Inhaltliche Zusammenfassung des Schlussdokuments der Bischofsynode („relatio finalis“) Am 24.10.2015 wurde das in allen Punkten mit Zweidrittelmehrheit verabschiedete Schlussdokument der Synode über die „Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute“ veröffentlicht.[1] Es hat beratenden Charakter und ist zuerst für den Papst bestimmt, der ein nachsynodales Apostolisches Schreiben veröffentlichten kann.
Es besteht aus drei Hauptteilen:
1) Die Kirche hört auf die Familie 2) Die Familie im Plan Gottes 3) Die Sendung der Familie
Teil 1 – Die Kirche hört auf die Familie
Kapitel I: Die Familie und der anthropologisch-kulturelle Kontext
In Nr. 8 wird auf die Gender-Ideologie Bezug genommen und ihr eine klare Absage erteilt. Auch ein radikaler Feminismus wird kritisiert, der die Mutterschaft denunziert.
Auf die Flüchtlingsproblematik im Kontext der Familien wird eingegangen. Die Treue der Christen in den Ländern, wo sie verfolgt werden, wird anerkannt (Nr. 9).
Kapitel II: Die Familie und der sozioökonomische Kontext
Die Familie stellt als deren Keimzelle viele Ressourcen für die Gesellschaft zur Verfügung und verdient daher politische und gesellschaftliche Anerkennung und Förderung (Nr. 12).
Wirtschaftliche Probleme, von denen die Familien betroffen sind, werden aufgezeigt (Nr. 14). Es gibt viele Formen der Ausgrenzung und Armut, welche die Familien und die Kinder betreffen (Nr. 15).
Die Familie besitzt einen integralen Ort im ökologischen Bemühen (Humanökologie). Dabei verweist das Dokument auf die Enzyklika „Laudato si‘“ (Nr. 16).
Kapitel III: Familie, Inklusion und Gesellschaft
Der positive Beitrag älterer Menschen, besonders der Großeltern für die Wertvermittlung und Glaubensweitergabe verdient Wertschätzung und Beachtung (Nr. 17). Die christlichen Witwen werden hervorgehoben (Nr. 19). Der Umgang mit Sterben und Tod betrifft die Familien in besonderer Weise. Euthanasie und assistierter Suizid werden abgelehnt (Nr. 20). Behinderte Menschen („Menschen mit besonderen Bedürfnissen“) werden oft im Familienumfeld mit großer Liebe betreut und angenommen (Nr. 21). Der soziale und kirchliche Beitrag unverheirateter Menschen wird gewürdigt (Nr. 22).
Die Problematik der Migranten und einer angemessenen christlichen Antwort wird nochmals thematisiert. Die Christenverfolgung im Nahen Osten lädt zur Solidarität mit den Betroffenen ein (Nr. 23-24).
Kindern (Nr. 26), Frauen (Nr. 27), Männern (Nr. 28) und jungen Menschen (Nr. 29) gilt eine besondere Aufmerksamkeit der Kirche. Dabei wird hingewiesen auf die Rechte von Kindern und auf Situationen sexueller Ausbeutung und die Opfer von Gewalt. Die Würde der Frau wird oft missachtet; besondere Wertschätzung verdient die Mutterschaft. Abtreibung, Leihmutterschaft, Zwangssterilisation etc. werden als inhumane Praktiken abgelehnt, die sich auch gegen die Frau richten.
Kapitel IV: Familie, liebevolle Zuneigung und Leben
Wer Liebe schenken will, muss zuerst selber dafür empfänglich sein. Im Herzen Jesu ist uns der lebendige Quellgrund der Liebe erschlossen (Nr. 30).
Gerade junge Menschen bedürfen der Erziehung und Formung, damit sie in der Tugend der Keuschheit fähig werden, sich selbst zu einer Gabe für den anderen zu machen (Nr. 31).
Tendenzen der Fixierung auf unreife Stadien der Liebe werden thematisiert. Genannt werden auch Pornografie, die Kommerzialisierung des Leibes und die Zwangsprostitution, ebenso eine geburtenfeindliche Mentalität sowie globale politische Aktionen der sog. reproduktiven Gesundheit (Nr. 32).
Sexualität und Fortpflanzung werden durch die moderne biotechnische Revolution manipulativ voneinander getrennt; die Unantastbarkeit des menschlichen Lebens wird infrage gestellt (Nr. 33).
Die Seelsorge steht durch den Individualismus und Konsumismus vor Herausforderungen, auch im Hinblick auf die Vorbereitung junger Menschen zur Ehe (Nr. 34).
Teil 2 – Die Familie im Plan Gottes
Das Wort Gottes gibt den Familien in ihren unterschiedlichen Situationen und Herausforderungen Orientierung. Das Evangelium der Familie beginnt mit der Erschaffung des Menschen und schließt seine Erlösung in Christus mit ein (Nr. 35).
Das sakramentale Band schenkt der unauflöslichen ehelichen Beziehung zwischen den Gatten eine besondere Weihe. Die sakramentale Ehe ist Abbild und Teilhabe am Bund Christi und seiner Kirche. In der unauflöslichen Verbindung der Ehegatten erkennt der Glaube ein Spiegelbild der göttlichen Dreieinigkeit (Nr. 36).
Kapitel I: Die Familie in der Geschichte des Heils
Die göttliche Pädagogik führt die Menschen stufenweise zur Fülle der Wahrheit in Jesus Christus (Nr. 37). Die Familie ist das Bild des dreifaltigen Gottes, der die Liebe ist. Die Liebe Christi zur Kirche wird sakramental abgebildet in der Ehe. Die heilige Familie von Nazareth leuchtet auf als Vorbild (Nr. 38).
Jesus Christus erneuert die Ehe gemäß dem Schöpfungsplan Gottes (Nr. 39) und schließt die Möglichkeit der Scheidung aus. Der in Sünde gefallene Mensch empfängt so das Heil Gottes. Die Unauflöslichkeit in der Ehe ist nicht zuerst ein Joch, sondern ein Geschenk Gottes für die in Liebe vereinten Gatten (Nr. 40). Jesus selbst wuchs in einer menschlichen Familie auf. Er zeigte wiederholt seine Wertschätzung für die Ehe und Familie. Zugleich wird die irdische Familie relativiert durch die Eingliederung der Jünger Jesu in die Familie Gottes und eine universale Brüderlichkeit (Nr. 41).
Kapitel II: Die Familie im Lehramt der Kirche
Das Dokument nimmt Bezug auf das 2. Vatikanische Konzil (GS 47-52) und die nachfolgenden Päpste (Paul VI.: Humanae vitae, Evangelii nuntiandi; Johannes Paul II.: Katechesen zur Theologie des Leibes, Familiaris consortio, Gratissimam sane; Benedikt XVI.: Deus caritas est; Caritas in veritate; Franziskus: Lumen fidei, Evangelii gaudium, Katechesen), welche die Wahrheit über Ehe und Familie treu verkündet haben (Nr. 42-46).
Kapitel III: Die Familie in der christlichen Lehre
Die Ehe hat ihren Ursprung in der Schöpfungsordnung, findet jedoch als sakramentale Ehe in Jesus Christus ihre volle Wahrheit. Die natürlichen Eigenschaften, welche das Wohl der Gatten konstituieren, sind Einheit, Offenheit für das Leben, Treue und Unauflöslichkeit (Nr. 47).
Der unwiderrufliche Bund Gottes ist der Grund der Unauflöslichkeit der Ehe. Gott steht zu seinem Versprechen, und daran hat die menschliche Treue in guten und bösen Tagen Anteil (Nr. 48).
Die Ehe als Gemeinschaft des ganzen Lebens ist ihrer Natur nach auf das Wohl der Gatten und die Zeugung und Erziehung von Kindern hingeordnet (CIC, can. 1055 §1). In ihrer Liebe sollen die Gatten ständig reifen (Nr. 49). Die untrennbare Verbindung zwischen dem einigenden und auf das Leben hin offenen Wert beim Zeugungsakt muss respektiert werden; die Fruchtbarkeit des Ehepaares ist sowohl leiblich als auch geistig zu verstehen (Nr. 50).
Die Wahrheit und Schönheit der ehelichen Liebe wird hervorgehoben. Zugleich werden die Schwierigkeiten der Familien anerkannt. Auch die jeweilige Verantwortung ist unterschiedlich; die Freiheit kann auch durch verschiedene Faktoren eingeengt sein (Nr. 51).
Kapitel IV: In Richtung der kirchlichen Vollgestalt der Familie
Zwischen der christlichen Familie und der ganzen christlichen Gemeinschaft besteht eine innige Verbundenheit, die zum Wohle beider gelebt werden soll (Nr. 52). Wo es zu Trennungen kommt, soll pastorale Begleitung angeboten werden; vor allem soll auch an die betroffenen Kinder gedacht werden. Die Kirche steht allen Gläubigen nahe, auch denen, die einfach so zusammenleben, den nur zivil verheirateten Gläubigen oder den zivil wiederverheirateten Geschiedenen. Sie ruft gemeinsam mit ihnen zu Gott um die Gnade der Bekehrung. Wo nötig sollen auch Informationen über die Nichtigkeitserklärung von Ehen gegeben werden (Nr. 53-54).
Die Kirche möchte alle Menschen mit der Barmherzigkeit Gottes, die den Kern der Offenbarung Christi ausmacht, vertraut machen und beschenken (Nr. 55).
Teil 3 – Die Sendung der Familie
Kraft ihrer sakramentalen Teilhabe am Geheimnis Christi und der Kirche sind die Ehegatten und Familien eingeladen, in missionarischer Weise dafür Zeugnis zu geben. Besonders jungen Menschen soll der Glaube weitergegeben und auch die Schönheit und Wahrheit der Berufung zur Ehe und Familie vermittelt werden in einer für sie zugänglichen Sprache (Nr. 56).
Kapitel I: Die Familiengründung
Die Ehevorbereitung bedarf einer verstärkten Beachtung, gemäß den in FC 66 angegebenen drei Stufen der entfernten, der näheren und der unmittelbaren Vorbereitung. Es geht um einen ganzheitlichen Prozess, der die nötige Katechese miteinschließen soll (Nr. 57). Die geschlechtliche Erziehung der Kinder hat ihren vorrangigen, wenn auch nicht einzigen Ort in der Familie. Die Gewissensfreiheit der Erzieher gegenüber staatlich verordneten Programmen der Sexualerziehung muss gewahrt werden. Auch für bereits verlobte Paare soll es Kurse geben, und für Verheiratete Angebote zur Ehebegleitung (Nr. 58).
Die kirchliche Trauung soll durch eine mystagogische Katechese vorbereitet werden, auch durch die Hinführung zu den Sakramenten der Buße und der Eucharistie (Nr. 59). Eine besondere Begleitung der Ehepaare und der Familien soll in den ersten Jahren des Ehelebens gegeben sein (Nr. 60). Priester und seelsorgliche Mitarbeiter sollen eine angemessene Ausbildung für die Begleitung jener, die sich auf die Ehe vorbereiten, und jener, die in Ehe und Familie leben, erhalten (Nr. 61).
Kapitel II: Familie, Generativität, Erziehung
Das Leben weiterzugeben ist eine besondere Aufgabe der Eheleute, die Wertschätzung verdient, auch wegen der positiven Auswirkungen auf die Gesellschaft und ihre Stabilität (Nr. 62).
Die Entscheidung über die Zahl der Kinder treffen die Ehegatten selber, jedoch nicht nach Willkür, sondern in Berücksichtigung der in GS 50 angegebenen Kriterien. Die natürliche Empfängnisregelung soll gefördert werden. Das Gewissen bedarf der rechten Formung, um frei von subjektiver Willkür und Irrtum zu sein. Staatliche Maßnahmen der Sterilisation, Abtreibung und Empfängnisverhütung werden abgelehnt (Nr. 63).
Der Wert des menschlichen Lebens in allen Phasen ist zu respektieren; Abtreibung und Euthanasie werden abgelehnt (Nr. 64). Die Adoption von Kindern, die nicht bei ihren Eltern aufwachsen können, soll gefördert werden (Nr. 65). Das primäre Recht der Eltern auf Erziehung ihrer Kinder wird betont (Nr. 66). Die Rolle der Medien wird thematisiert (Nr. 67). Die katholischen Schulen werden gewürdigt (Nr. 68).
Kapitel III: Familie und pastorale Begleitung
Gewisse Formen des Zusammenlebens entsprechen nicht dem Plan Gottes für Ehe und Familie. Dennoch bedarf der pastoralen Unterscheidung, ob sich eine künftige Perspektive für eine christliche Eheschließung ergeben kann oder nicht (Nr. 69-71). Auf Mischehen (Nr. 72) und Ehen mit Verschiedenheit des Religionsbekenntnisses (Nr. 73-74) wird eingegangen. Homosexuelle Personen sind zu respektieren; doch gibt es keine, auch nicht eine entfernte Ähnlichkeit zwischen dem Plan Gottes für Ehe und Familie und homosexuellen Gemeinschaften (Nr. 76).
In verschiedenen Situationen, die mit Schwierigkeiten verbunden sind, bietet die Kirche ihre pastorale Begleitung an (Nr. 77-81), wie ökonomische Probleme, kommunikative Schwierigkeiten, alleinerziehende Elternteile, Gewalt, sexueller Missbrauch von Kindern (hier gilt das Prinzip der Null-Toleranz) etc.
Das kirchliche Ehenichtigkeitsverfahren wurde in einigen Fällen verkürzt (Nr. 82). Ausdrücklich wird das Zeugnis jener gewürdigt, die trotz Scheidung keine neue Verbindung eingehen und so ein Beispiel der Treue geben. Sie werden ausdrücklich zum Empfang der heiligen Eucharistie ermutigt (Nr. 83).
Zu Unterscheidung und Integration in das Leben der Kirche wird bezüglich der sog. wiederverheiratet Geschiedenen aufgerufen (Nr. 84). Der Kommunionempfang für solche Personen ist nicht vorgesehen (außer bei sexueller Enthaltsamkeit, wie es in FC 84 heißt, was aber hier nicht ausdrücklich erwähnt wird). Es gibt auch Einschränkungen der Zurechenbarkeit und subjektiven Verantwortung für Handlungen (vgl. KKK 1735) (Nr. 85). Gewissensbildung und geistliche Begleitung werden empfohlen, um Hindernisse auszuräumen, die einer vollen Teilnahme am Leben der Kirche entgegenstehen (Nr. 86).
Kapitel IV: Familie und Evangelisierung
Als Elemente einer Familienspiritualität werden das gemeinsame Gebet, die Teilnahme an der heiligen Eucharistie, vor allem am Sonntag, und die Werke der Nächstenliebe empfohlen (Nr. 87). Der Stellenwert echter Zärtlichkeit in den familiären Beziehungen wird betont (Nr. 88). Familienkatechese (Nr. 89) und die Verbundenheit der Familienmitglieder im „Wir“ befähigen zum missionarischen Zeugnis „ad gentes“ (Nr. 90 und 93). Es soll zu einer Durchdringung der Kulturen mit dem Sauerteig des Evangeliums kommen (Nr. 91). Die Familie erweist sich als „Keimzelle der Gesellschaft“ (AA 11). Die Rechte der Familie sollen geachtet werden. Wichtige gesellschaftspolitische Ziele sollen gemeinsam mit den Familien und für die Familien verwirklicht werden (Nr. 92).
Schluss
Der Papst wird gebeten, auf der Grundlage des Synodenberichts ein Dokument über die Familie zu erstellen (Nr. 94).
Diese Zusammenfassung wurde erstellt von Prof. Dr. Josef Spindelböck. http://www.spindelboeck.net/
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