Eine Ideologie, die Ehe und Familie zerstört Kurienkardinal Robert Sarah stellt die Gender-Ideologie in einen historischen Kontext und verurteilt sie in aller Deutlichkeit. Von José García
01. Juni 2016
Klare Worte von Kurienkardinal Robert Sarah für den Schutz der Familie. Foto: KNA
Die Verbreitung der Gender-Ideologie führt für Robert Kardinal Sarah zu einem neuen Kolonialismus. Dies stellte der Präfekt der vatikanischen Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung kürzlich unmissverständlich bei einem Vortrag fest. Der Kardinal sprach auf Einladung des „Berit“-Instituts für die Familie an der Katholischen Universität Ávila (UCAV) in Zusammenarbeit mit dem UCAV-Lehrstuhl „Santa Teresa de Jesús“ für Frauenstudien in Ávila. Die Gender-Theorie werde von der Weltgesundheitsorganisation WHO und weiteren Institutionen aus Nordamerika, Westeuropa und Australien in die ganze Welt hineingetragen. Die Entwicklungsländer müssten sich verpflichten, sie anzunehmen. Denn die Entwicklungshilfe dieser Organisationen sei an die Bedingung geknüpft, dass die Länder Afrikas, Asiens und Lateinamerikas diese Ideologie übernähmen. „Das ist ein regelrechter Neu-Kolonialismus.“
Kardinal Sarah zitierte insbesondere Punkt 56 des Nachsynodalen Apostolischen Schreibens Amoris laetitia von Papst Franziskus, in dem der Heilige Vater von „verschiedenen Formen einer Ideologie, die gemeinhin Gender genannt wird“, spricht. Darin definiert Papst Franziskus die Gender-Theorie als eine Ideologie, die „den Unterschied und die natürliche Aufeinander-Verwiesenheit von Mann und Frau leugnet“. Der Heilige Vater führt dann aus: „Sie stellt eine Gesellschaft ohne Geschlechterdifferenz in Aussicht und höhlt die anthropologische Grundlage der Familie aus.“ Darin mache Papst Franziskus deutlich – so Kardinal Sarah –, dass die Gender-Ideologie ein „Frontalangriff gegen die Familie“ sei. Sie wolle „die Familie zerstören“.
Der Ursprung der sich „einen wissenschaftlichen Anstrich gebenden“ Gender-Theorie gehe zwar auf John Money zurück, der sie in den 1950er Jahren an der Universität Harvard aufstellte – und insbesondere auch ab 1967 mit dem berühmten „Fall John/Joan“ weiterentwickelte – sowie auf deren Rezeption durch Judith Butler in den 1990er Jahren. Laut Butler seien, so Sarah weiter, Geschlecht und Gender keine Substantive, sondern Verben, weil das soziale Geschlecht oder Gender dadurch definiert werde, was wir täten, und nicht durch das, was wir seien. So sei ein „naturwidriger Schwindel“ entstanden, der sich als Wissenschaft ausgebe.
Der Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung stellte jedoch die Gender-Ideologie in einen größeren historischen Kontext. Kardinal Sarah bezeichnete in diesem Zusammenhang „Gender“ als den letzten „Avatar“ (Verkörperung) der Pseudobefreiung in den letzten drei Jahrhunderten. Die Aufklärung von Voltaire über d'Alembert bis Diderot habe einen Deismus verbreitet, der Gott als Architekten des Universums ohne Interesse für seine Geschöpfe darstelle. Die Rationalisten hätten den Menschen vom christlichen Gott befreien wollen. Gottvater sei für sie ein Unterdrücker. Die Befreiung der Rationalisten führe zur Vernichtung der Vaterschaft. Der „Citoyen“ wolle kein Sohn mehr sein, sondern allein für sein Schicksal verantwortlich. Die Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI. hätten Glaube und Vernunft als „zwei Flügel“ bezeichnet, die der Mensch für sein Gleichgewicht brauche. Verlasse sich der Mensch aber lediglich auf seine Vernunft, verliere er den Kontakt zur Vaterschaft Gottes, so sei der Mensch verlassen. Dann könne der Mensch „wie ein Insekt zerdrückt“ werden, etwa in den KZs oder in den Gulags.
Zwar seien Aussagen sowohl in der Präambel der Charta der Vereinten Nationen als auch in den meisten Verfassungen der westlichen Länder auf das Naturrecht zurückzuführen. Der aktuelle Rechtspositivismus entferne sich jedoch davon. Als Beispiel nannte Kardinal Sarah die Definition des menschlichen Embryos: „Die westlichen Staaten und die sie kontrollierenden Instanzen wie die Europäische Union sind unfähig zu definieren, was ein menschlicher Embryo ist.“ Um „niemand vor den Kopf zu stoßen“ werde dann eine zweideutige Definition gewählt, so etwa in Frankreich 1984: „Der Embryo ist eine potenzielle menschliche Person“. „Potenziell“ meine eben eine noch nicht existierende Person, womit „das Pseudorecht auf Abtreibung“ begründet werde.
Im 20. Jahrhundert sei zum „Vatermord“ dann der „Muttermord“ hinzugekommen. Der radikale Feminismus einer Margaret Sanger, der Gründerin von „American Birth Control League“ (aus der später „Planned Parenthood“ hervorging), plädiere für den freien Zugang zu Empfängnisverhütungsmitteln, „um die Frau von der Sklaverei der Mutterschaft zu befreien“. In den 1970er bis zu den 1990er Jahren hätten – so der Kardinal weiter – die Gesetzgeber aller Staaten diese Denkstrukturen übernommen, so dass am Ende des 20. Jahrhunderts die Familie „in ihren Grundfesten erschüttert“ sei. Die Familie sei zu einem „abstrakten Begriff“ geworden, der unterschiedliche Definitionen zulasse beziehungsweise auf unterschiedliche Zusammensetzungen angewandt werden könne. So sei beispielsweise in Frankreich das „Ministerium für Familie“ in „Ministerium für Familien“ („Ministere des Familles“) umbenannt worden – was eine unterschiedliche Wirklichkeit meine. „Familien“ könnten dann sowohl eine Frau und ein Mann, die eine bestimmte Zeit zusammenleben, als auch homosexuelle Paare sein.
Die westliche Gesellschaft gleiche zu Beginn des 21. Jahrhunderts, so Sarah, der gegen Ende des Römischen Reiches herrschenden Gesellschaft. Der „panem et circenses“-Mentalität von damals entspreche die aktuelle Konsum- und Spaßgesellschaft, die den Menschen zum Konsumenten herabwürdige. Das sei der Nährboden, auf dem die Gender-Ideologie gedeihe. Nach den Genderideologen sei die Familie ein Ort, in dem über Macht verhandelt wird, eine Quelle der Ungleichheit. Die Gender-Ideologie ziele auf eine Änderung der Machtverhältnisse, der „Unterdrückungsstrukturen“, indem sie unter dem Deckmantel des Kampfes gegen Sexismus sowie für Geschlechtergerechtigkeit und -gleichheit die Familie zerstöre. Die „zwei vergifteten Nebenflüsse des Feminismus und der LGBT-Bewegung (englische Abkürzung für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender) vereinigen sich in der Genderideologie“. Ehe und Familie basierten als kleinste Zellen der Gesellschaft auf der Komplementarität der Geschlechter. Wenn im Zuge der „Diktatur des Relativismus“, von der Benedikt XVI. und Franziskus immer wieder sprechen, diese Aufeinander-Verwiesenheit wegfalle, dann sei die Gesellschaft in Gefahr: Nach dem „Tod des Vaters“ und dem „Tod der Mutter“ komme dann der „Tod der Menschheit“. Der Mensch verkomme zu einem leicht manipulierbaren Zellhaufen, zu einem „Zombie“ ohne Seele.
Der Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung stellte den Widerstand gegen die Gender-Ideologie auf eine höhere Ebene: Es ginge letztlich um den Kampf zwischen dem Geist der Welt und dem Heiligen Geist. Bei den beiden Familiensynoden 2014 und 2015 seien die Gefahren für die Familie deutlich geworden, die sich in der Ehescheidung, in den nichtehelichen Lebensgemeinschaften und der Legalisierung homosexueller Partnerschaften, aber auch in der Genmanipulation und in der In-Vitro-Fertilisation ausdrückten. Die Versuchung liege nahe, sich dem Zeitgeist anzupassen Die Lehre der Kirche „darf sich aber nicht nach den Einzelfällen richten, die in der Seelsorge ihren Platz haben“. Im Mittelpunkt des endzeitlichen Kampfes zwischen Gott und dem Teufel stehen Ehe und Familie. Darauf habe bereits der heilige Johannes Paul II. hingewiesen: Von der Zukunft der Familie hänge die Zukunft der Menschheit ab. In diesem Zusammenhang zitierte Kardinal Sarah ausführlich den „Brief an die Familien“ vom 2. Februar 1994, in dem Johannes Paul II. ausführte: „Ich spreche mit der Kraft seiner Wahrheit zum Menschen unserer Zeit, damit er begreift, welche großartigen Güter die Ehe, die Familie und das Leben sind; welche große Gefahr die Missachtung dieser Wirklichkeiten und die geringe Rücksichtnahme auf die höchsten Werte darstellen, die die Familie und die Würde des Menschen begründen.“
Christen dürfen, so Kardinal Sarah abschließend, in Fragen von Ehe und Familie keine Kompromisse eingehen. Nicht nur die Hirten – Bischöfe und Priester – sondern auch alle Christen sollen deshalb gegen eine Ideologie wie die Gender-Theorie Widerstand leisten, die gerade auf die Zerstörung von Ehe und Familie zielt. http://www.die-tagespost.de/kirche-aktue...t;art312,169807
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