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  • 12.11.2015 10:49 - Das Problem der „Schwertverse“ im Koran
von esther10 in Kategorie Allgemein.

Das Problem der „Schwertverse“ im Koran

11. November 2015 16:44 | Mitteilung an die Redaktion


Scharia in EuropaEine Auseinandersetzung mit Navid Kermani und Halis Albayrak.

Ein Gastbeitrag von Hubert Hecker.

Der iranisch-deutsche Orientalist und Schriftsteller Navid Kermani bedauerte in seiner Rede zur Verleihung des Friedenspreis’ des deutschen Buchhandels, dass die heutigen Zeitgenossen mit einer brutalen Gegenwart des Islams konfrontiert seien. Er verwies dabei auf den kriegerischen IS-Terrorismus und auch auf den Rigorismus Saudi-Arabiens. Dabei habe der Islam in früheren Zeiten eine wirklich hochstehende und auch attraktive Kultur hervorgebracht. Der heutige Islam sei vielfach ein Bruch mit dieser Tradition und ein Verlust des kulturellen Gedächtnisses.
Rückkehr des Islam – aber wohin?

Dieser Einschätzung möchte man zustimmen, aber was folgt daraus für den Islam? Kann eine Kultur einfach wieder zu ihrer früheren Blüte vor tausend Jahren zurückkehren? Auch die heutigen salafistischen Strömungen wollen eine Rückkehr – aber noch weiter zurück, ins Frühmittelalter zu der Zeit Mohammeds und der Altvorderen. Sowohl der arabische Wahabismus wie auch der gewalttätige Islam des IS verstehen sich als Wiedererweckung vom wahren Islam des Koran und der kriegerischen Frühzeit. Bei der Auseinandersetzung mit diesem ‚brutalen’ Islam wird man unweigerlich mit den gewalthaltigen Stellen des Korans konfrontiert. Denn die Salafisten berufen sich allein auf die muslimischen Urschriften und lehnen die späteren Rechtsschulen und muslimischen Kulturen als Degeneration des Islam ab.
Einzelne muslimische Theologen versuchen nun, die Gewaltaufrufe von Allah und Mohammed im Koran zu relativieren. Der Münsteraner Islam-Theologe Muhanad Khorchide meint, dass die „Barmherzigkeit“ Allahs alle anderen Koranverse überformen und auch die sogenannten Schwertverse aufheben würde.

Relativierung der koranischen Gewaltaufrufe


Halis Albayrak

Der türkische Theologe Halis Albayrak glaubt, dass die zahlreichen Gewaltverse des Korans gegen Andersgläubige ausschließlich politisch verstanden werden müssten und damit religiös irrelevant wären. Unter dem Titel: „Von Zwang steht da nirgends etwas“ will er in einem FAZ-Artikel vom 18. 2. 2015 beweisen, dass der Islam des Korans jeglichen Zwang und Gewalt gegenüber Ungläubigen ablehne.

Im ersten Teil seines Textes, der auf einen Vortrag des Autors in Tübingen zurückgeht, begründet Albayrak in sechs Thesen, dass und wie der Koran gegen Zwang in der Religion argumentiere. Neben dem bekannten Vers, dass in Religionsdingen kein Zwang herrschen dürfe, führt der Koran-Exeget zehn weitere Suren an, die eine freie Entscheidung der Menschen für oder gegen den Islam belegen sollen – wie etwa Sure 39,41: „Wer sich führen lässt (von Allah), tut es zu seinen Gunsten, wer vom Wege abweicht, tut es zu seinem Schaden. Du bist nicht verantwortlich für sie.“ Noch deutlicher in Sure 10,99: „Willst du die Menschen etwa zwingen, dass sie gläubig werden?“ Bei der Abwendung vom Islam werden in mehreren Suren Allahs Höllenstrafen für die Abtrünnigen beschworen. Aber eine ausdrücklich juristische Maßnahme gegen Apostaten führt der Koran nicht auf. Die Begründung für irdische Strafen oder gar die Todesstrafe für Menschen, die sich vom Islam abwenden, wie sie in zahlreichen islamisch dominierten Staaten angewandt werden, finden sich nur in der nachkoranischen Überlieferung. Allerdings gelten diese Hadithe in den Theologen- und Rechtsschulen des Islam als ebenso authentisch wie der Koran.

Kein Zwang in Glaubensdingen

Bemerkenswert ist, dass Albayrak seine These auch mit philosophisch-anthropologischen Argumenten untermauert – wie: Glauben ist „eine Tatsache der Innerlichkeit“ und schon aus diesem Grunde verbiete sich Zwang (übrigens eine Argumentation, die schon Thomas von Aquin vorbringt). Und weiter: Zwang komme „einer Missachtung der Menschenwürde gleich, ja einem Angriff auf sie.“ Zu diesem Komplex gehört auch, dass der Autor das koranische Verbot von Zwang in Religionsdingen mit dem modernen Wort „Religionsfreiheit“ umschreibt. Eine solche Beweisführung mit nicht-koranischer Argumentation ist seit dem 11. Jahrhundert in der islamischen Welt nicht mehr üblich und seither geächtet.

Der Islam erkennt Religionsfreiheit und Menschenrechte nicht an

Es ist aber höchst problematisch, „Religionsfreiheit“ und „Menschenwürde“ als Begriffe der europäischen Neuzeit auf den frühmittelalterlichen Koran zurückzuprojizieren. Denn die genannte Freiheit hat einen Rechte-Charakter – im vorliegenden Fall das Recht, seine Religion frei wählen und wechseln zu können. Diese und andere Freiheiten und Menschenrechte hat der Mensch von Geburt an, also von Natur aus. Sie werden demnach nicht gewährt oder verliehen, sondern sind vom Staat zu gewährleisten. Die Begründung der Menschenrechte aus dem Naturrecht ist dem Koran völlig fremd, da alle menschlichen Gegebenheit wie Leben, Gesundheit, freier Wille, Familie etc. als Allahs Gabe betrachtet, also von ihm ‚gewährt’ werden. Aus diesem Grund stellten die islamischen Staaten in der Kairoer „Erklärung der Menschenrechte im Islam“ von 1990 die Menschenrechte der UNO-Charta unter den Vorbehalt, dass sie nur gälten, insofern sie nicht der Scharia widersprächen.

Diese Einschränkung bedeutet praktisch die Aufhebung der Menschenrechte. Das bestätigen die Scharia-Kodifizierungen etwa für Juden und Christen in islamisch beherrschten Staaten: Ihnen wird Duldung gewährt, aber sie haben keinen Rechtsanspruch auf freie Religionsausübung.
Tötet die Polytheisten, wo immer ihr sie findet!


Islam und Gewalt
Ein weiterer Kritikpunkt an Albayraks Argumentation besteht darin, dass seine vollmundig verkündete Religionsfreiheit eben doch nicht allgemein gilt. Das Verbot von Zwang in Glaubensentscheidungen bezieht sich nur auf die Gläubigen der sogenannten Buchreligionen, also Muslime, Juden und Christen. Aber was ist eine Freiheit wert, die nur für bestimmte Gruppen gilt? Der Autor gibt diese Einschränkung in einem Nebensatz selbst zu: „…den Polytheismus ausgenommen“. Die einschlägige Stelle zu Zwang und Gewalt gegen Polytheisten ist in Sure 9,5 zu finden: „Wenn die heiligen Monate abgelaufen sind, dann tötet die Polytheisten, wo immer ihr sie findet, greift sie an, belagert sie und lauert ihnen auf jedem Weg auf. Wenn sie umkehren, das Gebet verrichten und die Abgabe entrichten, dann lasst sie ihres Weges ziehen.“ Als die Milizen des Islamischen Staates bei ihren Eroberungen im Herbst letzten Jahres die Jesiden, die bei den Sunniten als Polytheisten gelten, vor die Alternative stellten: Konversion oder Tod, konnten sie sich durch die zitierte Koranstelle legitimiert fühlen.
Eindeutige Gewalt-Aufforderungen

Den zweiten Teil seines Textes leitet Albayrak mit dem folgenden Satz ein: „Auf der anderen Seite enthält der Koran auch Verse, die von Konflikten mit anderen Glaubensgemeinschaften handeln.“ Überraschenderweise zitiert er von diesen Gewalt- oder „Schwertversen“ keinen einzigen, während er für seine These von der islamischen Religionsfreiheit im ersten Teil elf Koranbelege aufführt. Diese Zitatenlücke soll hier aufgefüllt werden: „

Und tötet sie, wo immer ihr sie trefft, und vertreibt sie, von wo sie euch vertrieben haben. (…) Das ist die Vergeltung für die Ungläubigen“ (Sure 2,192). „Wenn sie sich abkehren, dann greift sie und tötet sie (die Ungläubigen), wo immer ihr sie findet“ (Sure 4,90). „Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Gott und nicht an den Jüngsten Tag glauben und nicht verbieten, was Gott und sein Gesandter verboten haben, …bis sie, die Angehörigen der Buchreligionen, Tribut entrichten als Erniedrigte“ (Sure 9,30). „Oh ihr, die ihr glaubt, kämpft gegen diejenigen von den Ungläubigen, die in eurer Nähe sind. Sie sollen von eurer Seite Härte spüren“ (Sure 9,124).
Haben die Schwertverse des Koran nur politischen Inhalt?

Es wird an dieser Zitatenauswahl deutlich, dass Mohammed im Namen Allahs die muslimischen Gläubigen zu Kampf, Gewalt und Tötung von Andersgläubigen aufruft. Genau diese offenkundige Einsicht will aber Albayrak unbedingt vermeiden. Seine Gegenthese lautet: „Das sind Verse politischen Inhalts, die uns von den politischen Konflikten jener Zeit erzählen.“ Als Hilfsthese führt er an, dass man den Koran nicht mit der „Unmethode der Buchstabentreue“ lesen dürfe, sondern “jeder Vers in seinem eigenen Kontext und seinem existentiellen Bezugsrahmen“ gelesen werden müsse. Doch der Autor wendet seine These selbst nicht konsequent an, denn für die Koran-Zitate zu Religionsfreiheit bevorzugt er durchaus die wörtliche Auslegung. Seine Forderung der Kontextberücksichtigung bezieht sich anscheinend nur auf die „Schwertverse“ des Korans, um diese zu entschärfen. Aber auch zu diesem Komplex geht er nicht auf den jeweiligen Bezugsrahmen der einzelnen Verse ein und erst recht nicht unterzieht er den Kontext einer genauen Prüfung. Die konkrete Untersuchung vermeidet er, um diese Verse a priori und pauschal in einen politischen Zusammenhang zu stellen.

Mohammeds Feldzüge gegen Polytheisten und Christen


Navid Kermani
Nun ist zwar richtig, dass bei Kriegen zwischen staatlich oder stammesmäßig organisierten Religionsgemeinschaften immer auch politisch-wirtschaftliche Motive und Ziele eine Rolle spielen – etwa die zu erwartende Tributzahlungen oder Beute. Der Prophet hatte ein Fünftel für den Staat und vier Fünftel für die Krieger festgelegt. Aber eine Analyse von Mohammeds Kriegszügen zeigt, dass von Seiten des Propheten immer die Ausbreitung und Vorherrschaft des Islam sowie Unterwerfung der Andersgläubigen im Vordergrund seiner Kriegspolitik standen, also religiöse Motive: Die Zeit von April 630 bis zum gleichen Monat 631 wird als „Jahr der Abordnungen“ bezeichnet. Damals hatte Mohammed – inzwischen politisch-religiöser Herrscher über große Teile Arabiens – an alle ihm bekannten Völker einen Brief schreiben lassen, in dem er sie zum Übertritt zum Islam aufforderte. Städte und Stämme, die sich diesem Ansinnen widersetzten, überzog er mit Krieg. So ließ Mohammed zunächst die „polytheistischen Widerständler“ der Stadt Ta´if belagern und später die nordarabische Christenstadt Tabuk. Auf diese beiden Kriegszüge beziehen sich viele der Kampfverse in den Suren 8 und 9: „Zieht in den Kampf, leicht- oder schwerbewaffnet, und kämpft mit Gut und Blut für die Religion Allahs“ (Sure 9,42). „Wenn ihr nicht zum Kampfe auszieht, wird euch Allah mit schwerer Strafe belegen“ (Sure 9,40). „Wenn die Gläubigen töten oder getötet werden, so werden sie das Paradies erlangen, indem sie für die Religion Allahs kämpfen…“ (Sure 9,112). „Nicht ihr habt den Feind in der Schlacht von Bedr erschlagen, sondern Allah hat es getan“ (Sure 8,18). Offensichtlich führte der Prophet nach Motiv und Ziel in erster Linie Religionskriege gegen Andersgläubige.

Albayrak dagegen will genau diesen offensichtlich religiösen Charakter von Mohammeds Kriegen unter den Tisch fallen lassen. Alle Kriege seien als allgemein-„menschliche Tatsachen“ anzusehen: „Die Existenz politischer Autoritäten macht von Zeit zu Zeit kriegerische Auseinandersetzungen offenbar unvermeidbar.“ Auch Mohammeds Kriege seien primär aus politischen Konflikten erwachsen. Wenn Albayrak konsequent seine eigene Forderung nach Kontextberücksichtigung angewandt hätte, würde das seine Behauptung vom nicht-religiösen Charakter der Kriege Mohammeds unhaltbar machen.
Mohammeds Angriffskriege waren Vorbild für die späteren Eroberungskriege

Eine Analyse von Text und Kontext der oben zitierten Schwertverse lässt eine weitere These des islamischen Theologen zusammenbrechen, nämlich dass die Feldzüge des Propheten und Kriegsherrn Mohammed ausschließlich defensiven Charakter gehabt hätten: Die „junge muslimische Glaubensgemeinschaft“ habe damals nur um ihr Dasein und ein Leben in Sicherheit gekämpft. Die Korananalyse sowie historische Studien zeigen aber, dass Mohammeds Feldzüge zumindest seit 630 Eroberungs- und Unterwerfungskriege waren, also Offensiven „im Namen Allahs“.

Allah als Motivator und Belohner der islamischen Kriegszüge

Mit dem Nachweis, dass die beiden Grundthesen Albayraks nicht zutreffen, fällt auch seine Schlussfolgerung zusammen. Er hatte so argumentiert, dass in Mohammeds politisch motivierten Defensivkriegen der Prophet von Allah durch „herabgesandte Sprüche mit Weisheit und Wissen“ kriegstaktischer Art unterstützt worden sei. Dieser Behauptung stehen die oben angeführten Koran-Zitate diametral entgegen. Denn daraus spricht, dass Allah zentrale Bedeutung für Mohammeds Kriege hat als Motivator der Kriegszüge, als Paradiesbelohner der Gefallenen und als Strafrichter für Verweigerer. Die Religion Allahs wird im Koran als Motiv und Ziel der Feldzüge hingestellt. Schließlich soll es Allah selbst sein, der die Feinde erschlägt – von wegen kriegstaktische Wissens-Weisungen.
http://www.katholisches.info/2015/11/11/...verse-im-koran/





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