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  • 24.08.2016 00:58 - Irak, Nigeria - Türkei?Grausame Praktik: Wie Terroristen Kinder als tödliche Werkzeuge missbrauchen Mittwoch, 24.08.2016, 19:06 · von FOCUS-Online-Autorin Ida Haltaufderheide
von esther10 in Kategorie Allgemein.

Irak, Nigeria - Türkei?Grausame Praktik: Wie Terroristen Kinder als tödliche Werkzeuge missbrauchen
Mittwoch, 24.08.2016, 19:06 · von FOCUS-Online-Autorin Ida Haltaufderheide



Nach Angaben der UN zwingen in Syrien neben der Terrormiliz IS und der Al-Nusra-Front auch die gemäßigte Opposition Kinder hinter Waffen. Alle nichtstaatlichen Gruppen würden im großen Stile Kinder als Kämpfer einsetzen.

Boko Haram nutzt diese grausame Taktik schon länger, nun werden auch im Irak und möglicherweise in der Türkei Kinder als Terroristen vorgeschickt. Warum? Sie sind leicht manipulierbar und besonders unauffällig. Experten warnen davor, Täter und Opfer zu verwechseln.

Inmitten einer Hochzeitsfeier sprengte sich in der türkischen Provinz Gaziantep nahe Syrien am Wochenende ein Selbstmordattentäter in die Luft. Mindestens 54 Menschen starben, viele weitere wurden verletzt. Nur wenige Stunden später vereitelte die Polizei in der irakischen Stadt Kirkuk in letzter Minute einen weiteren Sprengstoff-Anschlag.

Im ersten Fall könnte es sich um ein Kind handeln, im zweiten Fall war es ein Junge zwischen zwölf und 14 Jahren. Als Drahtzieher deutet vieles auf den IS. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Miliz Minderjährige als Terror-Helfer missbraucht. Experte gehen sogar davon aus, dass immer jüngere Kinder in die Fänge der Islamisten gelangen.

„Eine neue Eskalationsstufe“

Wirklich neu sei diese Entwicklung nicht, sagte Unicef-Sprecher Rudi Tarneden FOCUS Online. „Es ist vielmehr eine neue Eskalationsstufe des Einsatzes von Kindersoldaten.“ Während die Zahl der minderjährigen Soldaten im ursprünglichen Sinne insbesondere in den Kriegs- und Krisengebieten in Afrika derzeit aber eher rückläufig ist, nimmt die Zahl der Selbstmordattentäter in vielen Regionen zu.

„Der Anschlag in der Türkei könnte ein Indiz dafür sein, dass die Terroristen gezielt junge Heranwachsende benutzt. Vielleicht auch, weil 16- oder 17-Jährige oder Erwachsene schwerer von einer solchen Tat zu überzeugen sind“, so Tarneden. Mit belastbaren Zahlen sei das aber nur schwer zu belegen.

„Die Vereinten Nationen haben wiederholt dokumentiert dass Boko Haram, die Taliban, und der Islamische Staat Kinder als Soldaten und als Selbstmordattentäter missbrauchen“, so der Experte. Auch aus dem Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern sei bekannt, dass Minderjährige Anschläge begingen, bei denen klar war, dass sie selbst nicht überleben würden.“ Doch die Datenlage ist eher dünn.

Im Video: Hier nehmen Polizisten einem Jungen den Sprengstoffgürtel ab

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Steigende Zahl von Selbstmordattentaten
Im April 2016 veröffentlichte Unicef eine Analyse mit Blick auf die Aktivitäten der Terrorgruppe Boko Haram in Nigeria, Kamerun, Tschad und Niger. Demnach ist die Zahl der Kinder, die dort von der Organisation als Selbstmordattentäter eingesetzt wurden, von vier im Jahr 2014 auf insgesamt 44 im Jahr 2015 dramatisch gestiegen. Bei 75 Prozent der Anschläge waren die betroffenen Kinder Mädchen – die jüngsten von ihnen waren erst acht Jahre alt.

Auch der Islamische Staat setzt inzwischen möglicherweise mehr auf Kinder als Waffe zu setzen. In den ersten drei Monaten des vergangenen Jahres hat die Terrormiliz in Syrien laut oppositionsnahen Beobachtern mindestens 400 Kinder als Kämpfer für die sogenannte „Jugend des Kalifat“ rekrutiert.
Warum setzen Terroristen Kinder ein?

„Es ist eine unglaublich zynische und menschenverachtende Strategie, Kinder für Attentate zu benutzen“, sagt Unicef-Sprecher Tarneden. In der Tendenz, blutige Propaganda zu betreiben, könnte das für die IS-Terroristen sogar ein zusätzlicher Anreiz sein. Und es gibt auch andere Gründe, die Minderjährige für den IS besonders attraktiv machen.

„Ich glaube, dass die Gruppe gezielt nach Kindern sucht und sie anspricht, weil sie denken, dass Kinder leichter manipulierbar sind“, so der Experte. Außerdem seien Kinder weniger auffällig, weil man sie normalerweise nicht verdächtige.
Der Leiter der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Osama Suleiman, hat die Vermutung angestellt, die Miliz werbe Kinder an, weil der Zulauf von erwachsenen Kämpfern abgenommen habe.

Rekrutiert werden die kindlichen Attentäter laut seiner Organisation meist vor Schulen und Moscheen. Zudem gingen die Extremisten in der Nähe von öffentlichen Plätzen auf Werbetour. Auch im Internet finden sich IS-Angebote, die ganz offensichtlich gezielt auf Kinder zugeschnitten sind.
Im Video: Bombenanschlag auf Hochzeit: Dutzende Tote und Verletzte in Türkei

Huffington Post/Wochit Bombenanschlag auf Hochzeit: Dutzende Tote und Verletzte in Gaziantep
Wie Kinder beim IS landen

Doch was bewegt Kinder dazu, sich einer Terrororganisation anzuschließen, die sie am Ende sogar in den Tod schicken könnte?

„In den meisten Fällen werden die Kinder entführt und gezwungen zu töten“, sagte Franziska Ulm, Afrika-Referentin bei Amnesty International, zu FOCUS Online. „Wenn sie versuchen zu fliehen, werden sie erschossen.“ Einige Kinder meldeten sich aber auch freiwillig für Kampf-Trainings in Trainingslagern.

In Mali gibt es solche Ausbildungslager von Al-Qaida. „Dort erhalten die Kinder eine Waffen-Ausbildung und eine ideologische Ausbildung. Eine große Rolle spielt dabei auch das Wir-Gefühl“, so die Expertin.

„Diese Kinder sind Opfer, die zu Tätern gemacht werden“, betonte Tarneden gegenüber FOCUS Online. Sie seien aufgewachsen im Überlebenskampf, oft fehle es ihnen auch an Bildung und an Erfahrung, um andere Lösungen zu finden. „Sie kennen nur Krieg und Gewalt“, so der Unicef-Sprecher. Hinzu kämen Indoktrination und Propaganda. Vor drei Jahren tauchte zum Beispiel ein Video aus Afghanistan auf, in dem Kinder einen Selbstmordanschlag spielten.

Zwang, Verzweiflung, Rache

Beim IS oder anderen Terrororganisationen landeten viele Kinder auch auf der Suche nach Schutz und Anerkennung. Kinder, die ihre Eltern im Bürgerkrieg verloren haben, bekommen bei den Milizen eine Gemeinschaft, Unterkunft und Essen. Den Minderjährigen werde eine bessere Zukunft in Aussicht gestellt, gerade in religiös aufgeladenen Konflikten, sagt Tarneden. „Auch Rache für erlittene Gewalt kann eine Rolle spielen.“

„Bei den Selbstmordattentätern bin ich allerdings nicht sicher, ob sie überhaupt gefragt werden“, sagt er. Es sei gut denkbar, dass die Kinder Sprengsätze mit sich tragen würden, ohne wirklich zu verstehen, was dies bedeute. Bei dem jüngsten Anschlag in Gaziantep gab es zunächst auch die Vermutung, die Bombe könne per Fernzünder ausgelöst worden sein.

Er erinnert sich beispielsweise an den Fall eines behinderten Jungen, der in Afghanistan mit einer Bombe behängt worden sei. „Der wusste vermutlich nicht, wofür er benutzt wurde. Aber auch in anderen Fällen ist vielen Kindern die Tragweite ihrer Aktionen mit großer Wahrscheinlichkeit nicht bewusst“, so Tarneden.
Im Video: Der syrische Junge vom Foto: Als er seine Eltern sah, brach alles aus ihm heraus

FOCUS Online/Wochit Der syrische Junge vom Foto: Als er seine Eltern sah, brach alles aus ihm heraus
Hilfsorganisationen setzen sich für „verlorene Kinder“ein

Gerade den Kindern, die beim Islamischen Staat landen, ist nur schwer zu helfen. „Eine Gruppierung wie der IS, der sich so weit außerhalb der Menschenrechte stelle ist für Verhandlungen nicht zu erreichen“, so Tarneden.
http://www.focus.de/politik/ausland/irak...id_5849975.html

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