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  • 01.09.2016 00:31 - Mann gefunden, Leben zerstört...KINDEREHEN IM NAHEN OSTEN
von esther10 in Kategorie Allgemein.

KINDEREHEN IM NAHEN OSTEN
- Mann gefunden, Leben zerstört
1. September 2016


Die Zahl der Kinderehen im Nahen Osten steigt an, vor allem durch den Zustrom von Flüchtlingen. Imame setzen sich in einigen Ländern über das gesetzliche Mindestalter fürs Heiraten hinweg - mit dem Verweis auf die Scharia

Jemenitische Kinderbräute bei ihrer Scheidungszeremonie / picture alliance

Martin Gehlen ist Journalist und berichtet aus der arabischen Welt.
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Rafah war 13, als sie die Schule abbrach und ihre neunköpfige Familie verließ, um mit ihrem neuen Ehemann im libanesisch-syrischen Grenzgebiet in ein gemeinsames Zelt zu ziehen. „Ich fühlte nichts, aber ich hatte keine andere Wahl“, erzählte sie einer lokalen Reporterin über die Beziehung, die ihr Vater arrangiert hatte. Sie habe nichts über Sex gewusst, die erste Nacht sei ein Horror gewesen. Inzwischen hat die Minderjährige, die wie ihr 38-jähriger Mann aus dem syrischen Homs geflüchtet ist, zwei Kinder. „Ich bin unglücklich, aber ich muss mich mit diesem Leben abfinden“, sagt sie.

Rafah ist kein Einzelfall. Die Kriegsflüchtlinge sind froh, wenn sie für ein Kind weniger sorgen müssen. Oft sind es aber keine anderen Flüchtlinge, sondern besser gestellte Männer oder reiche Araber aus den Golfstaaten, die sich eine blutjunge Zweit- oder Drittfrau besorgen. Sie nutzen die finanzielle Notlage der Entwurzelten aus. Für Frauenaktivistinnen ist dies Menschenhandel. „Junge Mädchen werden verheiratet gegen einen Kaufpreis oder um die Miete ihrer Familie finanziert zu bekommen“, sagt Rita Chemaly von der Nationalen Kommission für Frauen im Libanon.

Kleriker berufen sich auf Mohammed
Viele Nahoststaaten haben Gesetze, die ein Mindestalter von 18 Jahren bei der Heirat vorschreiben, aber auch Ausnahmen zulassen. Die konservativen islamischen Kleriker im Jemen und Saudi-Arabien dagegen pochen darauf, dass bereits Mädchen im Alter zwischen zehn und zwölf Jahren reif für die Ehe seien. Sie berufen sich auf den Propheten Mohammed, der mit Aischa ein Kind zur Frau hatte. „Unsere Mütter und Großmütter wurden verheiratet als sie zwölf waren“, erläutert der saudische Obermufti Abdul-Aziz Al Sheikh. „Eine gute Erziehung bereitet ein Mädchen darauf vor, alle ehelichen Pflichten in diesem Alter zu erfüllen.“

Der Jemen hat wohl auch wegen dieser islamischen Schariasitten heute eine der höchsten Müttersterblichkeiten der Welt. In Ägypten werden entgegen der offiziellen Gesetze nach einer Umfrage des Nationalen Frauenrates 22 Prozent aller Mädchen minderjährig verheiratet. Auch in den beiden relativ aufgeklärten Staaten Libanon und Jordanien steigen die Zahlen seit vier Jahren spürbar an, vor allem durch den millionenfachen Zustrom syrischer Flüchtlinge. So ist in Jordanien nach offiziellen Angaben inzwischen jede dritte syrische Braut ein Kind oder ein Teenager.

Frühe Schwangerschaften bergen gesundheitliche Risiken
Die Dunkelziffer liegt wahrscheinlich noch höher. Gefördert wird dieser Missstand durch die Praxis der so genannten Urfi-Ehe. Dabei handelt es sich um einen informellen Vertrag nach islamischem Recht, der den Behörden nicht gemeldet wird. Der Mann kann die Verbindung jederzeit annullieren. Wenn die Bräute minderjährig sind, drohen keine Strafen. Für die Mädchen aber ist mit der aufgezwungenen Hochzeit ihre Zukunft besiegelt. Die meisten brechen das Lernen nach der Grundschule ab und werden schwanger, was eine große Gefahr für ihre Gesundheit bedeutet. Viele werden Opfer häuslicher Gewalt, indem die meist deutlich älteren Männer sie vergewaltigen oder verprügeln.

Eine davon ist Jazia aus dem Lager Zataari in Jordanien. Ihr Vater verheiratete sie an einen entfernten syrischen Cousin. Zwanzig Tage nach der Hochzeit begann er sie zu schlagen. Jazia rannte davon, kehrte aber nach einigen Tagen zur Familie ihres Bräutigams zurück. Die Familie versprach, Daria künftig gut zu behandeln. Doch es änderte sich nicht. Schließlich holte der Vater das verzweifelte Mädchen wieder heim. Heute bereut er die von ihm durchgesetzte vorschnelle Ehe. Arbeitslosigkeit, erzwungenes Nichtstun und Zukunftsangst würden syrische Familien dazu verleiten, ihre Töchter zu früh zu verheiraten, sagt er.

Elham El-Dessouky ist eine ägyptische Fotografin, die mit ihrer Kamera das heikle Thema anprangert. Auf ihren Bildern zeigt sie junge Mädchen in wallenden Brautkleidern. Obwohl ihre Hände mit Handschellen gefesselt sind, halten sie weiterhin ihre Puppen fest. „Ich will mit meinen Arbeiten das Bewusstsein der Gesellschaft schärfen“, sagt die Künstlerin. „Solche Hochzeiten müssen verboten werden, weil sie das Leben der Mädchen ein für alle Mal zerstören.“



http://cicero.de/weltbuehne/kinderehen-i...leben-zerstoert



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