Interkommunion zwischen Katholiken und Lutheranern? Interview mit Brunero Gherardini nach der Franziskus-Rede
7. Dezember 2015 11:23 | Mitteilung an die Redaktion
Interkommunion mit Protestanten?
(Rom) „Jene, die von der sichtbaren Einheit der Kirche getrennt sind, ob durch Schisma oder durch Häresie, sind von der kirchlichen Communio abgeschnitten.“ Das ist die Kernaussage von Msgr. Brunero Gherardini in einem Interview, mit der er auf eine sich innerkirchlich in Theorie und Praxis ausbreitende These antwortet, deren Vertreter „vollendete Tatsachen schaffen wollen“. Anlaß für das Interview von Disputationes Theologicae mit dem bekannten katholischen Theologen ist die Rede von Papst Franziskus vom vergangenen 15. November in der evangelisch-lutherischen Kirche von Rom.
Franziskus sagte auf die Frage, ob gemischtkonfessionelle Ehepaare die jeweils andere Liturgie besuchen und die Kommunion empfangen können: „Das Leben ist größer als die Erklärungen und die Interpretationen. Nehmt immer Bezug auf die Taufe: ‚Ein Glauben, eine Taufe, ein Herr“, so sagt es uns Paulus, und daraus zieht die Konsequenzen.
Ich werde es nie wagen, die Erlaubnis zu geben, dies zu tun, weil es nicht meine Zuständigkeit ist. Eine Taufe, ein Herr, ein Glauben. Sprecht mit dem Herrn und geht weiter. Ich wage nicht, mehr zu sagen.“
Beifallsbekundungen der Anwesenden ließen sofort erkennen, daß die Worte des Papstes praktisch als Freigabe der Interkommunion verstanden wurden. Der Papst hatte in der Frage dem persönlichen Gewissen Vorrang vor der Lehre („Erklärungen und Interpretationen“) eingeräumt und zum eigenmächtigen Handeln aufgefordert, bei gleichzeitiger Erklärung nichts erlaubt zu haben, weil das auch gar nicht seine „Zuständigkeit“ sei. Ein dialektisches Wortspiel mit „List und Mehrdeutigkeit“?
Msgr. Gherardini erwähnt den Papst nicht, seine Antwort ist jedoch im Zusammenhang mit der Papst-Rede in der evangelisch-lutherischen Kirche Roms zu sehen. Das Interview wurde wenige Tage nach den Papst-Worten geführt. Gherardini war ordentlicher Professor für Ekklesiologie und Ökumenismus und Dekan der Theologischen Fakultät der Päpstlichen Lateranuniversität und Berater mehrerer Dikasterien an der Römischen Kurie.
Msgr. Brunero Gherardini
Was hat man unter „Interkommunion“ zu verstehen? Gherardini: Um auf angemessene Weise antworten und dabei auch die jüngsten Dokumente berücksichtigen zu können, bräuchte es nicht nur einen Artikel, sondern viele Artikel, ja eine ganze Monographie.
Versuchen wir es dennoch so knapp wie möglich: Zunächst ist vor allem darauf zu verweisen, daß der Begriff selbst unangemessen und unkorrekt ist.
Der Begriff Interkommunion enthält bereits einen klaren Bezug zur Teilhabe und bräuchte daher keine zusätzliche Betonung durch das Präfix inter. Er ist aber auch unangemessen, weil sein semantischer Bereich sich, laut der ältesten christlichen Tradition über das eucharistische Sakrament, auf die einzelnen Kirchen erstreckt und damit eine stark ekklesiologische Färbung hat. Der Begriff bezieht sich also nicht nur auf den Zugang zu den von der Kirche angebotenen Sakramenten, sondern auch auf die Beziehungen zwischen Kirche und Kirche oder zwischen Konfession und Konfession. Was bedeutet das konkret?
Gherardini: Unter Interkommunion ist die zusammenfassende, wenn auch nicht alles umfassende Übersetzung des klassischen Ausdrucks communicatio in sacris zu verstehen. Jene, die von der sichtbaren Einheit der Kirche getrennt sind, ob durch Schisma oder durch Häresie, sind daher gehindert, an der kirchlichen Communio, an der kirchlichen Gemeinschaft teilzuhaben oder sind von ihr abgeschnitten, und folglich auch von der eucharistischen Kommunion.
Sie können weder an der Liturgie der Katholiken teilnehmen noch bei deren eucharistischem Herrenmahl kommunizieren. Ebenso ist es den Katholiken untersagt, an den schismatischen und häretischen Kulthandlungen teilzunehmen. Dieser Lehre und ihrer Praxis steht die heutige Situation gegenüber, die in ökumenischen Kreisen gewachsen ist, die tendenziell den Einschränkungen der communicatio in sacris ablehnend gegenüberstehen. Die Tendenz in diesen Kreisen ist nicht selten, das Zaumzeug eigenmächtig abzulegen und Grenzen zu überschreiten, zum Ärgernis der einen und zur Begeisterung der anderen. Damit sollen vollendete Tatsachen geschaffen werden, die gleichzeitig als erhofftes Zeichen und als Beginn der Einheit dargestellt werden.
Papst Franziskus in Lutherkirche Rom Ist eine Interkommunion mit den Lutheranern möglich? Gherardini: Was die Gemeinschaft zwischen den Katholiken und den getrennten Brüdern betrifft, die Erben der Reformation sind oder von Gemeinschaften, die sich auf sie berufen, gilt: Ihre Ablehnung der Sakramente und der Theologie der Transsubstantiation, und daher der wahren, realen und substantiellen Präsenz, macht jede communicatio in sacris mit den Katholiken unzulässig und schal (Mt 18,1-5) . Soll das Gefühl an die Stelle der Lehre treten?
Gherardini: In einer so delikaten Frage ist emotionaler Druck kein guter Ratgeber. Ich schätze Von Allem, wenn er sich der Emotion entziehen und das Thema „ein für alle Mal ohne List und Mehrdeutigkeit behandeln“ will, auch um den Preis einer brutalen Klarheit. Ökumenisch gesprochen, scheint gerade eine solche Haltung den Akteuren des interkonfessionellen Dialogs zu fehlen.
Auch ich weiß sehr gut, daß unser Zeugnis als Christen, die wir auf den Grundlagen desselben Glaubens getrennt sind, gegenüber der Welt weniger effizient, vor allem aber auch weniger glaubwürdig ist. Es wird aber nicht eine Interkommunion um jeden Preis mehr Glaubwürdigkeit und Effizienz verschaffen.
Text: Giuseppe Nardi Bild: CTV (Screenshot)/Corrispondenza Romana http://www.katholisches.info/2015/12/07/...ranziskus-rede/
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