Kardinal Müller: „Der Glauben ist keine Meinung. Protestantisierung der Kirche stoppen“
17. November 2015 16:16 | Mitteilung an die Redaktion
Kardinal Gerhard Müller
(Rom/Santiago de Chile) Kardinal Gerhard Müller, der Präfekt der Glaubenskongregation, hielt vor wenigen Tagen vor den Bischöfen Chiles eine wichtige Ansprache in einer Zeit großer Verwirrung und Orientierungslosigkeit. Der Glaubenspräfekt beleuchtete mit großer Klarheit einige bedenkliche Tendenzen in der katholischen Kirche. Unter anderem forderte er die Bischöfe auf, wachsam Protestantisierungstendenzen in der Kirche zu bekämpfen.
Die umstrittene Antwort von Papst Franziskus in der lutherischen Kirche in Rom zur Interkommunion zwischen Katholiken und Protestanten war zu diesem Zeitpunkt noch nicht bekannt. Mit der „Meisterleistung“ päpstlicher (Des-)Orientierungshilfe „Ja, Nein, Jein, entscheidet selber“ im zentralen Bereich des Altarsakraments wird sich der Glaubenspräfekt noch beschäftigen müssen. Die vollständige Rede des Kardinals erfolgte nicht vom spanischen Original, sondern von einer zugänglichen italienischen Übersetzung, was einige Unsicherheiten in sich birgt. . Geschätzte Brüder im Episkopat:
1. Das ist die geeignete Gelegenheit, um Euch, als direkter Mitarbeiter von Papst Franziskus in einem besonders schwierigen Bereich der kirchlichen Aktivität, einige Überlegungen mitzuteilen, die ich von besonderer Wichtigkeit für diesen Moment halte, den die Kirche in der Welt und auch in Chile durchlebt.
Omnes cum Petro
2. In unseren Ohren, wie auch in jenen der Apostel, deren Nachfolger wir sind, ertönt die klare Bestätigung des Herrn: „Du bist Simon, der Sohn des Johannes. Du wirst jetzt Kephas heißen, das bedeutet Petrus (der Fels)“ (Joh 1,40-42). Und auch dieses Zeugnis des Petrus auf die Frage Jesu an seine Jünger: „Als Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine Jünger: Für wen halten die Leute den Menschensohn? Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer, andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen Propheten. Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Simon Petrus antwortete: Du bist der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes! Jesus sagte zu ihm: Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Ich aber sage dir: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein“ (Mt 16,13-19). Mit besonderer Kraft müssen wir heute die Warnungen und Gewißheiten bedenken, die Jesus dem Petrus übermittelt hat: „Simon, Simon, der Satan hat verlangt, daß er euch wie Weizen sieben darf. Ich aber habe für dich gebetet, daß dein Glaube nicht erlischt. Und wenn du dich wieder bekehrt hast, dann stärke deine Brüder“ (Lk 22,31-32). Und er sandte ihn, die Schafe zu weiden, die Petrus erhielt, nachdem er seine Liebe zu Jesus bekannt hatte (Joh 21,15-17).
3. In einer Zeit, in der in einigen Bereichen der Kirche die Einheit mit dem Oberhaupt die notwendige Vitalität unseres Glaubens zu verlieren scheint, bin ich der Meinung, liebe Brüder im Bischofsamt, daß eine persönliche Bekräftigung unserer Verbundenheit mit dem Papst notwendig ist, indem wir den weisen Rat des heiligen Petrus Chrysologus im Brief an Eutyches befolgen. „Wir ermahnen Dich, ehrwürdiger Bruder, in Gehorsam alles anzunehmen, was der heiligste Papst von Rom geschrieben hat; weil der selige Petrus jenen hilft, die die Wahrheit des Glaubens suchen. Zumal wir, des Friedens und des Glaubens wegen, nicht Fragen angehen können, die den Glauben betreffen, außer in Gemeinschaft mit dem Bischof von Rom“ (Heiliger Petrus Chrysologus, Brief an Eutyches, 2).
Suaviter in modo, fortiter in re
4. Im Bekenntnis des wahren katholischen Glaubens mit Petrus zu sein ist besonders wichtig für jene, die im Namen des Herrn zusammen mit dem Oberhaupt die über die ganze Welt verteilten Partikularkirchen leiten, in denen und durch die die einzige heilige Katholische Kirche besteht. Zahlreich sind die Herausforderungen, die heute den Glauben betreffen, auch in Amerika und in Chile. Wir müssen den Herrn um den Mut bitten, ihnen mit Weisheit und Unerschrockenheit zu begegnen.
5. Einige dieser Herausforderungen rühren von der Unwissenheit her und veranlassen uns, mit größerem Einsatz im Bereich der Evangelisation und der Mission zu wirken, in dem die Kirche in Lateinamerika und der Karibik als Ergebnis der Konferenz von Aparecida im Einsatz ist. Andere stammen aus theologischen und pastoralen Bereichen, in die Irrtümer und Verzerrungen eingedrungen sind, die wir als Hirten ausfindig machen, verurteilen und korrigieren müssen. Das ist ein schwieriger, doch notwendiger und immer aktueller Bereich in unserem Einsatz als Hirten für das Volk Gottes. Der heilige Thomas ist besonders anspruchsvoll mit uns: „Wenn das Salz seinen Geschmack verliert … Wenn jene, die über anderen stehen, scheitern, sind sie nicht zu anderem geeignet, als vom Lehramt entfernt zu werden“ (Heiliger Thomas von Aquin, Catena Aurea, Bd. 1, S. 262). 6. In diesem Sinn ist es notwendig, daß über die persönliche Arbeit eines jeden Bischofs in seiner Diözese, die unersetzlich, notwendig und nicht an andere Organe delegierbar ist, hinaus, die Glaubenskommission der Bischofskonferenz ein lebendiger und wirksamer Organismus ist, da sie ein wirkliches Instrument der Mitarbeit für die Konferenz und die Bischöfe ist, die sie in Anspruch nehmen. Die Bischofskonferenz, Grenzen und Beiträge
7. Wie wir gut wissen, findet, seit der Schaffung der Bischofskonferenzen als Ergebnis der Arbeiten des Zweiten Vatikanischen Konzils, ein konstante Klärung der Aufgabe, der Natur und der Art zu arbeiten der Partikularkirchen statt, die sie versammeln. Der heilige Papst Johannes Paul II. ließ, nach einer langen Zeit der Überlegung und in Beantwortung einer Anfrage von Bischöfen bei der Synode von 1985, das Apostolische Schreiben Apostolos suos von 1998 veröffentlichen. Auch heute bleibt die Tatsache ein Grund zur Sorge, daß das Handeln der Bischofskonferenzen mit mehr oder weniger Kraft und je nach Gegend in einigen Fällen, die Verantwortung „iure divino“ des Diözesanbischofs beeinträchtigt hat, daher hilt auch heute, was Papst Johannes Paul II. bezüglich des Umstandes sagte, daß die Konferenzen bestehen, um „den Bischöfen zu helfen und nicht um sie zu ersetzen“ (Nr. 18). Wie wir wissen, wurde dieses Dokument erlassen, um einige Ideen zu klären, die in einigen theologischen Kreisen zum Charakter der Bischofskonferenz zirkulierten, und bekräftigte, daß sie für „die gemeinsame Ausübung einiger Handlungen des Bischofsamtes dient zur Verwirklichung jener einem jeden Bischof für die ganze Kirche zukommende Hirtensorge“ (Nr. 13), und nicht als Form der Ausübung einer kollegialen, bischöflichen Aktivität, die ihrer Natur nach nur dem gesamten Bischofskollegium und immer nur zusammen mit ihrem Oberhaupt zukommt und nie ohne dieses. Zudem wollte es erklären, daß die lehramtlichen Dokumente nur bei Einstimmigkeit, der Zustimmung aller und eines jeden, Existenzberechtigung haben oder in irgendeiner Weise die Bischöfe repräsentieren können (vgl. Nr. 20).
8. Die pastoralen Konsequenzen eines angemessenen Verständnisses und einer angemessenen Umsetzung der Bischofskonferenz sind offenkundig. Papst Franziskus wollte ein Zeichen in diesem Sinn setzen, indem er die Bestimmungen über das Verfahren für die Nichtigkeitserklärung des Ehebandes erließ und den Diözesanbischöfen, so wie es ihrer Natur entspricht, eine Schlüsselrolle in diesen heiklen Angelegenheiten zuwies, die sich damit jenen näher machen, die in diesem Bereich leiden.
Aktuelle Gefahren des ethischen Relativismus
9. Es ist offenkundig, daß sich heute in einigen Bereichen der Glaubensunterweisung Elemente des liberalen Protestantismus eingeschlichen haben. Das ist besonders offenkundig in den europäischen Nationen, ist aber auch in der lateinamerikanischen Realität nicht unbekannt. Ein mangelhaftes Verständnis der theologischen Natur der Bischofskonferenzen hat das sofortige Abdriften in die Gefahr zur Folge, den organisatorischen Stil der reformierten Gemeinschaften anzunehmen. Auch wenn es sich nicht um einen theologischen Zugang an sich handelt, wird daraus ein einheitlicher, einer „Nationalkirche“ vergleichbarer „pastoraler Stil, wie man es in gewissen Akzentsetzungen in Inhalt und Vorgangsweise und in den notwendigen Anpassungen der diözesanen pastoralen Programme an diese Akzente und Inhalte feststellen kann. Es ist zu vermeiden, daß der pastorale Dienst der Bischöfe in den verschiedenen Rängen der Bischofskonferenz sich faktisch in eine Art Zentralregierung der Kirche in einem Land oder einer Region verwandelt, die, obwohl nicht verpflichtend, im Bereich der Partikularkirche so präsent wird, daß eine Nicht-Folgeleistung als Mangel an kirchlicher Gemeinschaft betrachtet wird. Die Einheit in der Vielfalt ist eine der Gaben, die der Herr Seiner Kirche geschenkt hat. Es ist notwendig, daß jeder Hirte spürt, daß er die volle Freiheit hat, seine Herde gemäß den Eingaben des Heiligen Geistes in Übereinstimmung und Gemeinschaft mit seinen direkten Mitarbeitern zu organisieren und zu leiten.
10. Wie bereits Papst Johannes Paul II., dann mit Nachdruck Benedikt XVI. und jetzt Papst Franziskus tadelten, ist die Tendenz zum Relativismus, die in der Welt auf heftige Weise gegenwärtig ist, und da wir in diese eingetaucht sind, ist sie auch in der Kirche präsent. Es gibt viele Zeichen dafür. Erinnern wir uns an die Ablehnung, die in einigen theologischen Kreisen die Erklärung Dominus Jesus vom 6. August 2000 auslöste. Diese Kreise haben nicht nachgegeben. Sie sind noch da und finden neuen Ausdruck, den wir, als Hirten, imstande sein müssen, zu kontrollieren, zu analysieren und zu erleuchten. Eine dieser neuen Ausdrucksformen ist ein gewisser religiöser Synkretismus, der beansprucht, die verschiedenen religiösen Lehren mit dem christlichen Glauben gleichzusetzen und damit die christliche Offenbarung zu relativieren. 11. Auf die gleiche Weise hat dieser Relativismus auch auf die Beziehungen mit den anderen christlichen Konfessionen eingewirkt, durch einen Ökumenismus, der uns unter gewissen Umständen die authentische christliche Botschaft aufgeben läßt, um lediglich eine bloß natürliche religiöse Wahrheit zu verkünden. Als Folge dieses Relativismus haben sich die grundlegendsten anthropologischen Wahrheiten über die menschliche Person aufgelöst und der offensichtlichste Ausdruck dafür ist der Primat der Gender-Theorie, die eine völlige anthropologische Wende im christlichen Verständnis der Person, der Ehe, des Lebens usw. voraussetzt. 12. Ich weiß, daß dieser Relativismus in den vergangenen Jahren auch mit Nachdruck nach Chile gelangt ist und daß die Gender-Theorie sich in den Bereichen und Gesetzen über die Familie und die Verteidigung des Lebens von der Zeugung bis zum natürlichen Tod ausgebreitet hat. In einigen Kreisen werden in Fortsetzung einiger Versionen der Befreiungstheologie weiterhin neue „Theologien“ indigenen, feministischen und ökologischen Charakters entwickelt. Dabei handelt es sich um radikale Anpassungen des Glaubens an die Lebensbedingungen der Völker.
13. Ich denke, daß das für die Hirten ein Grund zu einer gründlichen Überlegung ist: Es geht nicht nur darum, sich diesen zu widersetzen, sondern auch Wege aufzuzeigen, diese verlorengegangenen Kreise zurückzugewinnen. Der heilige Augustinus sagt in seiner Predigt über die Hirten, daß der Herr „im voraus unsere Ohren gegen jene stärken wollte, die sich – wie Er selbst warnte – im Laufe der Geschichte erheben werden mit der Behauptung „Christus ist da, Christus ist dort“. Er hat uns geboten, ihnen kein Gehör zu schenken. Wir haben keine Entschuldigung, wenn wir nicht auf die so klare, so offene, so offenkundige Stimme des Hirten hören, daß nicht einmal der Kurzsichtigste und geistig Zurückgebliebendste sagen kann: ich habe nicht verstanden“ (Die Einheit der Kirche, 11,28).
Der theologische Dissens
14. Wie in vielen anderen Ländern mußten auch die Bischöfe Chiles sich dem theologischen Abweichlertum stellen, vor allem in Fragen der katholischen Moral, aber auch in anderen akademischen Bereichen von vitaler Bedeutung. Es ist ein Phänomen, das von der Kongregation schon immer studiert wurde, das aber in den vergangenen Jahrzehnten besonders aufgetreten ist. In diesem Bereich ist den Hirten eine Wachsamkeit und ein kluges, aber klärendes Handeln geboten, vor allem wenn davon die Glaubenslehre betroffen ist. Als Nachfolger der Apostel, „empfangen die Hirten der Kirche ‚vom Herrn … die Sendung, alle Völker zu lehren und das Evangelium jedwedem Geschöpf zu verkünden. So sollen alle Menschen … das Heil erlangen‘. Ihnen ist damit die Aufgabe anvertraut, das Wort Gottes zu bewahren, darzulegen und zu verbreiten, dessen Diener sie sind“ (Instruktion Donum veritatis, 14).
15. In diesem Zusammenhang ist die Anzeige und die Mitteilung an die höhere Stelle nicht ausreichend. Es ist notwendig, die Irrtümer mit Mut und Entschlossenheit zu berichtigen und die Massenmedien zu nützen, damit allen die Wahrheit klar wird, die immer erstrahlen muß. „Zu allen Zeiten ist die Theologie wichtig, damit die Kirche auf den Plan Gottes antworten kann, der will, ‚daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen‘ (1 Tim 2,4). Doch in Zeiten großer geistiger und kultureller Umbrüche wird sie noch wichtiger, auch wenn sie dann besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denn sie muß sich bemühen, in der Wahrheit ‚zu bleiben‘ (vgl. Joh 8,31) und zugleich die neuen Probleme, die sich dem menschlichen Geist stellen, berücksichtigen. In unserem Jahrhundert und zumal bei der Vorbereitung und Durchführung des II. Vatikanischen Konzils hat die Theologie viel zu einem tieferen ‚Verständnis der überlieferten Dinge und Worte‘ beigetragen, freilich auch Momente der Krise und Spannung erlebt, und sie erlebt sie weiter“ (Donum Veritatis, 1).
16. „Der Dissens kann verschiedene Formen annehmen. In seiner radikalsten Ausprägung möchte er die Kirche umwandeln und dabei einem Modell des Protestes folgen, wie es in der politischen Gesellschaft verwendet wird. Häufiger wird die Meinung vertreten, der Theologe sei nur dem unfehlbaren Lehramt zu folgen gehalten, während nach Art eines gewissen theologischen Positivismus die ohne Inanspruchnahme des Charismas der Unfehlbarkeit vorgelegten Lehren keinerlei verpflichtenden Charakter hätten, wobei dem einzelnen volle Freiheit gelassen würde, ihnen anzuhängen oder nicht“ ( Donum Veritatis, 33). „Der Theologe wird in diesen Fällen nicht auf die Massenmedien zurückgreifen, sondern vielmehr die verantwortliche Autorität ansprechen, denn durch das Ausüben von Druck auf die öffentliche Meinung kann man nicht zur Klärung von lehrhaften Problemen beitragen und der Wahrheit dienen“ (Donum Veritatis, 30)
17. „Für eine loyale Einstellung, hinter der die Liebe zur Kirche steht, kann eine solche Situation gewiß eine schwere Prüfung bedeuten. Sie kann ein Aufruf zu schweigendem und betendem Leiden in der Gewißheit sein, daß, wenn es wirklich um die Wahrheit geht, diese sich notwendig am Ende durchsetzt“ ( Donum Veritatis, 31).
Der Einfluß der Humanwissenschaften in der Theologie
18. Ein Aspekt, der heute als neues Element aufrtitt, ist ein Übergewicht an humanwissenschaftlichen Zugängen für die theologische Analyse. Besonders jene, die darin bestehen, das Fühlen des Volkes Gottes zu bestimmten Fragen beweisen zu wollen und dieses als neues Fühlen der Gläubigen im Gegensatz zu dem darstellen zu wollen, das für Jahrzehnte, Jahrhunderte oder Jahrtausende gegolten hat. „Der Dissens zieht ferner zuweilen eine soziologische Argumentation heran, nach der die Meinung einer großen Zahl von Christen direkter und angemessener Ausdruck des ‚übernatürlichen Glaubenssinns‘ wäre“ (Donum Veritatis, 35).
19. In Wirklichkeit können die Meinungen der Gläubigen nicht einfach als “sensus fidei” gleichgesetzt werden. „Dieser ist nämlich eine Eigenart des theologalen Glaubens, der als Gabe Gottes, die das persönliche Ja zur Wahrheit schenkt, nicht irren kann. Dieser persönliche Glaube ist zugleich Glaube der Kirche, denn Gott hat der Kirche die Hut des Wortes anvertraut, und was deswegen der Gläubige glaubt, ist das, was die Kirche glaubt. Daher schließt der ‚sensus fidei‘ seiner Natur nach die tiefe Übereinstimmung von Geist und Herz mit der Kirche, das ‚sentire cum Ecclesa‘, ein“ ( Donum Veritatis, 35).
20. Manchmal sind der Mangel an Unterscheidung und die Verwirrung zwischen dem geistlichen Leben und der psychologischen Dimension der Person, die mit modernen Methoden analysiert werden, offenkundig. Dieser Aspekt beeinflußt den Ausbildungsprozesse der Menschen, sowohl für das Priestertum, das geweihte Leben als auch für die in der Pastoral tätigen Laien. Die verschiedenen psychologischen Strömungen stellen eine Quelle des Wissens über die menschliche Person dar, die unfehlbar scheint, so wie ihre Methoden als ein sicherer Weg erscheinen, Resultate der Stabilität, der Normalität und der persönlichen Entwicklung zu erzielen. So werden sie als Hauptweg zur Unterscheidung in Berufung, Ausbildung und innerem Wachstum angewandt. Daher rührt das Verschwinden und die Geringschätzung für die Bedeutung der göttlichen Gnade im geistlichen Leben, das auf eine rein natürliche Ebene reduziert wird. Und man produziert eine Entstellung des Zwecks der Sakramente, des Gebets und der überlieferten Lehre der Kirche über das christliche Leben und die Berufung.
Vom Glauben ausgehen
21. In diesem Erforschen der Realität als Teil der theologischen Aufgabe werden als “Zeichen der Zeit” alle Klassen von Ereignissen, Denk- und Handelsweisen der Zeitgenossen betrachtet, angefangen bei jenen, über die man nachdenkt und für die man entscheidet, welcher Linie die Kirche in ihrem pastoralen Handeln folgen soll. Man sagt mit einer gewissen Leichtfertigkeit, daß diese Zeichen ein „Sprechen“ Gottes zur Kirche darstellen. Auf diese Weise wird die (allgemeine, objektive und universale) Göttliche Offenbarung relativiert; und die Heilige Schrift wird dienstbar gemacht, um diese Inhalte zu „erleuchten“. Auf diese Weise wird die „Pastoral“ auf die Summe menschlicher Eingriffe reduziert, sei es für das Individuum, sei es für die Allgemeinheit, und konzentriert sich auf weltliche Ansprüche. Damit wird das Fehlen der transzendenten, heilbringenden und übernatürlichen Dimension des pastoralen Auftrags der Kirche klar. Es ist notwendig, darauf zu beharren, daß unsere theologische Überlegung und ihre pastoralen Konsequenzen vom Geoffenbarten ausgehen. Daher rührt auch die Bedeutung einer angemessenen Verkündigung der Inhalte des Katechismus der Katholischen Kirche, den der Heiligen Johannes Paul II. der Kirche geschenkt hat „als gültiges und legitimes Werkzeug im Dienst der kirchlichen Gemeinschaft an, ferner als sichere Norm für die Lehre des Glaubens“ (Apostolische Konstitution Fidei Depositum, 4).
22. Der grundlegende Text in diesem Sinn ist das Dekret Optatem totius Nummer 1, wo es um die Lehrpläne der theologischen Fächer im Licht des Glaubens unter Führung des kirchlichen Lehramtes geht. Darin wird eindeutig die nicht nur wissenschaftliche, im aristotelischen und modernen Sinn des Wortes, sondern auch spekulativ-ontologische Dimension der Theologie anerkannt. Mehr noch, die Theologie selbst wird in Funktion des gesamten Lebens der Kirche, der Gläubigen und des Theologen gesehen.. Diese Vorgangsweise setzt voraus, daß die gesamte theologische Arbeit von der Heiligen Schrift beseelt und gestützt sein muß. Die verschiedenen Etappen sehen das Studium der biblischen Themen vor, die Darlegung des reflexiven Zugangs, den die patristische Tradition bietet, ebenso die Dogmengeschichte im Kontext der Kirchengeschichte, die spekulative Vertiefung der Heilsgeheimnisse in ihrem Zusammenhang, und ihre Integration in die verschiedenen Formen des kirchlichen Lebens (vor allem der liturgischen und spirituellen), die theologische Verantwortung angesichts der Probleme der Menschen unserer Zeit. Der Ausgangspunkt der theologischen Untersuchung ist, im Gegensatz zum philosophischen, „dogmatisch“ im Sinne, daß er sich mit dem Wort Gottes, allgemein gesprochen, identifiziert, und das durch die theologische Überlegung nicht in Frage gestellt werden kann, ohne daß sie in ihrem erkenntnistheoretischen Auftrag, ihrem Auftrag den Glauben zu begreifen, scheitert.
Dieses Wort Gottes verlangt, jedes Mal besser gekannt und verstanden zu werden. In diesem Begreifen des Glaubens schreitet die Theologie mit den ihr eigenen Methoden voran (fidens quarens intellectum). Die beiden Hauptmomente ihrer Aufmerksamkeit sind der positive Moment des auditus fidei (Bewußtwerden des Glaubens der Kirche durch ihre geschichtliche Entwicklung ausgehend vom biblischen Thema) und der reflexive Moment des intellectus fidei auf seiner darlegenden, spekulativen und aktualisierenden Ebene. Daher ist das Objekt des theologischen Arbeitens der Glaube der Kirche in seiner Bezogenheit auf die Göttliche Offenbarung, bezüglich der sich die Theologie fragt: Was bedeutet sie? Wie ist sie zu interpretieren und kann für den Mensch begreifbar werden? Wie kann man ihre innere Bedeutung für ihn unterstreichen? Die Arbeit der Kirche für gesunde Bereiche, damit sie den Mißbrauch meiden
23. Ich weiß, daß die Kirche in Chile wie nur wenige Nationen wegen des Mißbrauchs einiger Kleriker gelitten hat. Das ist ein schmerzliches und komplexes Thema, dem viele Bischofskonferenzen gegenüberstanden, doch die chilenische ist darin weiter mit der jüngsten Approbation und Bekanntmachung der „Richtlinien, Obsorge und Hoffnung“, als Gesetz für jede kirchliche Jurisdiktion, die bereits im ganzen Land in Kraft getreten sind.
24. Seit Papst Johannes Paul und dann Benedikt XVI. eine klare und nachdrückliche Politik begonnen haben, wurde die Kongregation gerufen, diese Probleme zu lösen. Papst Franziskus, wie wir wissen, hat mit Nachdruck und Entschiedenheit diese Arbeit fortgesetzt. Dafür ist aber eine entschiedene Aktion der Bischöfe in ihren Diözesen unverzichtbar, die darauf abzielt, ein gesundes pastorales Umfeld zu schaffen, in dem der Machtmißbrauch, der dem sexuellen Mißbrauch immer vorausgeht, völlig ausgerottet ist.
25. Zusammen damit müssen, wie in anderen Nationen, Präventionsmaßnahmen und effiziente Schutzmaßnahmen für Minderjährige, die mißbraucht wurden, beschlossen werden, die als grundlegendes Element die Wiedergutmachung des verursachten Übels mit einschließen. In diesem Dokument des chilenischen Episkopats scheinen mir besonders die festgelegten Prinzipien erwähnenswert, die sich im Schutz der Minderjährigen, Integrität des priesterlichen Dienstes, Transparenz, Verantwortung und Zusammenarbeit mit der Gesellschaft und den Behörden zusammenfassen lassen. Diese Grundsätze werden die Ausmerzung dieser Geißel aus dem Leben der Kirche zum Ergebnis haben, die unschuldigen Menschen solches Übel zugefügt und der Kirche viel von ihrem Ansehen genommen hat.
26. Ehrwürdige Brüder Bischöfe, danken wir dem Herrn für alle Gaben, die Er der Kirche geschenkt hat und alles Gute, daß Er zum Wohl der Menschen dieses gesegneten Landes verwirklicht hat. Der Herr gibt uns viel Grund zur Freude, doch wie wir alle wissen, hat diese Freude ihre Wurzeln immer im Kreuz. Bitten wir unsere Himmelsmutter, der Königin und Schutzfrau Chiles, Fürsprecherin zu sein, damit ihrem Sohn immer treu bleibe und der Kirche, die Er uns als Sakrament des Heils geschenkt hat. http://www.katholisches.info/2015/11/17/...kirche-stoppen/
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