In Deutschland werden Tausende Flüchtlingskinder vermisst Von VICE Staff
Februar 3, 2016
Zum 1. Januar 2016 galten in Deutschland 4.749 minderjährige Flüchtlinge als vermisst. Das teilte eine Sprecherin des Bundeskriminalamts der Mitteldeutschen Zeitung mit. Mehr als 400 der Vermissten seien jünger als 13 Jahre, der Großteil zwischen 14 und 17 Jahren alt. Besonders besorgniserregend: Vor einem halben Jahr, am 1. Juli 2015, waren es noch 1.637 Vermisste—die Zahl hat sich also verdreifacht.
Die Sprecherin betonte, dass diese Zahlen aber teilweise starken Schwankungen ausgesetzt seien, weil Vermisste nach kurzer Zeit wieder auftauchten. Mehrfachregistrierungen seien ebenfalls häufig, da es sich bei vielen der Vermissten um Minderjährige handelt, die unbegleitet nach Deutschland geflohen waren.
Deutschland ist nicht das einzige Land, in dem immer mehr minderjährige Flüchtlinge verschwinden: Die europäische Polizeibehörde Europol hatte erst vor wenigen Tagen gemeldet, dass in den vergangenen zwei Jahren in ganz Europa mindestens 10.000 allein reisende Flüchtlingskinder vermisst wurden. Das sei noch „eine zurückhaltende Schätzung", erklärte der Europol-Chef Brian Donald gegenüber dem britischen Guardian.
Es gebe auch erste Hinweise darauf, dass unbegleitete Flüchtlingskinder Opfer von organisierter Kriminalität und sexuellem Missbrauch geworden seien—vor allem in Deutschland und Ungarn. „In den letzten 18 Monaten hat sich eine komplette [kriminelle] Infrastruktur um die Ausbeutung der Migrationsströme gebildet", erklärte Donald. Oftmals seien dieselben Netzwerke, die sich als Schlepper-Ringe gebildet hätten, jetzt auch in die sexuelle Ausbeutung minderjähriger Flüchtlinge involviert.
Europol war auf die Fälle aufmerksam geworden, nachdem mehrere auf der Balkanroute tätige Organisationen die Behörde kontaktiert hatten, weil sie sich Sorgen um stetig wachsende Zahl verschwindender Flüchtlingskinder machten. „Sie haben uns um Hilfe gebeten, herauszuarbeiten, wie diese Kinder identifiziert und in die kriminelle Strukturen eingeführt werden." Ein großes Problem sei, dass das meistens innerhalb der Gruppe geschehe: „Diese Kinder sind in der Gemeinschaft—wenn sie missbraucht werden, dann in der Gemeinschaft. Die werden nicht weggeschleppt und in irgendwelchen Wäldern festgehalten—obwohl ich den Verdacht habe, dass das manchen passiert ist—, sie sind in der Gemeinschaft, sie sind sichtbar."
Mittlerweile hat auch der Präsident des deutschen Kinderschutzbundes Heinz Hilger die Sorge geäußert, dass Tausende geflüchtete Kinder in Deutschland potenziell gefährdet seien. „Es sind durch die Umstände sehr leichte Opfer", erklärte Hilger im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau. Und er macht der Asylpolitik der Bundesregierung massive Vorwürfe, weil diese durch die Begrenzung des Familiennachzuges das Problem noch verschärfe. „Die erste Möglichkeit, dem Missbrauch von Flüchtlingskindern zu begegnen, ist eine geordnete Flucht", erklärte er. „Und da ist natürlich das, was die Bundesregierung mit der Begrenzung des Familiennachzugs macht, nicht hilfreich. Denn die ganzen Kinder- und Frauenrechte werden ausgehebelt mit dem Taschenspielertrick, dass es ein paar Menschen in Syrien gibt, die einen subsidiären Schutz haben." http://www.vice.com/de/read/in-deutschla...er-vermisst-029
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