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  • 03.02.2016 00:39 - „Wer Jesus wirklich begegnet, kann nicht so bleiben wie er vorher war“
von esther10 in Kategorie Allgemein.

„Wer Jesus wirklich begegnet, kann nicht so bleiben wie er vorher war“
Papstpredigt bei der Messe zum Abschluss des Jahres der Orden — Volltext

2. FEBRUAR 2016


Messe Zum Abschluss Des Jahres Der Orden / © CTV - OSSERVATORE ROMANO

Wir dokumentieren im Wortlaut die Predigt von Papst Franziskus bei der Messe zum Abschluss des Jahres der Orden, die am heutigen Nachmittag im römischen Petersdom gefeiert wurde. Die Übersetzung wurde auf der Webseite des deutschen Programms von Radio Vatikan veröffentlicht.

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Heute haben wir eine einfache, gütige und großartige Begebenheit vor Augen: Jesus wird von Maria und Josef zum Tempel von Jerusalem gebracht. Er ist ein Kind wie viele andere, und doch ist er einzigartig: Er ist der eingeborene Sohn, der für alle auf die Erde gekommen ist. Dieses Kind hat uns die Barmherzigkeit und Zärtlichkeit Gottes gebracht, Jesus ist das Antlitz der Barmherzigkeit des Vaters. Dies ist das Symbol, das uns das Evangelium zum Ende des Jahres der Orden bietet, eines Jahr, das mit viel Enthusiasmus gelebt wurde. Wie ein Fluss mündet es nun in das Meer der Barmherzigkeit, in dieses riesige Geheimnis der Liebe, das wir mit dem außerordentlichen Heiligen Jahr erleben.

Das heutige Fest wird, insbesondere in der östlichen Tradition, das Fest der Begegnung Christi [Darstellung des Herrn] genannt. In der Tat, im heutigen Evangelium gibt es mehrere Begegnungen. Im Tempel geht Jesus uns entgegen und wir ihm. Denken wir an das Treffen mit dem alten Simeon, der für das treue Warten Israels und den Jubel des Herzens über die erfüllten Versprechen steht. Wir bestaunen auch das Treffen mit der alten Prophetin Anna, die beim Anblick des Jesuskindes in Freude ausbricht und Gott lobt. Simeon und Anna sind die Erwartung und die Prophezeiung, Jesus ist die Neuigkeit und die Vollendung. Er tritt vor uns als die ewige Überraschung Gottes, in diesem Kind, das für alle geboren ist, treffen sich die Vergangenheit, die aus Erinnerungen und Versprechen besteht und die Zukunft, die voller Hoffnung ist.

Darin können wir den Beginn des geweihten Lebens sehen. Die Ordensmänner und -frauen sind vor allem dazu aufgerufen, Menschen der Begegnung zu sein. Die Berufung ist kein Projekt, das vom Schreibtisch aus erdacht wird, sondern eine Gnade des Herrn, die uns durch eine lebensverändernde Begegnung zuteilwird. Wer Jesus wirklich begegnet, kann nicht so bleiben wie er vorher war. Er ist die Neuigkeit, die alle Dinge neu macht. Wer diese Begegnung lebt, wird zum Zeugen und macht die Begegnung für andere möglich. Er macht sich auch zum Stifter einer Kultur der Begegnung, indem er die Selbstbezogenheit vermeidet, die uns in uns selbst verschließt.

Der Ausschnitt aus dem Hebräerbrief, den wir gehört haben, erinnert uns daran, dass Jesus selbst, um uns zu treffen, nicht gezögert hat, unsere menschliche Existenz zu teilen. „Da nun die Kinder Menschen von Fleisch und Blut sind, hat auch er in gleicher Weise Fleisch und Blut angenommen“ (Hebr 2, 14). Jesus hat uns nicht „von außen“ gerettet, er ist bei unserem Drama nicht außen vor geblieben, sondern er wollte unser Leben teilen. Die Ordensleute sind dazu aufgerufen, ein konkretes und prophetisches Zeichen dieser Nähe Gottes zu sein, dieses Teilens der Schwäche, der Schuld und der Wunden des Menschen unserer Zeit. Alle Formen des Ordenslebens sind, jede nach ihren Eigenheiten, dazu aufgerufen, permanent auf Mission zu sein, und die „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art“ zu teilen (Gaudium et spes, 1)

Im Evangelium heißt es: „Sein Vater und seine Mutter staunten über die Worte, die über Jesus gesagt wurden“ (Lk 2, 33). Josef und Maria bewahren dieses Staunen über die Begegnung voller Licht und Hoffnung für alle Völker. Auch wir als Christen und geweihte Menschen sind Hüter des Staunens. Ein Staunen, das immer wieder erneuert werden muss. Wehe, das spirituelle Leben wird zur Gewohnheit, wehe wir machen unsere Charismen zu einer abstrakten Doktrin: Die Charismen der Gründer, wie ich schon oft gesagt habe, sind nicht in einer Flasche zu versiegeln, sie sind keine Museumsstücke. Unsere Gründer sind vom Heiligen Geist bewegt worden und hatten keine Angst davor, sich im Alltagsleben die Hände schmutzig zu machen, sich den Problemen der Leute zu widmen, mutig an die existenziellen und geographischen Peripherien zu gehen. Sie haben sich nicht aufhalten lassen von den Hindernissen und dem Unverständnis der anderen, weil sie im Herzen das Staunen über die Begegnung mit Christus bewahrt haben. Sie haben die Gnade des Evangeliums nicht gezähmt, sie hatten im Herzen immer eine gesunde Unruhe für den Herrn, einen zehrenden Wunsch, ihn zu den anderen zu bringen, so wie es Maria und Josef im Tempel getan haben. Auch wir sind heute aufgerufen, prophetische und mutige Entscheidungen zu treffen.

Schlussendlich lernen wir von dem Fest heute, dankbar für die Begegnung mit Jesus und für die Gabe der Berufung zum geweihten Leben zu sein. Dankbar sein, sich bedanken: Eucharistie. Wie schön ist es, wenn wir das glückliche Gesicht von Ordensleuten sehen, die vielleicht schon älter sind, wie es Simeon und Anna waren. Die zufrieden sind und voller Dankbarkeit für die eigene Berufung. In diesem Wort kann sich alles verdichten, was wir in diesem Jahr der Orden erlebt haben: Dankbarkeit für das Geschenk des Heiligen Geistes, der stets die Kirche durch ihre verschiedenen Charismen anregt.

Das Evangelium endet mit diesem Ausdruck: „Das Kind wuchs heran und wurde kräftig; Gott erfüllte es mit Weisheit, und seine Gnade ruhte auf ihm“ (Lk 2, 40). Möge der Herr Jesus dank der mütterlichen Fürsprache Mariens in uns wachsen und in jedem den Wunsch nach der Begegnung steigern, das Staunen bewahren und die Freude der Dankbarkeit. Und somit werden andere von seinem Licht angezogen und können der Barmherzigkeit des Vaters begegnen.
http://de.zenit.org/articles/wer-jesus-w...-er-vorher-war/
(Quelle: Radio Vatikan, 02.02.2016)





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