Mündliches Gebet
Eigentlich ist der Weg zur Heiligkeit ganz einfach. Man muss lediglich wissen, was nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil abgeschafft oder verändert wurde und das Gegenteil tun. Je gründlicher etwas abgeschafft wurde und je mehr dagegen gewettert wurde und immer noch gewettert wird, desto mehr Heiligkeit steckt dahinter. Der Umkehrschluss also, da hinter all diesen „Reformen“ von welchen wirklich keine einzige der Kirche und den Seelen zum Heil gereichte, der Widersacher Gottes steckte („Ich bin der Geist, der stets verneint“ nach Goethes Faust), sowie Menschen, die von ihm mehr oder weniger direkt inspiriert wurden.
Die nachkonziliare Verwerfung des mündlichen Gebets
Das mündliche Gebet stellt etwas dar, was wenigstens seit dem Konzil, aber bei vielen Theologen schon früher als verächtlich abgetan wurde, als ein bloßes Rezitieren und Auswendiglernen, etwas, was eines „mündigen Christen“ unwürdig ist. Der Schreiber dieser Zeilen hat noch in seiner Kindheit auf diese Art und Weise gebetet, dass er bestimmte Gebete wie: Vater Unser, Gegrüßtes seist Du Maria, Ehre dem Vater, Credo etc. kniend und laut oder halblaut aufsagte. Dieses Gebet wird in seiner Heimat Pacierz [Aussprache in etwas patziesch] genannt, ein Wort, das wohl vom Pater noster stammt. Erst in seiner Jugend lernte er in einer katholischen (sic!) Erneuerungsbewegung sowohl die Verachtung für das mündliche, private Gebet im Sinne des bisherigen Pacierz als auch gegenüber dem vorformulierten Gebet im Allgemeinen kennen. Man solle, so sagte man ihm, sich bei einem „Dialog mit Gott“ keiner vorformulierten Gebete bedienen, sondern „frei aus dem Herzen heraus“ beten. Man solle mit Gott, „wie mit einem Freund sprechen“, da es Moses (vgl. Ex 33,11) auch so tat. Er lernte diese Einstellung natürlich bei den katholischen Charismatikern, aber eigentlich auch bei allen anderen katholischen Spiritualität (ignatianisch, dominikanisch und andere), die er kennenlernte, kennen.
Das mündliche Gebet ist als privates Gebet nicht mehr en vogue, man solle nach Höherem streben. Das liturgische, mündliche Gebet, wie das Brevier oder der Rosenkranz, wurde zwar vielerorts empfohlen, aber es wurde entweder im Sinne einer schweren äußeren Pflicht verstanden, welche den hart gebeutelten Klerikern, die es ja, so, so schwer haben, obliegt oder als eine Art Show betrachtet, welchen manche Laien oder dritter Orden öffentlich vorführen oder seine Mitglieder zwar privat beten, aber immer so, dass andere es mitgekommen. Der Schreiber dieser Zeilen hat noch niemals jemanden gesehen, der sein Brevier privat laut oder halblaut betet und so betete er auch jahrzehntelang sein nachkonziliares Brevier auch im Stillen, indem er fast immer die Worte nur las anstatt sie zu rezitieren.
Vorteile des lauten Betens
Erst als er die Rubriken der alten Breviere entdeckte, in welchen gefordert wird, dass man auch privat laut oder halblaut, d.h. rezitierend[1] („so dass man sich selbst hören kann“, wie es die Rubriken formulieren) beten soll, entdeckte er die Kraft des lauten Gebets. Worin besteht diese? Er spürt, dass die halblaut gesprochenen Gebete einfach mehr wirken. Es geht also nicht nur um den subjektiven Gewinn, dass man beim Rezitieren schneller die Psalmen und andere Gebete auswendig lernt und aufmerksamer ist als beim stillen Beten. Die ausgesprochenen also die rezitierten Gebete wirken einfach mehr in einer geistigen und übernatürlichen Dimension. Es geht also nicht nur darum, dass die Menschen es hören, sondern auch darum dass Gott es hört und die Dämonen es auch tun. Hört denn Gott nicht die Gedanken, wie die Dämonen auch? Doch. Warum also laut beten? Weil man durch das laute Beten einen geistlichen Raum schafft. Die ausgesprochenen Gebete bleiben gleichsam im Raum und in der Zeit stehen. Man erweckt die rezitierten Buchstaben gleichsam zum Leben, es ist als würde man eine Partitur singen und nicht sich nur im Kopf (manche Menschen können es durchaus) die Melodie oder die Musik vorstellen. „Sprechen“, im Hebräisch dabār, bedeutet auch „erschaffen“. Man „erschafft“ sozusagen eine spirituelle Wirklichkeit, indem man die heiligen Worte ausspricht. Umgekehrt ist es genauso: bei den Okkultisten müssen bestimmte Beschwörungen oder Flüche ebenfalls laut ausgesprochen werden, damit die Dämonen es hören und diese Beschwörungen wirken.
Unsere nachkonziliare theologische Wahrnehmung ist extrem menschenzentriert (d.h. anthropozentrisch) und horizontal geworden. Liturgie und Gebet und vor allem das liturgische Gebet ist aber vor allem gottzentiert (d.h. theozentrisch) und vertikal und erst aus dieser Vertikalität herau werden den Menschen die Früchte der Gottverbundenheit zugeeignet. Man bringt also durch das laute Beten der traditionellen Gebete, insbesondere der liturgischen Gebete (natürlich der vor 1962) die objektive Heiligkeit zum Klingen. Es ist so als würde man eine große, heilige Partitur singen. Ohne Sänger – kein Gesang. Und deswegen wurden sowohl im Israel als auch in der Kirche die offiziellen Gebete immer laut verrichtet. Auch die einsam lebenden Wüstenväter rezitierten die Psalmen laut. Dass private Gebete im Alten Testament vornehmlich laut vorgetragen wurden, wird auch aus der Reaktion Helis auf die betende Anna deutlich, welche nur ihre Lippen bewegte, sodass Heli annahm, dass sie, das sie nicht wie üblich laut betet, betrunken sei (1 Sam 1, 13). Sogar Heli war also ein stilles Gebet unbekannt. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das übliche und normale Gebet in der Kirche das laute Gebet war. Die betrifft auch das private Gebet.
Höhere, stille Gebetsstufen nicht allen zugänglich
Natürlich kann man auch still, nur im Gedanken beten, dies betrifft aber nicht das Breviergebet und das liturgische Gebet. Die Kirche kennt das:
Diskursive Gebet, also das betrachtende Gebet mit Hilfe des Verstandes, Das meditative Gebet Das kontemplative Gebet.
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