Hören wir auf unsere Jugendlichen, sie haben uns viel zu lehren Redaktion | 01/05/16
„Da-sein, zuhören, unterstützen und begleiten“ seien die wesentlichsten Verhaltensweisen, die diejenigen haben sollten, die in der Jugendarbeit tätig sind. Zu diesem Ergebnis kamen die Verantwortlichen der Jugend- und Universitätspastoral der europäischen Bischofskonferenzen, nachdem sie die Anliegen der vier jungen Universitätsstudenten aus Ungarn, Rumänien, Italien und Schweden – Redner und eigentliche Hauptakteure der vom 27. bis 29. April in Szeged (Ungarn) stattgefundenen CCEE-Tagung – gehört hatten.
Angesprochen auf Fragen, Probleme und Erwartungen, die ihnen am Herz liegen, ließen die jungen Studenten durch ihre Aussagen in Szeged die gesunde Sorge erkennen, die der Reifeprozess ihrer Altersgenossen in der heiklen Lebensphase, in der sie endgültig das Jugendalter verlassen um ihre Zukunft und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen, mit sich bringt.
Im Versuch der eigenen Existenz, der eigenen Rolle und dem Platz in der „Gesellschaft, die uns angenommen hat“ Sinn zu geben; im Wunsch geliebt zu werden und selbst Liebe schenken zu können, ist es die Einsamkeit, die die Jugendlichen am meisten zu erschrecken scheint. Ihre großen Fragenzeichen – auch ganz konkreter Art (wie wird meine Zukunft in sechs Monaten aussehen; wie soll ich meinen Partner wählen; welches sind meine echten Freunde; welche Bedeutung hat Gott für mich; wie soll ich meine Zeit nutzen; welche Prioritäten sollte ich in meinem Leben setzen; welche Motivationen bewegen mich um meine Aufgaben zu erfüllen; bin ich denn der vorgeschlagenen Glaubenserfahrung gewachsen… ) – verwandeln sich oft, wenn sie alleine gelebt werden, in tiefe und reelle Formen von Angstzuständen, wenn nicht gar in Depression.
Daraus erwächst der Ratschlag für all jene, die sich der Seelsorge junger Menschen widmen, vor allem zugängliche Freunde zu sein, besonders in schwierigen oder von Unsicherheit gekennzeichneten Zeiten; Menschen die zuhören können anstatt zu urteilen, die es verstehen die Fähigkeiten eines jeden hervorzuheben, indem sie sie wertschätzen und fördern. Vor allem aber Menschen, die begleiten können und fähig sind, in den Jugendlichen das Verantwortungsbewusstsein für ihren eigenen Reifungsweg zu wecken.
Andererseits ließen die zahlreichen vorgetragenen Erfahrungen der Teilnehmer eine sehr reiche und vielgestaltige Wirklichkeit erkennen, gekennzeichnet von Jugendlichen, die gerne ihre Zeit zur Verfügung stellen, die gerne ihre Kompetenzen und Ressourcen teilen. Die vielfältigen Erfahrungen aus fast ganz Europa – insbesondere auf dem Gebiet der Glaubensverkündigung, dem karitativen Bereich oder im „Kampf“ gegen soziale Ungerechtigkeit – werden manchmal auch mit Personen aus anderen christlichen Kirchen oder anderen Religionen vorangebracht. Die Erfahrungsberichte zeigten deutlich, dass Jugendliche, wenn sie genügend dazu angeregt werden, zu großen Antworten in der Lage sind und dazu, aus ihrer Selbstbezogenheit auszubrechen und auf das Wesentliche ihres Glaubens einzugehen.
Tatsächlich scheuen junge Menschen nicht vor Begegnung, Beziehung, vor der Kirche zurück. Im Gegenteil, sie suchen und sehnen sich nach echten und tiefen Beziehungen mit Gleichaltrigen, mit ihren Universitätsseelsorgern und mit Jesus Christus. Was sie am meisten fürchten, scheint das Urteil zu sein. Für sie ist das Urteil anderer sehr wichtig und kann ein echtes Handikap darstellen, vor allem wenn ein Mangel an Selbstwertgefühl vorhanden ist. Ihr Leben ist tatsächlich ausgefüllt von Institutionen und urteilenden Beziehungen (die eigene E-Reputation in den sozialen Medien, das Urteil der eigenen Freunde und der Familie sowie der Universitätsprüfungen…) und daher akzeptieren sie keine urteilende Kirche. Sie möchten eine Kirche, die sie so annimmt wie sie sind, mit ihren Fragen, ihren Zweifeln; die ihnen nicht sagt was sie tun und wie sie sein sollen, sondern die sie in ihrer Antwortfindung begleitet und ihnen manchmal auch hilft, die richtigen Fragen zu stellen. Eine Kirche also, die sich nicht scheut, sie auch vor anspruchsvolle Vorschläge und Herausforderungen zu stellen.
Besonders heute verstärkt der Mangel an Arbeitsplätzen, in Verbindung mit verschiedenen Formen von Bildungsdefiziten, diese Situation der Unsicherheit, diese Unfähigkeit, die eigene Zukunft und den Mangel an Vertrauen in die eigene Person in die Hand zu nehmen. Leider wächst in Europa die Zahl der untätigen Jugendlichen auf alarmierende Weise. Neben all den Folgen, die diese Untätigkeit auf sozialer und wirtschaftlicher Ebene hat, spielt sich das eigentliche Drama auf persönlicher Ebene ab. „Viele Probleme unbeschäftigter junger Menschen“ – sagten die Jugendlichen in Szeged – „sind unsichtbar, verstecken sich hinter scheinbaren Sicherheiten und verwandeln sich oft in echte Abhängigkeiten.“
Im Laufe der Tagung, an der auch Msgr. Ferenc Palánki, verantwortlicher Bischof für Jugendpastoral in Ungarn, und weitere Universitätsseelsorger des Landes teilgenommen haben, berichtete P. Levente Serfőző über die Situation der Jugend- und Universitätspastoral in Ungarn. Mit mehr als 50 Prozent katholischer Bevölkerung, trotz der langen Zeit der Kirchenverfolgung im vergangenen Jahrhundert, erscheint die Jugendpastoral heute als eine organisierte und koordinierte Realität. Sie findet auch Ausdruck in zahlreichen Tagungen und Projekten, darunter ökumenische und solche, die einer erster Evangelisierung gewidmet sind, mit einer besonders ausgeprägten Aufmerksamkeit für sozialkaritative und umweltorientierte Freiwilligenarbeit.
Im Bereich der Universitätspastoral wurde neben den fünfzehn Seelsorgeeinheiten, die es in Ungarn gibt, an die Bedeutung der bestehenden Universitätskollegs erinnert. Dabei ist die besondere Aufmerksamkeit zu unterstreichen, die der Roma-Bevölkerung zukommt, mit spezifischen, auf die Begleitung jugendlicher Roma ausgerichteten Programmen und Aktivitäten.
Schließlich wurde ein Teil der Arbeiten der Reflexion über das Arbeitsdokument für das bevorstehende Symposium über die Begleitung junger Menschen auf ihrem Glaubensweg, das im März 2017 in Barcelona stattfinden wird, gewidmet.
Die Tagung fand unter der Leitung von Don Michel Remery, Vize-Generalsekretär des CCEE und Pater Leon Ó’Giolláin, Sekretär der Sektion „Universität“ der CCEE-Kommission „Katechese, Schule und Universität“ und dem Vorsitz von Msgr. Marek Jędraszewski statt. An ihr nahmen auch Msgr. László Kiss-Rigó, Bischof von Szeged, und in der Eröffnungssession der Rektor der Universität Gál Ferenc Főiskola, Dr. Kozma Gábor und der Rektor der Universität von Szeged, Dr. Szabó Gábor teil. Zu Beginn wurden die Botschaften des ungarischen Ministers für Humanressourcen, Dr. Zoltán Balog, und des Kardinals Giuseppe Versaldi, Präfekt der Kongregation für das Katholische Bildungswesen, vorgelesen.
(Quelle: Pressemitteilung CCEE)
Beliebteste Blog-Artikel:
|