FLÜCHTLINGE
Verfolgte Christen - auch hier in Gefahr?
Das Hilfswerk "Open Doors" schlägt Alarm: In Flüchtlingsheimen in Deutschland werde Gewalt gegen Christen verharmlost und ignoriert. Die Politik dürfe hierzulande keine Angriffe auf die Religionsfreiheit zulassen.
Irak Kurden Flüchtlinge in einer Kirche in Irbil (AP Photo/Khalid Mohammed)
Auch in Deutschland fühlt er sich verfolgt. Ramin F. stammt aus dem Iran und konvertierte dort zum Christentum. Derzeit lebt er in einem Heim im östlichen Brandenburg zusammen mit 120 anderen Flüchtlingen, acht von ihnen sind Christen wie er.
"Als die Leute erfuhren, dass ich Christ bin, fingen sie an, Probleme zu machen", erzählt er. Muslime seien dem gemeinsamen Deutschkurs fern geblieben, weil sie nicht mit einem "Unreinen" gemeinsam am Tisch sitzen hätten wollen. Seine Sachen und sein Essen wurden gestohlen. Andere hätten versucht, Schlägereien anzuzetteln. Lärm sollte ihn vom Schlafen abhalten. Wegen der Bedrohungen und des Angstklimas habe er psychologische Probleme und Haarausfall bekommen.
Ist das, was Ramin F. erzählt, ein Einzelfall, oder gibt es eine systematische Unterdrückung von Christen in Flüchtlingsheimen? Bei einer Konferenz in Berlin steht Aussage gegen Aussage. Von den beiden großen Kirchen in Deutschland heißt es, es gebe nur Einzelfälle. Andere christliche Organisationen sagen, es gebe zehntausende Fälle, und die Politik müsse handeln.
"Paradigma des Einzelfalls aufgeben"
"Wir müssen die Wahrheit sagen", forderte Markus Rode, Leiter der Organisation "Open Doors" in Berlin, einer christlichen Organisation, die dem konservativen evangelischen Netzwerk der Deutschen Evangelischen Allianz nahesteht. Zusammen mit anderen Christlichen Organisationen warf Rode der Politik und den beiden großen Kirchen vor, Übergriffe gegen Christen in Flüchtlingsheimen zu ignorieren und zu verharmlosen.
Zusammen mit dem katholischen Hilfswerk "Kirche in Not", der "Aktion für verfolgte Christen und Notleidende" (AVC) und dem Zentralrat Orientalische Christen in Deutschland stellte "Open Doors" nun eine eigene Erhebung zu dem Thema Gewalt gegen Christen in Flüchtlingsheimen vor. "Auch auf Wunsch vieler Ehrenamtlicher, die sich nicht trauen", betonte Rode, sowie "nach Bitten der Polizei, die das nicht sagen dürften".
Veranstaltung von Open Doors: Markus Rode von Open Doors, Pfarrer Gottfried Martens aus Berlin. (Bild: Kay-Alexander Scholz) Markus Rode von "Open Doors": "Wir müssen die Wahrheit sagen"
Probleme mit dem Wachpersonal
Über eigene Netzwerke und Ehrenamtliche wurden für die Erhebung landesweit betroffene Christen gesucht. 231 Flüchtlinge - vor allem aus Syrien, dem Irak und Afghanistan - meldeten sich demnach zurück, viele von ihnen Konvertiten. Sie beklagten körperliche und psychische Gewalt, Beleidigungen und sogar Todesdrohungen.
Jeder Zweite berichtete auch von Verfolgung durch Mitglieder des Wachpersonals. Der freikirchliche Berliner Pfarrer Gottfried Martens kritisierte: "Das Paradigma des Einzelfalls muss aufgegeben werden." Es gebe allein in seinem Umfeld in Berlin und Brandenburg hunderte Fälle.
Martens kritisierte, die Auswahl der Wachleute in Flüchtlingsunterkünften erfolge allein "nach Sprache und Umfang des Bizeps". Sicherlich sei es gut, wenn man die Sprache der meisten Flüchtlinge verstehe. Aber es gebe mittlerweile dutzende Beispiele, wonach sich muslimische Wachleute auf die Seite der Angreifer gestellt hätten. Ihm sei zudem ein Fall bekannt, wonach ein afghanischer Heimleiter Bibeln habe zerreißen lassen und Christen ein Bett zum Schlafen verwehrt habe.
Wenn Betroffene keine Möglichkeit hätten, sich zu artikulieren, weil das Wachpersonal gegen sie arbeite, dann sei das besonders schlimm, sagte Rode. De facto werde den Flüchtlingen so ihr Recht auf Religionsfreiheit genommen. Gerade diesen Schutz aber hätten sie doch erhofft, als sie aus ihren Heimatländern wegen der dortigen Verfolgung geflohen seien.
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