Zusammengefasst: die gemeinsame katholisch-orthodoxe Erklärung
Unter den Augen der Muttergottes von Kazan: Franziskus und Kyrill in Havanna - REUTERS
13/02/2016 00:15SHARE:
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Die katholische und die russisch-orthodoxe Kirche wollen angesichts der Entwicklungen der zeitgenössischen Welt in Zukunft stärker miteinander auftreten. Das ist die Essenz der gemeinsamen Erklärung, die Papst Franziskus und Patriarch Kyrill am Freitag in Havanna unterschrieben haben. Zum ersten Mal in der Kirchengeschichte trafen sich Oberhäupter der beiden Schwesterkirchen zu einem persönlichen Austausch, der zwei Stunden auf dem Flughafen von Havanna dauerte. Das dabei unterschriebene Grundlagendokument stellt erstmals eine Charta gemeinsamer Werte und Anliegen der katholischen und der russisch-orthodoxen Kirche vor, der zwei Drittel aller orthodoxen Gläubigen der Welt angehören.
Auch wenn „zahlreiche Hindernisse“ zwischen katholischer und russisch-orthodoxer Kirche andauern, drücken beide ihre Hoffnung auf eine Wiederherstellung der von Gott gewollten Einheit aus. Es folgt eine Reihe gemeinsamer Anliegen und Sorgen. Die erste ist die Christenverfolgung. Mit Blick auf Syrien und den Irak und den Terror des sogenannten „Islamischen Staates“, der in dem Dokument nicht genannt wird, rufen der Papst und der Patriarch „alle Länder auf, die in den Kampf gegen den Terrorismus involviert sind, in verantwortungsvoller und umsichtiger Weise zu handeln.“ Sie bekennen sich zum interreligiösen Dialog und weisen zugleich jeden Terror im Namen Gottes scharf zurück.
„Europa muss seinen christlichen Wurzeln treu bleiben“
Die Rede ist auch von den – mehrheitlich islamischen – Asylsuchenden in Europa. „Wir können nicht gleichgültig sein gegenüber dem Los von Millionen von Migranten und Flüchtlingen, die an die Tür der reichen Länder klopfen“, heißt es in der Erklärung. Allerdings warnen beide Kirchen gemeinsam vor einer „Integration, die die religiöse Identität nicht achtet“; damit ist die christliche Werteordnung Europas und ihre Bedrohung gemeint. „Auch wenn wir für den Beitrag anderer Religionen zu unserer Kultur offen sind, sind wir davon überzeugt, dass Europa seinen christlichen Wurzeln treu bleiben muss.“
Ehe ist zwischen Mann und Frau
Ein sorgenvoller Blick gilt auch verwandten Themen wie der Neudefinition von Familie. Orthodoxe und Katholiken teilten dieselbe Auffassung, heißt es in der gemeinsamen Erklärung: Die Familie gründe sich auf die Ehe zwischen Mann und Frau. „Wir bedauern, dass andere Formen des Zusammenlebens mittlerweile auf die gleiche Stufe dieser Verbindung gestellt werden, während die Auffassung der Vaterschaft und der Mutterschaft als besondere Berufung des Mannes und der Frau in der Ehe aus dem öffentlichen Bewusstsein ausgeschlossen wird.“ Bekräftigt wird auch das Nein zu Abtreibung, Euthanasie und künstliche Fortpflanzung.
Dankbarkeit äußern der Papst und der Patriarch über die Erneuerung des Christentums in Russland und vielen Ländern Osteuropas, während sie mit Sorge auf säkularisierte Gesellschaften des Westens blicken: dortige Verwandlungsprozesse stellten eine „schwere Bedrohung für die Religionsfreiheit“ dar bis hin zur offenen Benachteiligung von Christen.
Nein zu Proselytismus, Ja zur Zusammenarbeit
Auf religiöser Ebene bekennen sich beide Kirchen dazu, keine Gläubigen der jeweils anderen Gemeinschaft abwerben zu wollen: „Wir sind nicht Konkurrenten, sondern Geschwister“. Überraschend offen werden auch die religiös-politischen Schwierigkeiten in der Ukraine angesprochen. Katholiken und Orthodoxe seien dazu berufen, brüderlich zusammenzuarbeiten. „Von unserer Fähigkeit, in diesen schwierigen Zeiten gemeinsam Zeugnis zu geben für den Geist der Wahrheit, hängt zum großen Teil die Zukunft der Menschheit ab.“ (rv 12.02,2016 gs)
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