Warum ausgerechnet dieser Papst die Piusbruderschaft anerkennen könnte
6. April 2016 0
Bischof Bernard Fellay, Generaloberer der Piusbruderschaft, mit einem Porträt von Papst Pius X.
(Rom) Setzt Papst Franziskus bald einen außergewöhnlichen Schritt zugunsten der Piusbruderschaft? „Es ist allgemeine Meinung im Vatikan, und besonders unter jenen, die der Päpstlichen Kommission Ecclesia Dei nahestehen, die mit dem lefebvrianischen Dossier beauftragt ist, daß der Papst bald eine eigenmächtige und aufsehenerregende Geste gegenüber der Priesterbruderschaft St. Pius X. setzen wird“, so der Vatikanist Marco Tosatti auf seinem Blog.
Das lange Gespräch zwischen dem Papst und dem Generaloberen der Piusbruderschaft, Bischof Bernard Fellay, am 1. April sei „mit Sicherheit ein Zeichen in diese Richtung“.
Damit steht die Frage im Raum, warum ausgerechnet ein Papst, der „gewiß keine Sympathien für die Konservativen hat, und der es zuläßt, daß die Franziskaner der Immakulata wegen des bloßen Verdachts einer ‚lefebvrianischen Schlagseite‘ seit Jahren durch den Fleischwolf gedreht werden, bereit scheint, die ehemaligen Schismatiker wieder völlig anzuerkennen.“ Auf diese Frage werden „zwei mögliche Antworten“ gegeben, so Tosatti.
Der Hang zu aufsehenerregenden Gesten
Erstens: Der Grund sei die charakterliche Prädisposition des Papstes, der Wunsch und die Genugtuung, einige aufsehenerregende Gesten zu setzen wie die Umarmung mit dem russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. auf Kuba. Gesten, die weder Johannes Paul II. noch Benedikt XVI. vergönnt waren, seinen beiden direkten Vorgängern, deren Pontifikate er mit einiger innerer Distanz betrachte. Dabei hatten sich beide mit großem Einsatz darum bemüht. Zu den geeigneten Bereichen für aufsehenerregende Gesten gehört auch die Piusbruderschaft. Die Annäherung unter Johannes Paul II. mündete mit der von Rom erklärten Exkommunikation im genauen Gegenteil. Benedikt XVI. empfing Bischof Fellay bald nach seiner Wahl in Audienz und legte damit den Grundstein zu den seither nicht mehr abgebrochenen Gesprächen. 2009 hob er das Exkommunikationsdekret auf und im Mai 2012 schien die kanonische Anerkennung so gut wie sicher. Es kam erneut anders. Mit der Wahl des argentinischen Papstes schienen dann mit einem Schlag alle Aussichten weiter entfernt denn je.
Die Einschätzung, die Tradition sei überholt
Zweitens: Der Grund sei eine strategische Analyse des Papstes. Gemeint ist die Optik, mit der Papst Franziskus die Traditionalisten sieht. Trotz ihrer beachtlichen Stärke, („manche sprechen von einer Million“, so Tosatti) halte der Papst sie zahlenmäßig nicht für „gefährlich“. Gemäß der Logik, die Franziskus im Februar 2014 gegenüber den tschechischen Bischöfen äußerte, sieht er im Interesse für die überlieferte Form des Römischen Ritus „nur eine Mode“. Seiner Meinung nach seien die Ansichten und Positionen der Tradition – auch die theologischen – überholt. Die Geschichte werde ihnen nicht recht geben. Der Papst vertrete – nach dieser Meinung – jene selbstüberschätzende Siegeszuversicht des progressiven Denkens, das sich per definitionem im Recht wähne. Der Papst würde in dieser Meinung bestärkt durch seine Beobachtung, daß der Einfluß der Traditionalisten auf die Kirche und auf die Massenmedien gering scheint. Ihre Anerkennung und Wiederzulassung sei daher eine kostengünstige Gelegenheit, mit einem aufsehenerregenden und medienwirksamen Schritt die eigene Großherzigkeit und Väterlichkeit zu beweisen. Das Schließen einer bald 30jährigen Wunde würde Franziskus allemal einen Eintrag in die Kirchengeschichte einbringen, wenn – aus seiner Sicht – auch nur vom Umfang einer Fußnote. http://www.katholisches.info/2016/04/06/...kennen-koennte/ Text: Giuseppe Nardi Bild: MiL
Beliebteste Blog-Artikel:
|