Pater Stefan Reiner vom Priesterseminar St. Petrus in Wigratzbad spricht über das Beichtgeheimnis Kirche · Was im Beichtstuhl passiert, bleibt im Beichtstuhl. Oder nicht? Wir haben im Priesterseminar St. Petrus nachgefragt, dort schult Pater Stefan Reiner zukünftige Priester auf die Einhaltung des Beichtgeheimnisses.
Disziplinarpräfekt Reiner Bild: Larissa Pucher
Nieselregen und Laubblätter. Es ist ein trüber Novembertag an einem kleinen Hügel in Wigratzbad. Eine Fensterreihe mit Orgelpfeifen ziert den sonnengelben Gebäudekomplex des Priesterseminars St. Petrus, im Vorgarten steht ein Jesuskreuz. Im Innern des Hauses herrscht Ruhe, ein Gefühl der Selbsteinkehr macht sich bemerkbar. Dies ist keine Kirche, aber es fühlt sich so an.
Im katholisch-christlichen Priesterseminar leben junge Männer aus 15 Nationen. Für ihre Ausbildung ist Pater Stefan Reiner (36) in seiner Rolle als Disziplinarpräfekt zuständig: "Das Leben eines Priesters, gerade in der heutigen Gesellschaft, verlangt doch einiges an Selbstdisziplin und Klarheit." Diese Fähigkeiten braucht der Priester vor allem beim sogenannten Beichtsakrament. So wird die Beichte genannt, in der der Mensch vor Gott Vergebung findet.
Der Priester muss dabei mit allen gebeichteten Missetaten umgehen können. Selbst bei schwerwiegenden Straftaten, zum Beispiel der Ermordung eines Menschen, muss ein Priester an seine Position denken: "Der Priester ist nur ein sichtbares Gegenüber. Der eigentlich Handelnde ist Gott." Daher ist es Aufgabe des Priesters, den Beichtenden auch in schweren Fällen zu echter Reue zu bewegen und ihm eine Buße aufzugeben. Buße kann auch darin bestehen, einen durch die Sünde angerichteten Schaden wiedergutzumachen. Zumindest so weit möglich.
Am Ende der Beichte erfolgt die Lossprechung von den Sünden. Die Lossprechung wird auch Absolution genannt und ist nicht verpflichtend für den Priester. Erkennt er, dass der Beichtende nicht alles bereut und seine Tat erneut begehen würde, kann er die Absolution versagen. "Ich kann jemandem nur die Vergebung Gottes zusprechen, wenn er seine Sünden auch aufrichtig bereut, sonst hat es keinen Sinn, sonst ist es ein Schauspiel", erklärt Pater Reiner.
Das Schweigen des Priesters
Diese recht anonyme Beichtsituation ist keine Selbstverständlichkeit. Der "privaten Ohrenbeichte" geht eine andere Auffassung von Schuld voraus. Im Mittelalter sollte jemand, der sich öffentlich versündigt hatte, auch öffentlich Buße ablegen. Erst später hat sich dies mehr und mehr ins Private verlagert – womit das Beichtgeheimnis an Bedeutung gewann.
Der hohe Stellenwert des Beichtgeheimnisses zeigt sich noch heute auf kirchlicher und weltlicher Seite. Bricht es ein Priester, muss er mit der Exkommunikation rechnen, dem Ausschluss aus der religiösen Gemeinschaft. Ein Priester darf vor Gericht nicht dazu gezwungen werden, gegen das Beichtgeheimnis zu verstoßen. Pater Reiner weist darauf hin, dass es absolut keine Ausnahme gibt, die einen Priester vom Beichtgeheimnis befreien würde.
Selbst bei Ankündigung eines Verbrechens, beispielsweise einer geplanten Vergewaltigung, kann ein Priester "nicht auf das Opfer zugehen und es irgendwie schützen." Ihm bleibt lediglich der Versuch, den Beichtenden in weiteren Gesprächen von seiner geplanten Tat abzubringen. Dass diese Bemühungen ausreichen, wenn ein Menschenleben in Gefahr ist, "das muss der Priester mit sich selbst und vor Gott ausmachen."
Wenn ein Geistlicher aufgrund einer Beichte Rat benötigt, gilt es, darauf zu achten, dass die Anonymität gewahrt bleibt. Pater Reiner rät seinen Auszubildenden: "Am besten man fragt einen Priester, der weit weg wohnt, dass man auch sicherstellen kann, dass diese Person nicht auch bei dem Priester zur Beichte war."
Das Beichtgeheimnis gibt daher sowohl dem Priester als auch dem Beichtenden große Sicherheit. Was im Beichtstuhl passiert, bleibt im Beichtstuhl. Eine schwere, aber schöne Aufgabe
Die Absolution stellt allerdings keine Befreiung vor der Polizei oder dem Staat dar. Jeder Priester ist dazu aufgerufen, den Menschen dazu zu bewegen, die vollen Konsequenzen seiner Tat wahrzunehmen. "Wir sind nicht diejenigen, die den Beichtenden überführen. Wir müssen darauf hinwirken, dass der es selbst tut oder dass er Dinge, die er verbrochen hat, wiedergutmacht."
Besonders wichtig ist für ihn, dass die Beichte keine reine Formsache ist. Kommt jemand zu ihm und bereut aufrichtig seine Sünden, empfindet Pater Reiner den Zuspruch im Beichtstuhl als "eine schöne Aufgabe, dem Menschen dazu zu verhelfen, vor Gott einen Neubeginn zu starten".
Bisher blieb ihm der Umgang mit einem reuelosen, schweren Sünder erspart. In seinem Beruf hört er meistens 'nur' von ganz alltäglichen Verfehlungen. Was genau Pater Stefan Reiner im Beichtstuhl zu hören bekommt, ist ein Wissen, mit dem nur er selbst umgehen darf.
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