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  • 02.03.2016 00:32 - „Man muss sich Gott mit reinen Händen nähern“
von esther10 in Kategorie Allgemein.

„Man muss sich Gott mit reinen Händen nähern“
Generalaudienz von Mittwoch, dem 2. März 2016 — Volltext

2. MÄRZ 2016
© PHOTO.VA - OSSERVATORE ROMANO



Wir dokumentieren im Folgenden in einer eigenen Übersetzung die vollständige Katechese von Papst Franziskus bei der heutigen Generalaudienz auf dem Petersplatz.

***

9. Barmherzigkeit und Verbesserung

Liebe Brüder und Schwestern, guten Tag.

In Zusammenhang mit der göttlichen Barmherzigkeit haben wir mehrmals die Gestalt des Familienvaters betrachtet, der seine Kinder liebt, ihnen hilft, für sie sorgt und ihnen vergibt. Als Vater erzieht und verbessert er sie, wenn sie einen Fehler begehen, und fördert so ihr Wachstum im Guten.

Auf diese Weise wird Gott im ersten Kapitel des Propheten Jesaia vorgestellt. Darin wendet sich der Herr als zärtlicher, aber auch aufmerksamer und strenger Vater an das Volk Israel und bezichtigt es der Untreue und Korruption, um es auf den Weg der Gerechtigkeit zurückzuführen. Unser Text beginnt mit den folgenden Worten:

„Hört, ihr Himmel! Erde, horch auf!
Denn der Herr spricht:
‚Ich habe Söhne großgezogen und emporgebracht,
doch sie sind von mir abgefallen.
Der Ochse kennt seinen Besitzer
und der Esel die Krippe seines Herrn;
Israel aber hat keine Erkenntnis,
mein Volk hat keine Einsicht.‘“ (1, 2-3)

Durch den Propheten spricht Gott mit der Bitterkeit eines enttäuschten Vaters zum Volk: Er hat seine Söhne großgezogen und sie haben sich gegen ihn aufgelehnt. Selbst die Tiere sind ihrem Herrn treu und erkennen die Hand dessen, der sie ernährt; das Volk hingegen erkennt Gott nicht wieder, es weigert sich zu begreifen. Obwohl er verletzt ist, lässt Gott die Liebe sprechen; er appelliert an das Gewissen dieser missratenen Söhne, damit sie ihr Unrecht einsehen und sich erneut lieben lassen. So handelt Gott! Er kommt uns entgegen, damit wir uns von ihm, unserem Gott, lieben lassen.

Die Vater-Sohn-Beziehung, auf die sich die Propheten in Zusammenhang mit dem Bündnis zwischen Gott und dessen Volk häufig beziehen, ist entartet worden. Die erzieherische Mission der Eltern zielt auf das Wachstum in Freiheit ab; auf die Fähigkeit, Verantwortung zu übernehmen und Werke des Guten für sich selbst und die anderen Menschen zu vollbringen. Hingegen wird die Freiheit aufgrund der Sünde zum Vorwand für Autonomie und Stolz. Letzterer führt zum Widerstand und zur Illusion der Selbstversorgung.

Vor diesem Hintergrund ermahnt Gott sein Volk: „Ihr seid vom Weg abgekommen“. Zärtlich und bitter spricht er von „meinem“ Volk. Gott verstößt uns niemals; wir sind sein Volk, auch der schlechteste Mann und die schlechteste Frau. Das schlechteste Volk besteht aus seinen Söhnen. Und das ist Gott: Niemals, niemals verstößt er uns! Er sagt immer: „Komm, mein Sohn“. Und so ist die Liebe unseres Vaters; so ist die Barmherzigkeit Gottes. Wir haben einen Vater, der uns Hoffnung und Vertrauen schenkt. Diese Zugehörigkeit sollte im Vertrauen und im Gehorsam gelebt werden; mit dem Bewusstsein, dass alles ein aus der Liebe des Vaters stammendes Geschenk ist. Dem entgegengesetzt sind Eitelkeit, Dummheit und Götzendienst.

Daher wendet sich der Prophet nun mit strengen Worten direkt an dieses Volk, um es zum Verständnis des Ernstes seiner Schuld zu führen:

„Weh dem sündigen Volk, […] den verkommenen Söhnen!
Sie haben den Herrn verlassen,
den Heiligen Israels haben sie verschmäht
und ihm den Rücken gekehrt“ (V. 4).

Die Folge der Sünde ist ein Zustand des Leidens, unter dessen Folgen auch das Land leidet, das so sehr zerstört und verwüstet wird, dass Zion – d.h. Jerusalem – unbewohnbar wird. Wo Gott und dessen Vaterschaft abgelehnt wird, ist kein Leben mehr möglich. Das Leben verliert seine Wurzeln, alles erscheint entartet und zerstört. Dennoch ist auch dieser schmerzhafte Moment auf das Heil ausgerichtet. Die Prüfung wird dem Volk zugeführt, damit es die Bitterkeit dessen erlebt, der Gott verlässt und somit die trostlose Leere einer Entscheidung für den Tod erfährt. Das Leiden als unvermeidliche Folge einer selbstzerstörerischen Entscheidung muss den Sünder zum Nachdenken anregen, um ihn für die Umkehr und die Vergebung zu öffnen.

Dies ist der Weg der göttlichen Barmherzigkeit: Gott behandelt uns nicht gemäß unserer Schuld (vgl. Ps 103,10). Die Bestrafung wird zum Werkzeug, um eine Besinnung anzuregen. So begreifen wir, dass Gott seinem Volk vergibt, Gnade schenkt und nicht alles zerstört, sondern stets das Tor zur Hoffnung offenlässt. Die Rettung setzt die Entscheidung voraus, zuzuhören und sich bekehren zu lassen, bleibt jedoch stets ein unentgeltliches Geschenk. Daher weist uns der Herr in seiner Barmherzigkeit nicht den Weg der rituellen Opfer, sondern vielmehr der Gerechtigkeit. Der Kult wird nicht deshalb kritisiert, weil er nutzlos ist, sondern weil er den Anspruch erhebt, die Umkehr zu ersetzen, anstatt sie auszudrücken; so wird er zur Suche nach der eigenen Gerechtigkeit und erzeugt die täuschende Überzeugung, dass die Opfer retten und nicht die göttliche Barmherzigkeit, die die Sünde vergibt. Zum besseren Verständnis: Wenn jemand krank ist, begibt er sich zum Arzt; wenn sich jemand als Sünder empfindet, geht er zum Herrn. Wenn jemand jedoch anstatt des Arztes einen Magier aufsucht, wird er nicht gesund. Oft gehen wir nicht zum Herrn, sondern schlagen lieber falsche Wege ein und suchen außerhalb von ihm nach einer Rechtfertigung, nach einer Gerechtigkeit, nach einem Frieden. Gott – so der Prophet Jesaja – möchte nicht das Blut der Stiere und der Lämmer (V. 11); vor allem, wenn das Opfer mit den vom Blut der Brüder beschmutzten Händen begangen wird (V. 15). Ich denke dabei an einige Wohltäter der Kirche, die mit ihrer Spende kommen – „Nehmen Sie dieses Opfer für die Kirche“ – während diese Spende Frucht des Blutes vieler durch schlecht bezahlte Arbeit ausgebeuteter, schlecht behandelter, versklavter Menschen ist. Ich werde solchen Leute sagen: „Bitte, nimm deinen Scheck zurück, verbrenne ihn!“ Das Volk Gottes, das heißt die Kirche, braucht kein schmutziges Geld, es braucht Herzen, die für die Barmherzigkeit Gottes offen sind. Man muss sich Gott mit reinen Händen nähern, das Böse vermeiden, Gutes tun und Gerechtigkeit üben. Wie schön ist der letzte Teil der Worte des Propheten:

„Hört auf, […] Böses zu tun!
Lernt, Gutes zu tun!
Sorgt für das Recht!
Helft den Unterdrückten!
Verschafft den Waisen Recht,
tretet ein für die Witwen!“ (VV. 16-17).

Denkt an die vielen in Europa landenden Flüchtling, die nicht wissen, wohin sie gehen sollen. Dazu sagt der Herr, dass selbst die scharlachroten Sünden weiß wie Schnee und weiß wie Wolle werden und sich das Volk von den Gütern der Erde ernähren und in Frieden leben kann (V. 19).

Dies ist das Wunder der Vergebung Gottes; die Vergebung Gottes, des Vaters, die er seinem Volk schenken will. Die Barmherzigkeit Gottes wird allen geschenkt, und diese Worte des Propheten gelten auch heute noch für uns alle. Wir sind dazu berufen, wie Kinder Gottes zu leben.
https://de.zenit.org/articles/man-muss-s...aenden-naehern/
[Übersetzt aus dem Italienischen von Sarah Fleissner]



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