Stadt will reagieren„Unzumutbare hygienische Zustände“: Flüchtlinge treten in Hungerstreik Mittwoch, 10.02.2016, 20:49 · von FOCUS-Online-Autorin Ida Haltaufderheide
uch in anderen Städten gab es schon Hungerstreiks von Flüchtlingen - hier in München
In Stuttgart sind viele Flüchtlinge notdürftig in Schulen und Turnhallen untergebracht. In einer der Unterkünfte häufen sich die Beschwerden. Es sei dort so dreckig, dass viele Kinder krank geworden sind. Nun haben 100 Syrer einen Hungerstreik angekündigt.
„Wir leiden hier“, „Alle Kinder sind krank“, „Behandelt uns als Menschen“ – Mit handgemalten Plakaten hat der Protest begonnen, nun wollen sie das Essen verweigern: Im Stuttgarter Osten haben rund 100 syrische Flüchtlinge einen Hungerstreik angedroht. Sie klagen über Versorgungsmängel und schlechte Hygiene in ihrer Notunterkunft.
„Es gibt keine Seife, häufig auch kein Toilettenpapier, weil nur alle zehn Tage aufgefüllt wird“, sagte eine Bewohnerin den „Stuttgarter Nachrichten“. Ein Familienvater klagte gegenüber der Zeitung: „Unsere Kinder müssen sich vom Essen übergeben, sind alle krank. Es ist auch viel zu kalt.“
Auch eine ehrenamtliche Helferin bestätigte laut dem Zeitungsbericht die Missstände: „Es breiten sich Krankheiten aus“, sagte sie. Weiter heißt es, viele der mehr als 50 Kinder und Jugendlichen hätten bereits ärztlich behandelt werden müssen – auf eigene Kosten.
Notlösung wurde zum Dauerzustand
Seit November leben die Syrer in der Turnhalle der Stuttgarter Raichberg-Realschule. Die Unterbringung dort sollte eine Notlösung sein, doch der Bau neuer Unterkünfte zog sich in die Länge.
„Wir werden das Essen ab sofort verweigern, bis endlich mal ein Zuständiger herkommt und mit uns spricht“, sagte ein Sprecher der Flüchtlingsgemeinschaft am Dienstag den „Stuttgarter Nachrichten“. Bisher seien alle Versuche, mit Verantwortlichen über die Missstände zu sprechen, fehlgeschlagen. Auch treffe man in der Unterkunft keine Sozialarbeiter, nur Sicherheitsleute.
Behörden bestreiten die Vorwürfe
Ein Sprecher der Stadt wies die Vorwürfe zurück. FOCUS Online sagte er: „In der Halle ist sowohl ein privater Sicherheitsdienst eingesetzt als auch Sozialarbeiter der Caritas und der Evangelischen Gesellschaft.“ Wären die Bedingungen vor Ort tatsächlich so dramatisch, hätten diese längst das Sozialamt und das Gesundheitsamt informieren müssen, „derartige Missstände sind uns aber neu“.
Auch in den Betreiber der Anlage hat die Stadt großes Vertrauen. Er ist für die Versorgung mit Lebensmitteln und die hygienischen Bedingungen in der Unterkunft verantwortlich. „Der Betreiber ist sehr erfahren und zuverlässig“, sagte der Stadtpressesprecher. Man könne sich kaum vorstellen, dass er seine Pflichten derart vernachlässige.
Er weist außerdem darauf hin, dass die Flüchtlinge im Zweifelsfall auch ihr Taschengeld nutzen könnten, um Dinge des alltäglichen Bedarfs nachzukaufen, wenn etwas Wichtiges fehlt.
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Trotzdem werde man die Beschwerden gründlich überprüfen. Am Mittwochnachmittag trafen sich Mitarbeiter der Stadt, des Gesundheits- und des Sozialamtes vor Ort. Sie wollten sich selbst ein Bild machen und mit den Betroffenen sprechen.
Nicht der erste Hungerstreik in Stuttgart
Der örtliche Malteser Hilfsdienst teilte am Mittwochabend mit, nur jeder vierte Flüchtling habe am Donnerstag etwas gegessen. Inzwischen habe sich die Lage aber weitestgehend normalisiert.
Nichtsdestotrotz ist auch den Verantwortlichen bei der Stadt klar, dass die Unterbringung von Flüchtlingen in Turnhallen problematisch ist. Bereits im Dezember hatten Flüchtlinge bei einem Pressetermin den Oberbürgermeister Fritz Kuhn gebeten, diese Form der Massenunterbringung zu beenden. Derzeit mangele es aber an Alternativen, heißt es seitens der Stadt.
Die Behörden hoffen, die Situation durch eine positive Ankündigung entspannen zu können: „Am 22. Februar können die Syrer aus der Raichberg-Turnhalle in neue Systembauten umziehen“, sagte der Stadtpressesprecher FOCUS Online. Nach 10 Monaten sei der Bau dieser besseren Unterkünfte nun endlich abgeschlossen. Die Turnhalle wird dann allerdings erneut mit anderen Flüchtlingen belegt. http://www.focus.de/politik/deutschland/...id_5274288.html
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