Erzbischof Léonard: „Schlußbericht der Synode zweideutig“ – „Klares Wort“ von Papst Franziskus erwartet 11. Januar 2016 7
Ein Bild, das die Amtszeit Msgr. Leonards prägte: Femen-Attacke und betender Erzbischof
(Rom) Zu seiner Verabschiedung als Erzbischof von Mecheln-Brüssel und Primas von Belgien, kritisierte Erzbischof André-Joseph Léonard den Schlußbericht der Familiensynode, der „in den heiklen Punkten zweideutig“ geblieben sei. Mit einem Appell forderte er Franziskus auf, sein Petrus-Amt der Einheit und der Kontinuität in der Tradition wahrzunehmen, und in Sachen Ehe und Familie ein „klares Wort“ zu sprechen.
„Einer der unerklärlichsten unter anderen kaum verständlichen Torpedos, die während der Regierungszeit von Papst Franziskus abgeschossen wurden, hat den Erzbischof von Mecheln-Brüssel, Msgr. André-Joseph Léonard getroffen“, so der Vatikanist Marco Tosatti in der heutigen Ausgabe der Tageszeitung La Stampa. Erzbischof Léonard wurde nach nur fünf Jahren an der Spitze der europäischen „Hauptstadt“ mit Vollendung des 75. Lebensjahres sang- und klanglos verabschiedet, ohne die Kardinalswürde erhalten zu haben, die alle seine Vorgänger seit der Schaffung des Königreichs Belgien bekommen haben.
Erzbischof Léonard übernahm ein leeres Priesterseminar und hinterläßt ein Haus mit 55 Seminaristen
Die Politsöldnertruppe Femen attackierte den Erzbischof zweimal vor laufenden Kameras. Seither hält sich hartnäckig das Gerücht, jemand in Belgien habe es sich einiges Geld kosten lassen, den Erzbischof öffentlich der Demütigung auszusetzen. Als Erzbischof Léonard 2010 sein Erzbistum übernahm, gab es im Priesterseminar nur mehr vier Seminaristen. Nun übergibt er seinem Nachfolger ein Priesterseminar mit 55 Seminaristen, die sich auf das Priestertum vorbereiten.
Léonard war 20 Jahre Professor an der Katholischen Universität Löwen und dreizehn Jahre Bischof von Namür, bevor ihn Papst Benedikt XVI. nach Brüssel berief. Die fünf Jahre als Primas von Belgien wurden zum Opfergang. Die Situation war im liberalen Klima des Landes schon schwierig genug für die Kirche. Léonard wurde zusätzlich zum Opfer seines Vorgängers, Godfried Kardinal Danneels, der aus der Abneigung gegen den von ihm abgelehnten Nachfolger kein Hehl machte. Insgesamt blieb Léonard unter Belgiens Bischöfen weitgehend isoliert. Léonard, damals noch Bischof von Namür, war der einzige Bischof des Landes, der Benedikt XVI. in Schutz nahm, als das belgische Parlament das katholische Kirchenoberhaupt wegen der kirchlichen Lehre zur Verhütung angriff.
Die Abneigung seines Vorgängers
2010 war die Ernennung Léonards auch als Versuch gesehen worden, eine Kurskorrektur in der Kirche Belgiens einzuleiten. Mit dem Amtsverzicht von Benedikt XVI. und der Wahl von Papst Franziskus entpuppte sich der Ansatz als Illusion. Kardinal Danneels sah die Chance zur Revanche. Während Léonard von Papst Franziskus demonstrativ übergangen wurde, ging Danneels, der zu den Franziskus-Wählern zählt, in Rom ein und aus. Trotz seiner zwielichtigen Rolle im homo-klerikalen Milieu Flanderns wurde Danneels von Papst Franziskus persönlich und an erster Stelle zum Synodalen der beiden Familienssynoden ernannt. An seinem direkten Zugang zum Papst änderte sich auch nichts, als vergangenes Jahr eine autorisierte Danneels-Biographie vorgestellt wurde, und der Kardinal enthüllte, daß es seit den 1990er Jahren auf höchster Ebene in der Kirche unter Kardinälen und Bischöfen einen Geheimzirkel gab, der nach dem Versammlungsort „Gruppe Sankt Gallen“ genannt wurde. Untereinander hätten sich die Mitglieder des Geheimzirkels als „Mafia“ bezeichnet. Ziel des progressiv gestimmten Kreises höchster Würdenträger sei die „Aussöhnung“ der Kirche mit Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit und die, allerdings mißglückte, Verhinderung der Wahl von Papst Benedikt XVI. gewesen. Mit der Wahl von Papst Franziskus sei beides nachgeholt worden, die von Kardinal Danneels vermittelte Einschätzung, an der er keinen Zweifel aufkommen läßt.
Schlußbericht der Bischofssynode blieb „zweideutig“ – „Klares Wort“ des Papstes erwartet
Kurz nach seiner Emeritierung beantwortete Léonard einige Fragen der französischen Wochenzeitschrift Famille Chretienne.
Zunächst bekundet Léonard, vom Schlußbericht der Synode „enttäuscht“ zu sein. Der Schlußredaktion stellt er kein gutes Zeugnis aus. Ausgerechnet zu den heikelsten Punkten sei das Dokument mehrdeutig geblieben. „Einige Bischöfe haben mir gesagt, daß die Texte absichtlich zweideutig formuliert wurden, damit man sie in unterschiedliche Richtungen interpretieren kann“, so der Erzbischof wörtlich.
Aus diesem Grund richtet Msgr. Léonard einen Appell an Papst Franziskus: „Ich hoffe deshalb, daß wir ein nuanciertes und wohlwollendes, aber klares Wort zu Lehre und Ordnung der katholischen Kirche in Sachen Ehe und Familie erhalten werden. Es ist der Augenblick für ihn, seinen Petrinischen Auftrag für die Einheit und die Kontinuität in der Tradition auszuüben, wie er es in seiner Rede zum Abschluß der ersten Familiensynode angekündigt hat.“
Text: Giuseppe Nardi Bild: http://www.katholisches.info/2016/01/11/...iskus-erwartet/
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