Syrien: Fünf Jahre Albtraum und ein Silberstreifen am Horizont
Idlib, 9. März 2015, in einer Schule - REUTERS
10/03/2016
Vor fünf Jahren begann der syrische Bürgerkrieg – und erst jetzt sorgen eine Waffenruhe und neue Friedensgespräche allmählich für etwas Licht am Horizont. Der UNO-Sonderbeauftragte für die Friedensgespräche, Staffan de Mistura, will in Genf eine neue Runde zustande bringen, damit der Waffenstillstand verstetigt und in einen politischen Prozess überführt werden kann.
Schon seit zwei Wochen schweigen die Waffen, jedenfalls weitgehend. „Es kommt zu Brüchen der Waffenruhe, kein Zweifel; ich rechne sogar mit noch mehr Zwischenfällen, weil kleinere Gruppen ein Interesse daran haben könnten, den Prozess zu sabotieren. Die Frage ist, ob die Kriegsparteien es hinbekommen, diese Störer einzudämmen. Immerhin: Im Vergleich mit den letzten fünf Jahren ist das jetzt ein ziemlich neues Bild. Ungenügend – aber ein ziemlicher Wandel für das Leben eines jeden Syrers!“
Mehr als 250.000 Menschen sind im syrischen Konflikt bisher ums Leben gekommen; die Welt erlebt außerdem die schlimmste Flüchtlingskrise seit den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg. Aus vielen Teilen Syriens ist jetzt zu hören, dass Menschen wieder etwas Mut fassen und Kriegsschäden zumindest notdürftig flicken. Im immer noch weitgehend belagerten Aleppo konnte die Wasserversorgung wiederhergestellt werden.
UNICEF ist besonders besorgt über die Lage von Kindern in Syrien. Die Nichtregierungsorganisation „Save the Children“ macht in einem neuen Bericht darauf aufmerksam, dass über eine Viertelmillion Kinder in belagerten Ortschaften des Landes akut von Hunger oder Krankheiten bedroht sind. Die Kinder, wie überhaupt die Menschen in diesen Ortschaften lebten praktisch „in einem Gefängnis“, so der Regionalsprecher des Verbands, Alun McDonald.
Trotz der Waffenruhe kommt humanitäre Hilfe bisher kaum zu den belagerten Ortschaften durch. „Um durch die Militär- oder Rebellen-Checkpoints durchzukommen, braucht man eine schriftliche Erlaubnis der Konfliktparteien, die diese Zonen kontrollieren, und diese Erlaubnis ist nur sehr schwer zu bekommen. Letztes Jahr wurden über 90 Prozent der UNO-Anträge auf solche Erlaubnisse abschlägig beschieden.“
Besonders furchtbar ist die Lage von Kindern in den Gebieten, die von der Terrorgruppe Islamischer Staat kontrolliert werden. Ein neues IS-Propagandavideo zeigt Jungen auf einem Spielplatz, die mit Spielzeugwaffen aufeinander losgehen, und beim Dschihad-Training in einem Camp. Ein „Anti-Extremismus-Thinktank“ hat die IS-Propaganda sechs Monate lang auf diesen Aspekt hin untersucht. Ihm fiel auf, dass Kinder immer häufiger in diesen Videos auftauchen, insgesamt 254 Mal innerhalb dieser sechs Monate.
„Kinder werden in diesen Videos vor allem im Zusammenhang mit Gewalt benutzt und eingesetzt“, erklärt die Leiterin des Forschungsprojekts. „Entweder üben sie selbst Gewalt aus, oder sie werden an sie gewöhnt, indem sie bei Enthauptungen oder Auspeitschungen zuschauen. Wir konnten auch einen Einblick in das gewinnen, was in den Schulen abläuft. Auch dazu gibt es Videos. Man sieht Kinder etwa in einer Geschichtsstunde, in der andere Staaten als dem Islamischen Staat unterlegen dargestellt werden.“
Die Studie vermag keine Zahl der Kinder zu nennen, die im sogenannten Kalifat leben, doch die Zahl der Schwangeren dort wird mit über 30.000 Frauen angegeben. Unter diesen Frauen seien auch die Jesidinnen, die von den Terrorkriegern als Sklaven gehalten werden. „In vielen dieser Videos wird die Rolle der Frau enggeführt auf die der Ehefrauen und Mütter künftiger IS-Kämpfer. Diese kommende Generation soll noch gnadenloser sein als die jetzige, weil sie ein Trainings- und Ausbildungssystem durchläuft, das die Älteren nicht durchlaufen haben.“ Der Islamische Staat habe offenbar die Methoden der Nationalsozialisten studiert – und auch die Methoden, mit denen einst im liberianischen Bürgerkrieg der Diktator Charles Taylor Kindersoldaten rekrutiert habe. (rv 10.03.2016 sk)
hier gehts weiter http://de.radiovaticana.va/news/2016/03/...lbtraum/1214329
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