicht mit dem Finger auf die anderen zeigt, um sie zu verurteilen, sondern – in Treue zu ihrem Wesen als Mutter – sich verpflichtet fühlt, die verletzten Paare zu suchen und mit dem Öl der Aufnahme und der Barmherzigkeit zu pflegen; ein „Feldlazarett“ zu sein mit offenen Türen, um jeden aufzunehmen, der anklopft und um Hilfe und Unterstützung bittet; aus der eigenen Einzäunung herauszutreten und auf die anderen zuzugehen mit wahrer Liebe, um mit der verletzten Menschheit mitzugehen, um sie mit einzuschließen und sie zur Quelle des Heils zu führen.“ (rv 04.10.2015 mg)
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