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  • 20.01.2016 00:36 - Diakonie-Chef kritisiert Obergrenze als „magische Zahl“
von esther10 in Kategorie Allgemein.

Diakonie-Chef kritisiert Obergrenze als „magische Zahl“


Grenzposten Spielfeld - AFP

20/01/2016 14:15SHARE:
Beim Asylgipfel am Mittwoch in Österreich wurde eine neue Obergrenze beschlossen. Die Regierung will bis in 2019 maximal 127.500 Flüchtlinge aufnehmen. Der „Richtwert“ für 2015 sollen 37.500 Menschen sein. Maßnahmen zur Einhaltung der Richtwerte sollen Experten erarbeiten. Wie steht die Diakonie dazu?

„Österreich hat wie Schweden und Deutschland sehr viele Asylwerber aufgenommen und ist deshalb bestrebt, dass auch andere Staaten Asylbewerber aufnehmen. Es müsste vor Ort geholfen werden – in Jordanien, im Libanon. Es müsste in Griechenland investiert werden, dass dieser EU-Mechanismus in Gang kommt. Aber auch in Österreich könnte man einiges tun: schnellere und einfachere Asylverfahren, Menschen integrieren, weil wenn sie integriert sind, sind sie auch für das Sozialsystem keine Belastung. Leider werden all diese Lösungen nicht angedacht, sondern man ergeht sich in einer Art magischen Denken. Man sagt: Wir nehmen uns vor nicht mehr als 30.000. Als ob, diese magische Zahl etwas verändern würde, weil man ja noch nicht weiß, wie man diese Begrenzung vornehmen soll. Wir befürchten, wenn man hier abriegelt, dass es zu mehr Illegalität führen kann, dass die Schlepperpreise steigen werden und dass es vor allem jetzt einen Effekt hat, den man sich nicht wünscht: dass die Menschen jetzt versuchen schnell nach Österreich zu kommen um noch in das Kontingent hineinzukommen. Ich denke, es ist sehr unüberlegt und es ist ein wenig magisches Denken, dass auf einen bestimmten Effekt hofft. Niemand weiß ob dieser Effekt eintritt. Auch rechtliche Dinge sprechen dagegen. Österreich würde das Völkerrecht brechen, wenn es auf diese Zahl besteht und es ist völlig unklar, wie man Menschen jenseits einer Grenze, die sehr viele grüne Grenzanteile hat und sehr durchlässig ist, ohne hier Gewalt einzusetzen. Darauf hat es noch keine Antwort gegeben.“

Der Diakonie Flüchtlingsdienst engagiert sich in der Beratung, Unterbringung, Integration von Asylsuchenden, Flüchtlingen, Migranten und Migrantinnen usw. Nun soll der Grenzübergang Spielfeld der einzige Grenzzugang für Flüchtlinge werden bzw. sein. Sehen Sie das als Vorteil oder Nachteil?
„Es ist richtig und gut, wenn man sich bemüht, dass Menschen, die nach Österreich kommen und um Asyl ansuchen, dass die also auch gleich registriert werden, dass man hier den Überblick hat. Ob dieser ,Single-Point´ sich bewähren wird oder nicht, das wird man sehen. Es kann natürlich auch – vor allem wenn dort viele Menschen zurückgewiesen werden – zu einer Einladung für Schlepper werden; sozusagen alle anderen Grenzübergänge zu nützen. Die werden also auch kontrolliert werden müssen, weil ja in jedem LKW Menschen sein können. Die Gefahr ist groß, dass wir wieder zu den Verhältnissen wie im Sommer zurück kommen, wo 71 tote Menschen in einem LKW- Kühlwagen auf der A4 bei Wien gefunden wurden. Das muss man mitbedenken. Wenn man sagt, wir riegeln unsere Grenzen ab, dann heißt das, dass Schlepper gestärkt werden. Und das Menschen ihr Heil in anderen Wegen finden, die nicht legal sind und wo man sie wieder nicht kontrollieren kann. Das ist scheinbar nicht bedacht worden.“

Ein weiteres Thema derzeit: Medien berichten über Angriffe auf andere Flüchtlinge und sexuelle Belästigungen von Frauen in Asylunterkünften. Wie sieht es in der Diakonie aus, die eben auch Asylanträger betreut?

„In der Diakonie schauen wir darauf, dass die Betreuungsqualität stimmt und dass wir auch nicht zu große Quartiere haben und den Menschen sich nicht selbst überlassen. Die Betreuung ist das Wesentlichste, die Kontaktaufnahme, dass sie Deutsch-Kurse wahrnehmen und in diesen Kursen auch lernen, wie wir in Österreich leben. Was wir aus Quartieren der Diakonie, wie auch aus allen anderen kennen: Es kann zu Gewalt in der Familie kommen; es ist auch zu Wegweisungen von Männern gekommen – wie wir das auch aus der Sozialarbeit in Österreich kennen. Da muss man ganz streng nach dem Gesetz vor gehen und auch die Exekutive ihre Arbeit machen lassen. Da genügt die österreichische Gesetzeslage. Veränderungen können wir hier nicht beobachten. Es ist allerdings so, dass es sehr viele Großquartiere gibt, wo hunderte, tausende Menschen in einer Halle leben und hier muss man sehen, dass man sie möglichst schnell auflöst und Menschen in betreute übersichtlichere Quartiere bringt, um hier nicht Effekte zu erzeugen, die man nicht will. Hier geht es um die Betreuungsqualität und es macht keinen Sinn sich um die Kultur Gedanken zu machen, wenn man Bedingungen herstellt, die so etwas fördern.“

Gibt es die Gefahr einer gesellschaftlichen Spaltung?

„Die Gefahr der Spaltung ist da, denn es versuchen zu viele mit dieser Flüchtlingskrise ihr politisches Süppchen zu kochen. Was in Österreich gelungen ist, dass es bisher gelungen ist, vor allem mit Hilfe der Zivilgesellschaft die Menschen unterzubringen. Dass es noch nicht perfekt ist, dass es noch viele Menschen in Großquartieren gibt, ist ein Punkt davon. Wichtig wäre es, alles daran zu setzen in Österreich, die Integration voran zu treiben, das heißt die Menschen, die hier sind sofort Deutsch-Kurse zur Verfügung stellen und sofort für den Arbeitsmarkt fit zu machen. Denn jeder, der integriert ist ,der für sich selbst sorgen kann und eine Perspektive hat, belastet sozusagen das österreichische Gesamtsystem nicht. Um die Nummer der Flüchtlinge zu senken, braucht es eine gesamteuropäische Lösung. Mit Sorge sehe ich die Staaten immer nationaler werden, obwohl es nun mehr Europa braucht denn je. Die Situationen im Nahen Osten können nur durch die Anstrengung der EU erreicht werden. … Wir brauchen mehr und nicht weniger Europa.“
(rv 20.01.2016 no)
http://de.radiovaticana.va/news/2016/01/...rgrenze/1202405




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