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  • 16.04.2016 00:11 - Papst ermutigt Flüchtlinge auf Lesbos: eine erschütternde Begegnung
von esther10 in Kategorie Allgemein.

Papst ermutigt Flüchtlinge auf Lesbos: eine erschütternde Begegnung


Papst Franziskus bei seiner Ansprache im Auffanglager auf Lesbos. - RV

16/04/2016 11:45SHARE:
In einem großen weißen Zelt auf Lesbos ist Papst Franziskus mehreren hundert Flüchtlingen begegnet, die, meist aus Syrien stammend, in Griechenland einer ungewissen Zukunft entgegensehen. Der Papst, begleitet vom Patriarchen Bartholomaios und vom orthodoxen Erzbischof von Athen und ganz Griechenland, schritt im Lager Moria durch die Reihen der Flüchtlinge, mindestens die Hälfte von ihnen Frauen und Kinder. Er hörte, teils über mehrere Übersetzer hinweg, kurze, dramatische Erzählungen und eine Menge Hilferufe. Der Papst reagierte darauf in seiner Rede.

„Liebe Freunde”, wandte er sich auf Italienisch und ins Englische übersetzt an die Flüchtlinge, „ich wollte heute bei euch sein. Ich möchte euch sagen, dass ihr nicht alleine seid.“ Er sprach den Schmerz und die Opfer der Menschen an, ihre Zukunftshoffnung. Er sei mit dem orthodoxen Erzbischof und dem Patriarchen gekommen, um die Aufmerksamkeit der Welt auf ihre, die Lage der Flüchtlinge zu lenken und “ihre Lösung zu erflehen. Als Männer des Glaubens möchten wir unsere Stimmen vereinen und offen in eurem Namen sprechen. Wir hoffen, dass die Welt diese Situationen tragischer und wirklich verzweifelter Not beachtet und in einer Weise reagiert, die unserem gemeinsamen Menschsein würdig ist”, so der Papst. Und er fasste die Menschen in einer verbalen Umarmung zusammen: „Gott hat die Menschheit so erschaffen, dass sie eine einzige Familie bilden sollte; wenn irgendeiner unserer Brüder und Schwestern leidet, sind wir alle betroffen.“ Krisen könnten aber auch das Beste im Menschen zutage fördern: das sei gerade im griechischen Volk zu sehen, lobte Franziskus, „das inmitten seiner eigenen Schwierigkeiten großherzig auf eure Not reagiert hat“.

„Dies ist die Nachricht, die ich euch heute hinterlassen möchte: Verliert die Hoffnung nicht!“, rief der Papst den Flüchtlingen zu. Und er ermutigte zu gegenseitiger Ermutigung in kleinen Gesten. Das größte Geschenk, das sie einander machen könnten sei die Liebe: „ein barmherziger Blick, eine Bereitschaft zuzuhören und zu verstehen, ein Wort der Ermutigung, ein Gebet. Mögt ihr dieses Geschenk miteinander teilen!“

Vor den fast zur Gänze muslimischen Flüchtlingen erzählte er die „Geschichte vom barmherzigen Samariter“. Für Christen sei das „ein Gleichnis von Gottes Erbarmen, das allen gilt, denn Gott ist der Allbarmherzige“. Und er formulierte diese implizite Aufforderung, „dieselbe Barmherzigkeit denen zu erweisen, die in Not sind“, als gesellschaftliche Aufforderung an ganz Europa: „Möchten doch alle unsere Brüder und Schwestern auf diesem Kontinent wie der barmherzige Samariter euch zu Hilfe kommen, in jenem Geist der Brüderlichkeit, der Solidarität und der Achtung gegenüber der Menschenwürde, der Europas lange Geschichte gekennzeichnet hat!“

Der Besuch im Flüchtlingslager auf der Insel nahe Griechenland war außerordentlich emotional. Franziskus selbst sagte abgesehen von der Rede wenig, er hörte den Menschen zu, küsste und streichelte Kinder.

Frauen mit Kopftüchtern bitten ihn um Ärzte, sagen, sie wollen nach Deutschland oder nach Kanada, “bitte hilf uns”, ein kleines Mädchen, fällt ihm zu Füßen und weint herzerschütternd zusammengekrümmt auf seine Schuhe. Einige andere knien sich vor ihm hin und bitten um einen Segen. “Sagt mir was ich tun soll, und ich werde es probieren”, lässt er seinen Übersetzer sagen. “Meine Mädchen haben ihren Vater seit zwei Jahren nicht gesehen, er ist ein Deutschland”, klagt eine Frau mit hellem Kopftuch. Draußen, nahe am Zaun, der das Lager umgibt, eine weitere weinende Frau, ihr lautes Klagen durchdringt die Frühlingsluft, als sie dem Papst zu Füßen fällt. Sie trägt ein silberglänzendes Kreuz um den Hals, der Papst wirkt erschüttert, als ein Helfer der Frau wieder aufrichtet.

In einem anderen Zelt singt ein Kinderchor hingebungsvoll für den Papst und die ganze Besuchsdelegation, ein freudigerer Ton hält Einzug in die ganze Begegnung, ein Gruppenbild entsteht. Ein alter Mann im Rollstuhl fasst in ein paar Sätzen sein Schicksal zusammen. Manchmal übersetzt Bartholomaios dem Papst. Alles wirkt improvisiert, doch das ist nicht die Schuld des neuen Reisemarschalls Mauricio Rueda, sondern einer doppelten Lage geschuldet: dies ist ein provisorisches Flüchtlingslager, entstanden als Antwort auf einen einzigartigen Ansturm; und ein Papst, der erst vor wenigen Tagen beschlossen hat, ein Zeichen dieser Art zu setzen.
(rv 16.04.2016 gs)



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