Masochismus im Südwesten: Die CDU als Anhängsel der Grünen
Veröffentlicht am 31. März 2016 /unter Allgemein /mit 12 Kommentaren
Baden-Württemberg ist ein starkes Land. Und liebenswert. Ich habe dort mal drei Jahre in einem 600-Seelen-Dorf gelebt und die Bodenständigkeit der Ureinwohner (in diesem Fall des badischen Teils) sehr schätzen gelernt. Zugegeben, wenn man aus Berlin nach Baden zieht, muss man sich an das ein oder andere gewöhnen. Zum Beispiel, dass die direkten Nachbarn erst nach zwei Jahren grüßen und fragen: „Wohnet se au hier?“ Oder dass es in der Regel ab 21 Uhr in Gasthäusern nix Nennenswertes mehr zu essen gibt, außer vielleicht eine „Veschpabladde“. Aber gut, die herrliche Landschaft, das sonnenverwöhnte Wetter, der süffige Grauburgunder und der bodenständige Menschenschlag sind, wie gesagt, liebenswert.
Unvergessen ist mir eine Einladung mit einem Freund in ein Privathaus im Nachbardorf. Der Eigentümer, ein älterer Herr, dessen kluge und schöne Tochter der eigentliche Grund der Einladung meines Freundes und der Begleitung durch mich (und meine Frau, versteht sich) war, war Hobby-Winzer, das heißt, er kelterte 600 Flaschen Wein pro Jahr aus seinem eigenen kleinen Weinberg. Etwa die Hälfte davon trank er zweifellos selbst. Als der Abend fortgeschritten war, saßen wir immer noch in einem leicht modrigen Keller und genossen den wunderbaren Wein und die Gastfreundschaft des älteren Herrn, der zum jeweils nächsten Viertele auf einem grünen Kinder-Ringbuch badische Trinksprüche vorlas. Wir waren bereits hackedicht, als das Gespräch auf die Politik kam.
Unser Gastgeber outete sich – damals in Baden-Württemberg noch häufig anzutreffen – als CDU-Mitglied. Mit einer Flasche Trester-Schnaps aus den Pressrückständen von Weintrauben kehrte unser Gastgeber an den Tisch zurück, fühlte die Gläser randvoll, stand auf in diesem dunklen, leicht modrigen Keller und brachte einen Trinkspruch auf Helmut Kohl aus, „den Kanzler der Einheit und den großen Staatsmann, der Europa zusammenführt“. Wir alle standen auf und waren uns dem Ernst des Augenblicks bewusst. Ein wenig skuril, das muss ich in der Erinnerung an diesen Abend einräumen, war es aber schon.
Grüne und Schwarze verhandeln nun über eine Koalition im einstigen CDU-Musterland. M
Baden-Württemberg ist über Jahrzehnte eines der erfolgreichsten Länder in Deutschland gewesen. Wenn der CDU noch halbwegs bei Verstand ist, wenigstens im Südwesten, dann sollte sie sich nicht in eine demütigende Situation unter Führung der Grünen begeben. Der Erfolg der Grünen in Baden-Württemberg ist nicht Ideenreichtum und dem Genuss von Grünen Tee zu verdanken, sondern Herrn Kretschmann,
der mit Fukushima den ersten großen Wahlerfolg einfuhr und nun ein geradezu konservativer und respektabler Landesvater geworden ist, der in breiten bürgerschichtlichen Wählerschichten anerkannt wird. Nur Kretschmann, nicht seine Partei, hat diesen Wahltriumph errungen. Wenn die CDU jemals wieder die Chance bekommen wird, bestimmende Partei im Südwesten zu werden, geht das nur über Opposition und ein klares politisches Kontrastprogramm. Kreuz druckdrücken, klare Kante zeigen, auf das hören, was die Bürger denken. Dann klappt’s auch wieder mit dem Wähler. Sonst… siehe SPD.
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