Regieren ohne die Partei
CDU/CSU Kommentar: Regieren ohne die Partei
Angela Merkel bleibt bei ihrer Flüchtlingspolitik. Auch nach dem Schock der Landtagswahlen vom Wochenende. Dafür mag es gute Gründe geben, aber die Kanzlerin entfernt sich immer mehr von ihrer Partei, meint Jens Thurau.
Deutschland PK Angela Merkel
Ein kleiner Blick in die Geschichte: Köln im November 1983, Parteitag der SPD. Der Alt-Kanzler sitzt einsam da. Soeben haben seine Genossen seinen Antrag abgelehnt, am Nato-Doppelbeschluss festzuhalten. 400 Stimmen dagegen, ganze 14 dafür. Auch Parteichef Willy Brandt und Fraktionschef Hans-Jochen Vogel haben sich von Helmut Schmidt abgewandt, der sein Amt gut ein Jahr zuvor an Helmut Kohl verloren hatte. Ob es Angela Merkel auch einmal so gehen wird? Lange Zeit war das kaum vorstellbar, aber seit dem Wochenende schon eher. Oder besser: Seit dem Montag, als die Kanzlerin in Berlin so tat, als gingen sie die schweren CDU-Niederlagen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz nicht so richtig etwas an. Sie bleibt bei ihrer Flüchtlingspolitik. So weit, so gut. Dafür mag es gute Gründe geben. Aber dass und wie ihre Partei leidet, scheint an ihr abzuprallen.
Differenzierte Ansichten im Volk
Die Ansichten über ihren Kurs einer möglichst großzügigen Aufnahme von Flüchtlingen sind im Volk durchaus differenziert: Eine Mehrheit ist erleichtert, dass derzeit nur noch wenige Flüchtlinge kommen. Und auf Dauer will eine Mehrheit eine Begrenzung der Zahl. Aber zumindest in den Westländern empfindet eine Mehrheit den Flüchtlingszuzug auch als Bereicherung. Widerspruch? Eigentlich nicht. Eher Ausdruck einer starken Verunsicherung. Die Menschen wissen nicht mehr, wohin die Reise geht.
Thurau Jens Kommentarbild App Jens Thurau ist Korrespondent im DW-Hauptstadtstudio
Eine wählbare Partei rechts von der Union
Und so gibt es jetzt das, was frühere CDU-Strategen stets zu verhindern wussten: Eine starke Kraft rechts von der Union, wählbar offenbar für die Mitte des Volkes, nicht nur für den rechten Rand. Die Vorstellung, dass die AfD verschwindet, sobald die Flüchtlingskrise gelöst ist (Wie soll das gehen?) mutet naiv an. Das, was die AfD formuliert, hat die Union viele Jahre lang mühelos absorbiert. Doch die Merkel-CDU kann das nicht mehr.
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