Wie sieht Papst Franziskus das Zweite Vatikanische Konzil? – Kardinal Sarah ins Gefängnis? 21. Januar 2016 0
Was denkt Papst Franziskus über das Zweite Vatikanische Konzil? (Rom) Wie hält es Papst Franziskus mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil? Das war jüngst Thema bei Il Sismografo (Der Seismograph), einem inoffiziellen Pressespiegel des vatikanischen Staatssekretariats im Internet. Der „Seismograph“ provoziere „kleine Erdbeben“ schrieb der Vatikanist Sandro Magister. Das jüngste „Erdbeben“ betrifft „nichts geringeres als die Hermeneutik, mit der Papst Franziskus das Zweite Vatikanische Konzil interpretiert und anwendet“.
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Die handelnden Personen in der Sache sind: Luis Badilla Morales, der Chefredakteur von Il Sismografo, ein Chilene, der „Minister der Regierung Allende war und seit 1973 im politischen Exil in Europa“ lebt (Terre d’America) und viele Jahre für Radio Vatikan arbeitete; Massimo Faggioli, Kirchenhistoriker und ein führender Vertreter der progressiven „Schule von Bologna“ um Giuseppe Alberigo, für die das Zweite Vatikanische Konzil ein positiver „Bruch“ und „Neubeginn“ in der Geschichte der Kirche war; Agostino Marchetto, Kurienerzbischof und ehemaliger Diplomat sowie gewichtigster Kritiker der „Schule von Bologna“ – und langjähriger Freund von Papst Franziskus. Marchetto ist ein Vertreter der „Hermeneutik der Kontinuität“ im Sinne von Papst Benedikt XVI.
„Der Papst kennt keine Unsicherheiten, wie das Konzil zu interpretieren ist“
Luis Badilla Morales, Minister unter Allende, seit 1973 im „politischen Asyl“ in Rom Am 14. Januar veröffentlichte Il Sismografo ein begeistertes Interview mit Faggioli, das Badilla und der Herausgeber der Internetseite, Francesco Gagliano, führten.
Faggioli behauptete darin, Papst Franziskus „spricht sehr wenig vom Konzil“, weil „er es macht, es ständig umsetzt, und die faszinierendste Sache dabei ist, daß er nie ein Interesse an der Frage der Hermeneutik des Konzils gezeigt hat“. Vielmehr sei Franziskus „der erste Papst, der keine Unsicherheiten dazu hat, wie das Konzil zu interpretieren ist“. Das komme daher, daß der Papst, laut Faggioli, wie folgt über das Konzil denke: „Wir haben es jetzt in der Hand und wir interpretieren es, ohne Streitigkeiten von vor 30 oder 40 Jahren wiederaufzumachen“.
Die Begeisterung von Faggioli und seiner beiden Interviewer „erklärt sich, weil sie die Interpretation des Zweiten Vatikanischen Konzils durch Papst Franziskus mit jener der ‚Schule von Bologna‘ gleichsetzen“, so der Vatikanist Sandro Magister.
„Nicht wahr“, daß Papst Franziskus kein Interesse an der Frage der Konzils-Hermeneutik hat
Prompt reagierte Kurienerzbischof Marchetto, der die „Schule von Bologna“ und ihre Lesart des Zweiten Vatikanischen Konzils einer systematischen Kritik unterzogen hatte. Nur drei Stunden nach der Veröffentlichung des Interviews ging in der Redaktion des Sismografo eine Replik von Msgr. Marchetto ein, die kommentarlos veröffentlicht wurde.
Kurienerzbischof Agostino Marchetto, Hermeneutiker der Kontinuität und Freund von Papst Franziskus Deren Vertreter ignorieren das Schreiben jedoch und behaupten weiterhin Papst Franziskus als einen der Ihren und damit in Sachen Konzil eine Deckungsgleichheit des päpstlichen Denkens mit jenem der „Schule“.
Die Internetseite Il Sismografo scheint nicht unter den offiziellen Medien des Heiligen Stuhls auf, ist aber dessen direkte Gründung. Sie wird von Journalisten von Radio Vatikan geleitet und betrieben und steht unter der Aufsicht des Staatssekretariats, bis das neue Kommunikationssekretariat unter Präfekt Dario Viganò, dem bisherigen Direktor des vatikanischen Fernsehsender CTV, einsatzbereit sein wird.
Die Neutralität zugunsten der Parteinahme aufgegeben
Aufgabe des Ende Januar 2012 gegründeten Sismografo ist es, Artikel anderer Medien über Papst Franziskus und den Heiligen Stuhl vollinhaltlich in fünf Sprachen zu übernehmen und zu verbreiten. Bis vor kurzem geschah dies ohne eigene Beiträge und unkommentiert.
„Seit einigen Monaten aber haben sich die Dinge geändert. Luis Badilla Morales, der Hauptverantwortliche der Seite greift immer häufiger mit seinen Kommentaren ein, die alles sind, aber nicht neutral“, so Magister.
Er wurde von Anfang an mit der Leitung der Seite beauftragt und ist seit einigen Monaten bei TV2000, dem Fernsehsender der Italienischen Bischofskonferenz, omnipräsent. Besonders intensiv trat er während der Bischofssynode im vergangenen Oktober in Erscheinung. Auf welcher Seite der Barrikade er steht, daraus machte er kein Hehl.
Ohne Kommentar hingegen, verbreitete er die „Enthüllung“ des päpstlichen Hausvatikanisten Andrea Tornielli von einer angeblichen „Konspiration“ gegen Papst Franziskus. Als „Verschwörer“ machte er die „dreizehn Kardinäle“ aus, die bei Papst Franziskus mit einem Brief gegen die Geschäftsordnung der Bischofssynode protestierten und gegen den Eindruck, nur mehr „vorgefertigte Ergebnisse“ abwinken zu sollen. Sie hielten dem Kirchenoberhaupt vor, daß die Bischofssynode manipuliert werden solle.
Faggioli kann in Vatikan-Medium Gefängnis für Kardinal Sarah fordern
Massimo Faggiolis Buch über Papst Franziskus: Tradition in Transition Als Sandro Magister die behauptete „Verschwörung“ als Unterstellung entlarvte, kam der ganze Zorn der Papst-Entourage zur Explosion, weil die Kardinäle den ursprünglichen Synoden-Plan zu Fall gebracht hatten. Auch Badilla konnte sich nicht mehr zurückhalten und schrieb mehrere persönliche, „sehr polemische“ Kommentare gegen die Kardinäle, die den Brief an den Papst unterzeichnet hatten und die bei der Synode zu den entscheidenden Synodenvätern gehörten, die sich der Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion und der Anerkennung der Homosexualität widersetzten.
Schützenhilfe erhielt Badilla dabei von Faggioli, der an der University of St. Thomas in Minneapolis Geschichte des Christentums und an der Villanova Univesity von Philadelphia Theologie lehrt. Faggioli griff die Kardinäle-Synodalen noch schärfer an und ging soweit, für einen der dreizehn Unterzeichner, für Kardinal Robert Sarah, den Präfekten der Gottesdienstkongregation, sogar nach dem Gefängnis zu schreien. Faggioli gerierte sich mit Schaum vor dem Mund als Denunziant und behauptete, der afrikanische Kardinal habe bei seinen Wortmeldungen in der Synodenaula Dinge gesagt, „die in einigen westlichen Demokratien strafrechtlich relevant“ seien.
Seine Breitseite feuerte Faggioli aus den Spalten der Huffington Post ab. Badilla übernahm die untergriffige Forderung, einen Kardinal der Kirche und Präfekten der Römischen Kurie, für eine nichtöffentliche Äußerung in Verteidigung der kirchlichen Morallehre ins Gefängnis zu wünschen, kommentarlos beim Sismografo, einer inoffiziellen Seite des Staatssekretariats.
Schlagabtausch: Liturgiker Grillo macht sich über Papst-Briefe lustig
Faggioli, sollte sich damit eigentlich für jede Zusammenarbeit mit kirchlichen Einrichtungen selbst diskreditiert haben. Doch bei Badilla ist er auch weiterhin ein gern gesehener Gast und Interviewpartner, wie jüngst vor wenigen Tagen. Eine gemeinsame Gesinnung schweißt zusammen.
Durch das Interview wurde das Augenmerk auf das Verhältnis von Papst Franziskus zum Zweiten Vatikanischen Konzil gelenkt. Am Tag nach dem Schlagabtausch zwischen Faggioli und Kurienerzbischof Marchetto veröffentlichte der Sismografo kommentarlos die Stellungnahme von Andrea Grillo, einem bekannten Theologen und Professor für Liturgiewissenschaften an der römischen Hochschule der Benediktiner Sant’Anselmo.
Grillo eilte Faggioli zu Hilfe und machte sich sogar über die beiden Briefe von Papst Franziskus lustig, die er als bloße Kurienprodukte abtat. Papst Franziskus sei „nicht Traditionalist“, so Grillo, sondern ein „Post-Liberaler“. Konkret meinte der Liturgiker damit, daß die Hermeneutik der Kontinuität, wie sie Marchetto und Benedikt XVI. vertreten, eine „traditionalistische“ Lesart des Konzils sei. Franziskus aber mit „Traditionalismus“ in Verbindung zu bringen, das sei ja schließlich wirklich lächerlich.
Franziskus: Zweites Vaticanum heißt, „das Evangelium im Licht der zeitgenössischen Kultur neu zu lesen“
„In der Tat ist es leicht, in den Worten und Gesten von Franziskus Anhaltspunkte zu finden, die ihn vielmehr in die Nähe zu den Thesen der Schule von Bologna rücken“, so Magister.
Einen expliziten Anhaltspunkt lieferte Franziskus im Interview der Civiltà Cattolica von September 2013. Darin bezeichnete er das Konzil als „einen Dienst am Volk“, der darin bestehe „das Evangelium im Licht der zeitgenössischen Kultur neu zu lesen“.
„Nachdem dieses Interview erschienen war, wurde der Papst vertraulich darauf hingewiesen, daß die Verkürzung des Konzils auf ein solches Verständnis zumindest ‚unpräzise‘, wenn nicht ‚falsch‘ sei“, so Magister. Dieser Hinweis für den Papst kam von Kurienerzbischof Marchetto, der früher faktisch der „Einwanderungsminister“ des Vatikans war und daher mit Migrationsfragen zu tun hatte. Ein Thema, das schon Jorge Mario Bergoglio wichtig war und so lernte man sich kennen. „Die beiden befreundeten sich in gegenseitiger Wertschätzung“, so Magister. Marchetto wohnt im römischen Klerushaus in der Via della Scrofa auf Zimmer 204. Bergoglio belegte früher die Nummer 203, wenn er sich in Rom aufhielt.
Franziskus ließ sich von seinem Freund die Kritik an seiner Interview-Aussage erklären. Daraus folgte der Brief an Marchetto, mit dem der Papst seine September-Aussage korrigierte und die Veröffentlichung des Briefes erlaubte, was Marchetto am 13. November 2013 tat.
Kampf um die Deutungshoheit des Konzils
Don Dossetti mit dem späteren italienischen Ministerpräsdenten und EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi Drang nach links: Don Dossetti mit dem späteren EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi Die „Schule von Bologna“ läßt aber nicht locker. Immerhin geht es um die Deutungshoheit des Konzils, die mit jahrelanger Ellbogentechnik errungen wurde. Erst durch die Wahl von Papst Benedikt XVI. wurde ihr von höchster Stelle entgegengetreten und ihr Monopol in Frage gestellt. Ein Monopol, das nicht unwesentlich mit Unterstützung der Deutschen Bischofskonferenz zustande gekommen war.
Der Brief an Marchetto war eine klare schriftliche Aussage, der aber eine Reihe anderer Gesten und Worte entgegensteht. Damit wurde die Ambivalenz von Papst Franziskus im Umgang mit dem Konzil nicht aufgelöst. Die „Schule von Bologna“ kann ihrerseits auf päpstliche Gesten zu ihren Gunsten verweisen. Dazu zählt die jüngst erfolgte Ernennung von Corrado Lorefice, einem Vertreter der „Schule von Bologna“, zum neuen Erzbischof von Palermo.
Lorefice schrieb ein Buch über Don Giuseppe Dossetti und Kardinal Giacomo Lercaro. Dossetti war ein ehemaliger linkskatholischer Politiker, der dann Priester wurde und beim Konzil als technischer Organisator der progressiven „Rheinischen Allianz“ galt. Aufgrund seiner parteipolitischen und parlamentarischen Erfahrung, versuchte er das Konzil über die Geschäftsordnung zu steuern. Ein Aspekt, der den allermeisten Konzilsvätern so fremd war, daß er von ihnen nicht einmal wahrgenommen wurde.
Kardinal Lercaro war Erzbischof von Mailand und der italienische Hauptvertreter der „Rheinischen Allianz“. Lercaro wurde einer der vier Konzils-Moderatoren und von 1964-1957 Vorsitzender des Consilium ad exsequendam Constitutionem de Sacra Liturgia, des Rats zur Umsetzung der Konstitution über die heilige Liturgie. Sekretär des Rates, der für die Liturgiereformen von 1965 und 1969 verantwortlich zeichnet, war Pater Annibale Bugnini. Lercaro wurde zwar 1967 nach einer Rede über den Vietnamkrieg, wegen internationaler diplomatischer Verwicklungen mit den USA, von Papst Paul VI. als Vorsitzender abberufen, blieb aber Ratsmitglied.
Paul VI., Giuseppe Dossetti und die „Rheinische Allianz“
Papst Paul VI. mit Konzilsgeneralsekretär Pericle Felici Der Kirchenhistoriker Alberto Melloni und derzeitige Leiter der „Schule von Bologna“ gab jüngst eine neue Parole aus. Auch Papst Paul VI. habe Dossetti geschätzt und seine Art der Abstimmungen bis zur letzten Stimme, um eine neue „synodale“ Kirche zu schaffen. Bisher war Paul VI. ein Lieblingshaßobjekt der „Schule“. Papst Montini wird vorgeworfen, daß der radikale Umbau der Kirche auf halbem Weg steckengeblieben und eine „restaurative“ Phase unter Johannes Paul II. und Benedikt XVI. möglich geworden sei. Mehr noch: Paul VI. habe bereits „restaurative“ Züge getragen, die Reformen gebremst und mit der Enzyklika Humanae vitae einen „Rückschritt“ vollzogen.
Als Melloni, zwei Tage nach Abschluß der außerordentlichen Bischofssynode am 21. Oktober 2014 im Corriere della Sera diese These aufstellte, widersprach ihm auch damals Msgr. Marchetto. Der Kurienerzbischof zitierte aus dem unveröffentlichten Tagebuch von Kurienerzbischof Pericle Felici, dem Generalsekretär des Konzils, aus dem unzweifelhaft die Abneigung Pauls VI. gegen die Manöver Dossettis hervorgeht. Felici, später zum Kardinal erhoben, sollte am 16. Oktober 1978 als Kardinalprotodiakon der Welt die Wahl von Papst Johannes Paul II. verkünden.
Die Tagebücher wurden von Marchetto, der bereits daran arbeitete, im November 2015 im Vatikanverlag veröffentlicht. Die Tagebücher sind eine wichtige neue Quelle, um eine umfassende Geschichte des Konzils schreiben zu können. Magister zitiert zur Unterstreichung drei Stellen.
Die Konzilsmoderatoren I
„Als die Moderatoren ausgewählt wurden in den Personen Agagianan, Lercaro, Döpfner und Suenens, erlaubte ich mir den Kardinalstaatssekretär (Amleto Cicognani) darauf hinzuweisen, daß es sich dabei erklärtermaßen um parteiische Männer handle, die daher wenig geeignet seien, zu ‚moderieren‘. Der Staatssekretär antwortete mir mit einem gewissen Groll. Letztendlich und nach schmerzlichen Erfahrungen war er der erste, der den bei der Auswahl der Personen gemachten Fehler anerkannte.“
Die Konzilsmoderatoren II
„Leider sind die Moderatoren nicht nur einmal wenig kluge Wege gegangen. Sie haben begonnen auf eigene Faust zu handeln, indem sie das Generalsekretariat übergingen und sich der Arbeit Don Dossettis bedienten, den Kardinal Lercaro als Sekretär der Moderatoren vorgestellt hat. Ich ließ gewähren, bis die Probleme sichtbar wurden… Dann habe ich bei Kardinal Agagianan protestiert und daran erinnert, daß der Sekretär der Moderatoren laut Geschäftsordnung der Generalsekretär ist und ich keinen Ersatz zulasse, außer der Papst will es, und daß ich für nichtig halte, was bisher von Don Dossetti gemacht worden war. Dasselbe sagte ich auch Kardinal Döpfner. Der Papst, von mir darüber informiert, sagte kategorisch, daß er Don Dossetti nicht auf jenem Posten haben will, mehr noch, daß er nach Bologna zurückkehren solle.“
Die Konzilsmoderatoren III
„Es lohnt daran zu erinnern, wieviel ich arbeiten mußte, damit in den Approbationsformeln der Dekrete durch den Papst nicht jene Konzepte der falschen Kollegialität Eingang finden, die Gegenstand der Abstimmung vom 30. Oktober waren. Man wollte den Papst darauf reduzieren, mit dem bereits Beschlossenen übereinzustimmen. Der Papst, dem ich die Sache berichtete, bemerkte dazu: ‚Es sind sie, die in Übereinstimmung mit mir sein müssen, nicht ich mit ihnen!‘ Optime dictum!“ Die „Schule von Bologna“ in Privataudienz beim Papst
Am 23. Juni 2015 wurde Alberto Melloni zusammen mit einer Vertretung des von ihm geleiteten Instituts in Bologna von Papst Franziskus in Privataudienz empfangen, „der sie erneut glauben ließ, auf ihrer Seite zu stehen“, so Magister.
Einige Monate später, am 9. November, schrieb Franziskus aber einen zweiten Brief an Kurienerzbischof Marchetto, der mit einem warmherzigen Lob für dessen Edition des Konzilstagebuches von Kardinal Pericle Felici beginnt und damit dem „radikalsten Gegenteil der Theorien von einem „Bruch“ und „Neubeginn“ durch das Zweite Vatikanische Konzil“, so Magister.
Um die Sache zu beruhigen, boten Luis Badilla und Francesco Gagliano auch Erzbischof Marchetto ein Interview über die „Interpretation und Umsetzung“ des Konzils an. Die fünf Fragen und Antworten wurden am 18. Januar von Il Sismografo veröffentlicht.
Was aber denkt Papst Franziskus wirklich über das Konzil?
Weniger klar denn je ist die Haltung von Papst Franziskus zum Zweiten Vatikanischen Konzil. Laut den Briefen und Aussagen von Kurienerzbischof Marchetto würde Franziskus die Hermeneutik des Bruchs entschieden ablehnen und sei vielmehr auf der Linie der Hermeneutik der Kontinuität von Papst Benedikt XVI. Dieser Eindruck wird allerdings nur in den beiden Briefen an Marchetto vermittelt, ansonsten weder durch seine Aussagen oder Handlungen noch in seinen Beteuerungen gegenüber den Vertretern der „Schule von Bologna“ bestätigt.
Letztendlich könnte man den Eindruck gewinnen, der Papst wolle seinen jeweiligen Gesprächspartnern „gefallen“ und ihnen eine Freude bereiten. Ist es Erzbischof Marchetto, so lobt er ihn und stellt sich an seine Seite. Sind es die Vertreter der „Schule von Bologna“, so lobt er diese und stellt sich an ihre Seite. Ist es nur eine Form, einer als störend empfundenen Diskussion aus dem Weg zu gehen? Oder ist das Konzil für Franziskus einfach „Schnee von gestern“, wie ein progressiver Vatikanist in dem Sinne meinte, daß sich die progressive Agenda gar nicht mehr damit aufhalten müsse?
Was also denkt der Papst wirklich über eine zentrale Frage der jüngsten Kirchengeschichte, zu der die Meinungen kaum gegensätzlicher sein könnten. Ein Ereignis, das die einen erst „zur Hälfte“ umgesetzt sehen, andere es so als „alternativlos“ behaupten und von den „Früchten des Konzils“ sprechen, die wieder andere trotz Anstrengung nirgends finden können und manche es gar für den Brandbeschleuniger der Kirchenkrise halten.
Text: Giuseppe Nardi Bild: CR/TV2000/vatican.va/romanoprodi (Screenshots)
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