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  • 11.01.2016 00:55 - "Wir müssen das Fundament neu bauen"
von esther10 in Kategorie Allgemein.

"Wir müssen das Fundament neu bauen"

Bischof Krautwaschl zur Zukunft der Berufungspastoral

Berufungspastoral hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Menschen wollen bei der Suche nach ihrer Lebensberufung begleitet werden. Erst dann wird Berufung "im engeren Sinne" möglich. Diese Entwicklung macht auch vor dem Canisiuswerk nicht Halt.


Bischof Wilhelm Krautwaschl, Graz-SeckauHerr Bischof, Sie sind seit Jahren intensiv mit dem Thema Berufungspastoral befasst. Wie hat sich diese verändert?

Früher war die Aufgabe relativ klar: Berufungen fördern bedeutete, der Entscheidung zu geistlichen Berufen den Weg bahnen. Das funktioniert heute nicht mehr ohne weiteres, da es keine selbstverständlich christlich geprägte Kultur mehr gibt. Die Individualisierung und Pluralisierung macht auch vor der Religion nicht Halt – wir können nichts mehr voraussetzen an religiöser, geschweige denn kirchlicher Sozialisierung. Das heißt für die Berufungspastoral, dass wir überhaupt erst jenes Fundament neu bauen bzw. schaffen müssen, auf dem dann eine Entscheidung für eine bestimmte Berufung aufbauen kann.

Das heißt, Berufungspastoral muss heute lebensweltlich und breit ansetzen?

Ja, wenn wir mit den Menschen heute leben wollen. Das erste Ziel ist es, mit Personen ins Gespräch zu kommen und überhaupt erst die Frage zu artikulieren, was denn die je eigene Berufung ganz allgemein im Leben ist. Diesen breiten Ansatz haben wir übrigens auch im Leitbildprozess des Canisiuswerkes verfolgt, der 2012 endete. Unser Vorschlag sah u.a. vor, die Berufungspastoral in den Diözesen zu stärken, denn dort muss eben dieser Dialog mit den Menschen auf Augenhöhe forciert werden.

Derzeit läuft ein von der Bischofskonferenz begleiteter Prozess der Neuaufstellung des Canisiuswerkes, an der auch Sie aktiv beteiligt sind. Sollen dabei die Vorschläge aus dem neuen, aber noch nicht offiziell beschlossenen Leitbild aufgegriffen werden?

Für mich ist in diesem Prozess das Leitbild und damit ein breiter Ansatz der Berufungspastoral wegweisend. Es geht genau darum: Zu diskutieren, welche Akzente es auf nationaler Ebene braucht und welche Dinge besser in den Diözesen organisiert werden. Aber das bedeutet zugleich auch, dass wir uns in der Bischofskonferenz intensiver damit befassen müssen, was wir jeweils unter Berufungspastoral verstehen.

Das heißt, die Neuausrichtung des Canisiuswerkes muss als Teil eines größeren Diskussionsprozesses über die Zukunft wesentlicher Aspekte moderner Pastoral überhaupt gesehen werden?

So könnte man das sagen, ja. Als Christ wird man nicht geboren, Christsein bedeutet eine bewusste Entscheidung. Und der Weg dazu soll gut und einfühlsam bereitet werden. Das gilt für die Tätigkeit des Canisiuswerkes, aber letztlich genauso für die Seelsorge in jeder Pfarre. In ganz Österreich sind in Pfarren und Diözesen Prozesse der Neuausrichtung und der Neubestimmung der eigenen „Mission“ im Gang.

Inwiefern haben auch finanzielle Fragen etwas mit der laufenden Neuausrichtung zu tun?

Gute Pastoral kostet Geld. Genauso auch eine gute, ertragreiche Berufungspastoral. Mit dem nun begonnenen Prozess sollen die damit verbundenen Fragestellungen auf den Tisch kommen. Es braucht zweifellos weiterhin das Canisiuswerk, es braucht auch weiterhin das „miteinander“, um die Notwendigkeit zeitgemäßer Berufungspastoral medial zu transportieren. Die Spenden sollen auch weiterhin dort ankommen, wo sie benötigt werden: In Maßnahmen zur Förderung der Berufungen im breiten wie im engeren Sinne. Stipendien für Priesterseminaristen gab es immer und wird es auch künftig weiterhin geben –vielleicht sogar dringender denn je angesichts der hohen Zahl an Spätberufenen, die aus einem vorherigen Berufsleben aussteigen. Aber nochmal: Das Finanzielle steht nicht im Vordergrund. Unser Ziel ist es, die Berufungspastoral fit zu machen für die Anforderungen des 21. Jahrhunderts.

Das Interview führte Henning Klingen


Das Gespräch erscheint im nächsten "miteinander", Ausgabe 1-2/2016.



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