Schockierende Berichte aus Syrien Jetzt droht Zehntausenden Menschen der Hungertod 07.01.2016, 12:11 Uhr | dpa, AP, t-online.de
Ein syrisches Kleinkind in Madaja: In dem Ort soll es sogar an Milch für Babys fehlen. (Quelle: Facebook)
Leblose Menschen und bis auf die Knochen abgemagerte Körper sind auf den Fotos zu sehen, die derzeit in sozialen Netzwerken kursieren. Ihre Authentizität lässt sich nur schwer überprüfen. Die zahlreichen Berichte von Augenzeugen und Menschenrechtlern lassen aber wenig Zweifel zu: Zehntausende Menschen sind in Syrien vom Hungertod bedroht.
MEHR ZUM THEMA Schuldzuweisungen an Türkei: Kein Ende des Flüchtlingsstroms in Sicht Internationale Koalition: Bundeswehr schickt vier Tornados in den Kampf gegen den IS Im belagerten Madaja spitzt sich die humanitäre Lage für die etwa 40.000 Bewohner zu. Ein Arzt in der Stadt im Westen Syriens berichtet der Deutschen Presse-Agentur, die Menschen dort würden Gras essen, um ihren Hunger notdürftig zu stillen. Vor einigen Tagen hätten sie zudem begonnen, Katzen und Hunde zu schlachten. Die Angaben des Arztes konnten zunächst nicht unabhängig überprüft werden.
Aber auch lokale Medien berichteten von den schrecklichen Zuständen in dem Ort, der etwa 25 Kilometer nordwestlich der Hauptstadt Damaskus liegt. Die Internetseite des TV-Kanals Al-Dschasira meldete, dass allein im Dezember 31 Menschen verhungert seien.
Diese erschreckenden Bilder twitterte ein freischaffender Journalist aus Madaja. Er spricht von einer "humanitären Katastrophe":
Regimetruppen und Hisbollah bombardieren die Stadt
Madaja wird laut der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte seit mehr als 170 Tagen von Regimetruppen und der libanesischen Schiiten-Miliz Hisbollah belagert. Viele Rebellen halten sich zurzeit in Madaja auf. Der Ort ist aus diesem Grund heftigen Bombenangriffen ausgesetzt.
Die Menschenrechtsbeobachter sitzen in Großbritannien, beziehen ihre Informationen jedoch aus einem dichten Netz an Informanten vor Ort in Syrien. Sie gelten als gut informiert und zuverlässig.
Sie leiden unter Hunger und Kälte
"Heute starb ein zehn Jahre altes Kind wegen Unterernährung", erzählt der Arzt aus Madaja weiter. Außerdem fehle es an Milch für Babys. Fehlende Nahrung ist allerdings nicht das einzige Problem der Bewohner.
Ein lokaler Beamter berichtet der Nachrichtenagentur AP, wie sehr die Menschen in der Bergstadt auch unter der Kälte litten. Anfang des Jahres hatte es demnach einen Schneesturm gegeben. Zugleich fehlten Strom oder Diesel für Generatoren. Die Menschen haben daher begonnen, die Zimmertüren aus ihren Häuser herauszureißen, um Brennmaterial zu haben, sagt der Beamte. Auf der oppositionellen Nachrichtenseite "Smart News" heißt es, die Menschen würden inzwischen sogar Plastik verbrennen, um sich zu wärmen.
Das in Istanbul ansässige Oppositionsbündnis Nationale Syrische Koalition warnte vor einer humanitären Katastrophe. Es müsse sofort gehandelt werden, um die Leben von Zivilisten zu retten.
Gegenseitige Belagerungen sorgen für "katastrophale "Zustände
In den Dörfern Fua und Kfarja in der nordwestlichen Provinz Idlib ist die Situation für die Menschen ähnlich. Mit einem wesentlichen Unterschied: Dort sind es nicht die Truppen des Regimes, sondern die Aufständischen, die die Orte belagern. Im September spitzte sich die Lage zu, als die Rebellen einen nahe gelegenen Luftwaffenstützpunkt einnahmen, von dem aus die rund 30.000 Menschen in der überwiegend von Schiiten bewohnten Region bis dahin mit Lebensmitteln aus der Luft versorgt worden waren.
Ein AP-Reporter sprach mit Hussein Mahdi: Der 16-Jährige kämpft für die Regierung - und er hatte Glück im Unglück. Er wurde im Gefecht verletzt und deswegen aus Kfarja in ein Krankenhaus nach Beirut gebracht. Regime-Kämpfer Hussein Mahdi in einem Krankenhaus im Süden von Beirut. (Quelle: AP/dpa)Regime-Kämpfer Hussein Mahdi in einem Krankenhaus im Süden von Beirut. (Quelle: AP/dpa)
"Unser Leben in Kfarja und in Fua war katastrophal", erzählt er über die Zustände in den beiden Dörfern. Aus Not essen dort manche Menschen schon Gras, wie er sagt. Operationen würden ohne Betäubungsmittel durchgeführt.
Hilferuf aus Syrien
Auch Pawl Krzysiek, Sprecher des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes IKRK in Syrien, bezeichnet die Situation in den Orten Fua, Kfarja und Madaja als "extrem furchtbar". "Viel zu lang wurden die Menschen ohne grundlegende Güter wie Lebensmittel und Medizin gelassen", sagt er. "Es hat für das IKRK oberste Priorität, die Menschen in den kommenden Tagen damit zu versorgen."
Die wichtigste vom Westen unterstützte Oppositionsgruppe, die Syrische Nationale Koalition, forderte die Vereinten Nationen und die internationale Gemeinschaft dazu auf, Hilfe nach Madaja zu lassen. Jede weitere Verzögerung würde noch mehr Tote unter den unschuldigen Zivilisten bedeuten. "Kinder, Frauen und Alte sterben in Folge von Hunger und Kälte", sagte Koalitionsmitglied Salah Hamawi.
Bislang werden laut dem Syrischen Beobachtungszentrum für Menschenrechte jedoch alle Versuche der Vereinten Nationen, Lebensmittel zu liefern, entweder von den Aufständischen oder von den Regierungskämpfern vereitelt. http://www.t-online.de/nachrichten/ausla...-hungertod.html
*** Syrer aus der Stadt Madaja, die seit sieben Monaten belagert wird, bitten den Papst und den Weltsicherheitsrat um Hilfe. Sie appellierten über Facebook und Youtube, wenigstens die Kinder vor dem Hungertod zu retten. Nach Angaben des Welternährungsprogramms erreichte zuletzt im Oktober eine Hilfslieferung den von syrischen Regierungstruppen belagerten Ort nahe Damskus. Medienberichten zufolge verhindern unter anderem Minenfelder und ein strenges Überwachungssystem die Einfuhr von Lebensmitteln sowie die Flucht der rund 40.000 Einwohne http://www.heute.de/#
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