Ein Kreuz über der Menge: Zwischen 1,6 und 2 Millionen Katholiken nahmen an der Abschlussmesse am heutigen Sonntag teil. Foto: WJT/Kamil Janowicz
POSEN , 31 July, 2016 / 11:22 AM (CNA Deutsch).- Mit einer eindringlichen Predigt hat sich Papst Franziskus zum Abschluss des Weltjugendtages in Krakau an die Pilger aus aller Welt gewandt. CNA dokumentiert den Wortlaut in deutscher Sprache:
Liebe junge Freunde,
ihr seid nach Krakau gekommen, um Jesus zu begegnen. Und das Evangelium erzählt uns heute ausgerechnet von der Begegnung zwischen Jesus und einem Mann, dem Zachäus, in Jericho (vgl. Lk 19,1-10). Dort beschränkt Jesus sich nicht darauf, zu predigen oder jemanden zu besuchen, sondern er will – wie der Evangelist sagt – durch die Stadt gehen (vgl. V. 1). Mit anderen Worten, Jesus möchte sich dem Leben eines jeden nähern, unseren Weg ganz und gar gehen, damit sein Leben und unser Leben sich wirklich begegnen.
Und so kommt es zu der äußerst überraschenden Begegnung, der Begegnung mit Zachäus, dem obersten Zollpächter, das heißt dem Chef der Steuereinnehmer. Zachäus war also ein reicher Mitarbeiter der verhassten römischen Besatzer; er war ein Ausbeuter seines Volkes, einer, der sich wegen seines üblen Rufes nicht einmal dem Meister nähern konnte. Doch die Begegnung mit Jesus verändert sein Leben, wie es für jeden von uns war und jeden Tag sein kann. Zachäus musste aber einige Hindernisse überwinden, um Jesus zu begegnen, es war nicht leicht für ihn: wenigstens drei, die auch uns etwas sagen können.
Das erste ist seine geringe Körpergröße. Es gelang Zachäus nicht, den Meister zu sehen, weil er selbst klein war. Auch heute können wir Gefahr laufen, Jesus fern zu bleiben, weil wir uns ihm nicht gewachsen fühlen, weil wir eine geringe Meinung von uns selber haben. Das ist eine große Versuchung, die nicht nur die Selbsteinschätzung betrifft, sondern auch den Glauben angeht. Denn der Glaube sagt uns: »Wir heißen Kinder Gottes und wir sind es« (1 Joh 3,1): Wir sind nach seinem Bild geschaffen; Jesus hat unser Menschsein angenommen und sein Herz wird sich nie von uns trennen; der Heilige Geist möchte in uns wohnen; wir sind zur ewigen Freude mit Gott berufen!
Das ist unsere "Körpergröße", das ist unsere geistliche Identität: Wir sind Gottes geliebte Kinder, immer. Begreift also, dass sich selbst nicht zu akzeptieren, unzufrieden zu leben und negative Gedanken zu haben bedeutet, unsere wahrste Identität nicht zu erkennen: Das ist, als wendete ich mich ab, während Gott mich anschauen möchte; es bedeutet, den Traum, den er für mich hegt, auslöschen zu wollen. Gott liebt uns so, wie wir sind, und keine Sünde, keine schlechte Angewohnheit, kein Fehler bringt ihn davon ab. Für Jesus – das zeigt uns das Evangelium – ist niemand gering und entfernt, niemand unbedeutend, sondern alle sind wir bevorzugt und wichtig: Du bist wichtig! Und Gott rechnet mit dir aufgrund dessen, was du bist, nicht aufgrund dessen, was du hast: In seinen Augen ist es absolut unbedeutend, welches Kleid du trägst oder welches Handy du benutzt; es ist ihm nicht wichtig, ob du mit der Mode gehst, sondern du selbst bist ihm wichtig. In seinen Augen bist du wertvoll, und dein Wert ist unschätzbar.
Wenn es uns geschieht, dass wir in unserem Leben wenig erwarten, anstatt hohe Ziele anzustreben, dann kann uns diese große Wahrheit helfen: Gott ist in seiner Liebe zu uns treu, sogar hartnäckig. Er wird uns helfen, daran zu denken, dass er uns mehr liebt als wir uns selbst, dass er "immer für uns schwärmt" wie der Unverbesserlichste der Fans. Immer erwartet er uns voller Hoffnung, auch wenn wir uns in unseren Traurigkeiten verschließen und ständig über empfangenes Unrecht und über die Vergangenheit brüten. Doch die Traurigkeit liebzugewinnen, ist unserer spirituellen Statur nicht würdig! Es ist vielmehr ein Virus, der alles verseucht und blockiert, der jede Tür verschließt, der verhindert, das Leben neu zu entfachen und von vorn zu beginnen.
Gott ist dagegen hartnäckig hoffnungsvoll: Er glaubt immer, dass wir wieder aufstehen können, und findet sich nicht damit ab, uns erloschen und freudlos zu sehen. Denn wir sind immer seine geliebten Kinder. Erinnern wir uns daran zu Anfang jedes Tages! Es wird uns gut tun, es an jedem Morgen im Gebet zu sagen: "Herr, ich danke dir, dass du mich liebst; Mach, dass ich mich in mein Leben verliebe! " Nicht in meine schlechten Angewohnheiten – die müssen korrigiert werden –, sondern in mein Leben, das ein großes Geschenk ist: Es ist die Zeit, zu lieben und geliebt zu werden.
Zachäus hatte ein zweites Hindernis auf dem Weg zur Begegnung mit Jesus: die lähmende Scham. Wir können uns vorstellen, was im Herzen von Zachäus vorging, bevor er auf jenen Maulbeerfeigenbaum stieg, es wird ein ziemlicher Kampf gewesen sein: auf der einen Seite eine gute Neugier, nämlich die, Jesus kennen zu lernen; auf der anderen das Risiko einer entsetzlichen Blamage. Zachäus war eine bekannte Persönlichkeit. Er wusste, dass er sich mit dem Versuch, auf den Baum zu steigen, in den Augen aller lächerlich machen würde – er, ein Vorgesetzter, ein Machtmensch. Doch er hat die Scham überwunden, weil die Anziehungskraft Jesu stärker war. Ihr werdet erfahren haben, was passiert, wenn ein Mensch so attraktiv wird, dass man sich in ihn verliebt: Dann kann es geschehen, dass man bereitwillig Dinge tut, die man sonst nie getan hätte.
Etwas Ähnliches geschah im Herzen von Zachäus, als Jesus ihm so wichtig wurde, dass er für ihn alles getan hätte, denn Jesus war der Einzige, der ihn aus dem Fließsand der Sünde und der Unzufriedenheit herausziehen konnte. Und so gewann die lähmende Scham nicht die Oberhand. Zachäus »lief voraus«, sagt das Evangelium, »stieg hinauf« und dann, als Jesus ihn rief, »stieg er schnell herunter« (V. 4.6)
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