Die Heilige Familie als Vorbild familiärer Liebe und Eintracht Predigt am Fest der Heiligen Familie
27. Dezember 2015, Lesejahr C L 1: Sir 3,2-6.12-14 oder 1 Sam 1,20-22.24-28; L 2: Kol 3,12-21 oder 1 Joh 3,1-2.21-24; Ev: Lk 2,41-52 Alle liturgischen Texte finden Sie online im Schott-Messbuch
Liebe Brüder und Schwestern im Herrn! Mehrmals hat die 14. Ordentliche Bischofssynode, die vom 4. bis 25. Oktober 2015 stattgefunden hat, in ihrem Schlussdokument auf die Heilige Familie hingewiesen. Die Heilige Familie – das sind Jesus, Maria und Josef, und ihr Fest feiern wir heute. Wir tun dies, um die Heilige Familie zu ehren und auch als Vorbild und Ermutigung für alle Familien.
Aber kann denn die Heilige Familie überhaupt ein Vorbild sein für eine normale christliche Familie? War damals nicht alles ganz anders? Ist es nicht lebensfremd und fern der Wirklichkeit heutiger Ehen und Familien, wenn wir die Heilige Familie als Beispiel und Ermutigung für Eheleute und Familien ansehen?
Wir wollen auf diese kritische Auffassung eingehen und eine Antwort suchen.
Zuerst ist zu klären, ob die Verbindung von Maria und Josef wirklich eine Ehe war und ob sich die Gatten auch wirklich in menschlicher Hingabe geliebt haben. Die Heilige Schrift sagt uns ganz klar: Es handelt sich um eine wirkliche Ehe. Denn als Josef, der mit Maria verlobt war, bemerkte, dass sie ein Kind unter ihrem Herzen trug, das nicht von ihm war, da erschien ihm ein Engel Gottes im Traum und klärte ihn auf: „Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen; denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist.“ (Mt 1,20).
Selbstverständlich hat Josef von Nazareth das Geheimnis der Jungfräulichkeit Marias respektiert; sie war ganz Gott geweiht. Dennoch gehörte sie – weil sie in einer wahren Ehe mit ihm verbunden war – auch ganz ihm, und beide waren ein Herz und eine Seele in ihrer Liebe zueinander und in der gemeinsamen Ausrichtung auf Gott.
Schwierigkeiten ergeben sich für manche Menschen daraus, dass das Kind in dieser Ehe zugleich der Sohn Gottes und das Kind Marias war, aber nicht der leibliche Sohn Josefs. Hierauf können wir antworten: Gott selber hat seinen Sohn Jesus auch der väterlichen Sorge des heiligen Josef anvertraut. Josef übernahm rechtlich gesehen die Vatersorge für das Jesuskind, und er durfte diesem Kind all jene Liebe schenken, die ein Kinder von einem guten Vater erwartet. Denn Jesus war nicht nur der Sohn Gottes, sondern auch ein wirkliches Menschenkind. So haben Maria und Josef gemeinsam dafür Sorge getragen, dass der kleine Jesus ins Leben eingeführt wurde. Als Mensch war er angewiesen auf Hilfe und Fürsorge; als Kind musste er Verschiedenes erst lernen. Und wer kann hier einem Kind besser zur Seite stehen als die eigenen Eltern?
Schließlich noch ein weiterer Einwand: In der Heiligen Familie hätte es keine Schwierigkeiten gegeben; da wäre alles perfekt gelaufen. Eben darum könne man sie den heutigen Familien nicht als Vorbild vor Augen stellen. Was ist darauf zu sagen?
Gewiss handelt es sich um ganz heilige Personen: Maria war durch die Gnade Gottes bewahrt vor jeder Sünde; auch Josef lebte im Raum der Heiligkeit und war ihr als Gatte ebenbürtig. Jesus Christus schließlich ist uns in allem gleich geworden außer der Sünde. Und doch heißt dies nicht, dass von vornherein alles klar war und sich keine Fragen oder Schwierigkeiten ergeben hätten. Das Evangelium dieses Sonntags von der Wallfahrt der Eltern mit dem zwölfjährigen Jesus zum Tempel nach Jerusalem gibt uns den Beweis dafür. Offenbar rechneten Maria und Josef nicht damit, dass Jesus von sich aus in Jerusalem zurückblick. Sie wussten zwar im Glauben von seiner messianischen Sendung, waren aber noch nicht darauf vorbereitet, dass er sich ihnen irgendwie entfremden könnte. Und nun konfrontiert er die von der Suche erschöpften und durch die Wiederauffindung in ihrer Sorge erleichterten Eltern mit der Frage: „Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört?“ (Lk 2,49). Ausdrücklich heißt es beim Evangelisten Lukas: „Doch sie verstanden nicht, was er damit sagen wollte.“
Ist es nicht mitunter schmerzlich für die Eltern, wenn ihre Kinder eigene Wege gehen? Bringt es nicht auch umgekehrt so manches Leid für die Kinder mit sich, wenn sie merken, dass sie von den Eltern nicht verstanden werden? Diese Spannungen treten in jeder Familie irgendwann auf, und sie gilt es auszuhalten und in menschlicher und christlicher Reife durchzustehen. Irgendwann müssen die Kinder als Erwachsene selbständig werden und auf eigenen Füßen stehen; dieser Ablöseprozess ist mitunter schmerzhaft und konfliktreich.
Auch Jesus wollte und konnte seinen Eltern dies nicht ersparen. Bei ihm lag noch ein besonders wichtiger Grund vor: Er ist ja der einziggeborene Sohn des himmlischen Vaters, und seine Speise ist es, den Willen des Vaters zu tun, der ihn in diese Welt gesandt hat (vgl. Joh 4,34). Doch indem alle in dieser Heiligen Familie sich den Willen des himmlischen Vaters zu eigen machen, finden sie gerade in diesen schwierigen Stunden neu zu einander. Wie es im Evangelium heißt, kehrte Jesus mit seinen Eltern nach Nazareth zurück und war ihnen gehorsam (vgl. Lk 2,51). Die Zukunft lag ganz in der Hand Gottes, der die Heilige Familie in allen Schwierigkeiten leitete.
Auch für unsere Familien gilt: Gemeinsam ist es wichtig, im Gebet auf Gott zu schauen und seinen heiligen Willen immer als Chance für das Wachstum und das Zusammensein in Liebe zu erkennen. Wenn alle gemeinsam auf Gott blicken, dann geht die Familie in eine gute Zukunft. Die im „Jahr der Barmherzigkeit“ demnächst heiliggesprochene Mutter Teresa von Kalkutta hat es so formuliert: „Eine Familie, die gemeinsam betet, bleibt auch zusammen.“ Amen. http://spindelboeck.net/
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