Das „heilige Schweigen“ in der Feier der heiligen Messe
Das Motu Proprio „Summorum Pontificum“ öffnet den Weg für eine „Reform der Reform“ (bzw. für die Bereicherung der sogenannten ordentlichen Form des Römischen Ritus durch die klassische Form des Römischen Ritus) der nachkonziliaren Liturgie im Sinne des Zweiten Vatikanischen Konzils. Mögliche Änderungen im Missale Romanum Pauls VI. – Teil 11: Heiliges Schweigen. Erstellt von Gero P. Weishaupt am 8. Oktober 2016 um 10:58 Uhr
Foto: Joseph Ratzinger - Gesammelte Schriften, Vat. II Von Gero P. Weishaupt:
„Die Kraft der Stille. Die Diktatur des Lärmes“ („La force du silence. Contre la dictature du bruit“). So lautet der Titel des neuen Buches von Robert Kardinal Sarah, dem Präfekten der Kongregation für den Gottesdienst und die Disziplin der Sakramente. Bei der Buchpräsentation in Rom sagte der Kardinal laut der heutigen Ausagabe der Tagespost: „Unsere Liturgie ist so laut geworden, aber hat Gott zu uns gesprochen?“
Der Kardinal plädiert für mehr Stille in der Liturgie. Damit ruft er ein Anliegen des Zweiten Vatikanischen Konzils in Erinnerung. Auch Kardinal Ratzinger hatte sich mehrmals für mehr Stille in der Liturgie ausgesprochen. Im Folgenden trage ich einige Gedanken vor, die ich in meinem Buch „Päpstliche Weichenstellungen“ im Zusammenhang mit einer Reform der Reform der nachkonziliaren Liturgie, die – die liturgische Bildung bei Klerus und Volk immer vorausgesetzt – zunächst in einer den Vorgaben der liturgischen Bücher entsprechende treuen Zelebration der Liturgie besteht. Sodann aber bedeutet „Reform der Reform“ eine Bereicherung der nachkonziliaren liturgischen Bücher durch die klassische Liturgie. So ist z. B. im Zusammenhang mit dem Verlangen nach mehr Stille in der Liturgie zu fragen, ob die Kanonstille, zumindest was die Wandlungsworte angeht, wieder Norm werden sollte.
Es folgt hier ein Auszug aus Gero P. Weishaupt, „Päpstliche Weichenstellungen“, 193-198. Kanonstille. 1. Teil
Zur Förderung der tätigen Teilnahme der Gläubigen haben die Väter des Zweiten Vatikanischen Konzils nicht nur dazu aufgerufen, Sorge zu tragen für Akklamationen, Antworten, Psalmengesang, Antiphonen, Lieder, Handlungen, Gesten und für die Körperhaltung, sondern auch die Notwendigkeit des „heiligen Schweigen(s)“ als Element der Teilhabe an der liturgischen Feier hervorgehoben (vgl. SC, Art. 30, wo u.a. vom sacrum silentium die Rede ist). Dass sie dabei auch an Stille innerhalb des Kanons gedacht haben, macht ein interessanter Hinweis von Emil. J. Lengeling in seinem Kommentar zu Artikel 30 der Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium deutlich:
„Die Empfehlung, das heiligen Schweigen zu seiner Zeit einzuhalten, wie es die Instruktion der Ritenkongregation vom 3. September 1958, Nr. 25e und f für die Zeit der Wandlung fordert und nachher bis zum Pater noster empfiehlt …., wurde auf Wunsch eines Konzilsvaters von der Liturgiekommission dem Entwurf hinzugefügt“ (E.J. Lengeling, Lebendiger Gottesdienst, 65).
Zumindest sollte die Wandlung still vollzogen werden und nach Möglichkeit bis zum Pater noster heiliges Schweigen die Herzmitte der heiligen Messe umgeben, so wie die Konzilsväter es vom 1962er Missale her kannten.
Verlust der Kanonstille Ein Abrücken von diesem Prinzip wird jedoch in der Instruktion Tres abhinc annos vom 4. Mai 1967, die von der Kommission zur Durchführung von Sacrosanctum Concilium erstellt worden ist, sichtbar. Zwar sieht sie noch die Kanonstille als die normale Form vor, doch erlaubt sie dem Priester in Messem mit dem Volk pro opportunitate (gegebenenfalls) das Eucharistische Gebet laut (intelligibili voce) zu sprechen (Tres abhinc annos, Instructio altera ad exsecutionem Constitutionis de sacra Liturgia recte ordindandam, in: Enchiridion Documentorum Instaurationis Liturgicae I, 299, Rdnr. 819).
Die wenige Woche danach erschienene Instruktion Eucharisticum mysterium vom 25. Mai 1967 wiederholt diese Möglichkeit. Erst der Ordo Missae Pauls VI., der von ihm am 3. April 1969 mit der Apostolischen Konstitution Missale Romanum approbiert worden ist und vom 30. November 1969 an in der Katholischen des Lateinischen Ritus Geltung hat, sieht die Kanonstille nicht mehr vor. Wie die anderen Präsidilagebete (Collecta, Oratio super Oblata, Oratio post communionem) soll auch das Eucharistische Hochgebet laut und deutlich (clara et elata voce) gesprochen und von den Gläubigen gehört werden (auscultentur).
Das Missale Pauls VI. sieht Momente der Stille vor Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. beklagte in „Der Geist der Liturgie“ zunächst allgemein den Rückgang der Stille und des Schweigens in der heiligen Messe, obwohl auch das Missale Pauls VI. Momente der Stille kennt.
„Das heute allenthalben Versenkungsübungen gesucht werden, eine Spiritualiät des Leerwerdens, ist kein Zufall. Ein inneres Bedürfnis des Menschen meldet sich zu Wort, das in unserer gegenwärtigen Gestalt von Liturgie offenbar nicht zu seinem Recht kommt“ (J. Ratzinger, Gesammelte Schriften, 177).
Die Institutio Generalis der dritten Editio Typica des Missale Pauls VI. hält an Momenten des heiligen Schweigens in der Messe fest. Stille ist vorgesehen
- vor dem Bußakt,
- vor den Präsidialgebeten,
- nach den Lesungen und gegebenenfalls der Homilie sowie
- nach der Kommunion (IG, Nr. 45).
Das Schweigen lässt den Geheimnischarakter der Messe spüren:
„Immer deutlicher werden wir inne, dass zur Liturgie auch das Schweigen gehört. Dem redenden Gott antworten wir singend und betend, aber das größere Geheimnis, das über alle Worte hinausgeht, ruft uns auch ins Schweigen. Freilich, es muss ein gefülltes Schweigen sein, mehr als Abwesenheit von Rede und Aktion. Von der Liturgie erwarten wir uns gerade dies, dass sie uns die positive Stille gibt, in der wir zu uns selber finden – die Stille die nicht bloß Pause ist, in der uns tausend Gedanken und Wünsche übefallen, sondern Einkehr, die uns von innen her Frieden gibt, uns aufatmen lässt, das verschüttete Eigentliche aufdeckt“ (Ratzinger, 176 f.).
Die stillen Priestergebete während der heiligen Messe Joseph Ratzinger erinnert über die im Missale Romanum Pauls VI. genannte Möglichkeit des heiligen Schweigens hinaus an die Möglichkeit der stillen Priestergebete vor der Verkündigung des Evangeliums sowie vor und nach dem Komunionempfang:
„Die stillen Priestergebete laden ihn zur Verpersönlichung seines Auftrages ein, dass er auch mit seinem eigenen Ich sich dem Herrn hingebe. Sie sind zugleich eine hervorgehobene Weise, wie alle je ganz persönlich und doch ganz miteinander dem Herrn entgegengehen.
Die Zahl der Priestergebete ist in der Liturgiereform stark reduziert worden, aber es gibt sie gottlob nach wie vor und muss sie geben.
Vorbereitung vor dem Evangelium Da ist zunächst ein kurzes Vorbereitungsgebet vor der Verkündigung des Evangeliums. Es sollte vom Priester wirklich still und andächtig gebetet werden, im Wissen um die Verantwortung, das Evangelium recht zu verkünden; im Wissen darum, dass wir dazu der Reinigung der Lippen und des Herzens bedürfen. Wenn der Priester dies tut, wird es auch die Gemeinde auf die Würde und Größe des Evangeliums hinführen und sie das Ungeheure erkennen lassen, dass Gottes Wort in unsere Mitte eintritt; es wird Ehrfurcht und einen Raum des Hörens schaffen. …
Vorbereitung auf den Empfang des Leibes und Blutes Christi Dem Kommunionempfang gehen zwei sehr schöne und tiefe Gebete voraus, die man – um zu lange Stille zu vermeiden – inzwischen zur Wahl gestellt hat. Vielleicht wird man sich später wieder Zeit für beide nehmen. Aber auch wenn jetzt nur eines davon gebetet wird, sollte der Priester um so mehr dieses wirklich in gesammelter Stille beten als eine persönliche Bereitung für den Herrn, die auch die Anderen zur Stille vor der heiligen Gegenwart bringt, damit der Kommuniongang nicht zur bloßen Äußerlichkeit verkommt. … Auch nach dem Kommunionempfang sind zwei stille Dankgebete des Priesters vorgesehen, die wiederum von den Gläubigen je auf ihre Weise mit vollzogen werden können und sollen“ (Ratzinger, 179 ff.).
Eine Reform des Messordo Pauls VI. könnte zu beiden stillen Komuniongebeten wieder verpflichten.
Gemeinsame stille Vorbereitung auf den Kommunionempfang Während der Priester sich im Bewusstsein seiner eigenen Unwürdigkeit und mit der Bitte um volle Gnadenentfaltung durch sie auf den Empfang des Leibes und Blutes vorbereitet, sollen sich auch die Gläubigen im stillen Gebet auf die heilige Kommunion vorbereiten. Schon aus diesem Grunde sollten die Vorbereitungsgebete bewusst, nicht eilig und bedachtsam vom Priester still verrichtet werden, damit die Gläubigen Ruhe finden, um sich auf den heiligen Augenblick des Kommunionempfanges bewusst vorbereiten zu können. Der niederländische Liturgiewissenschaft und Konsultor der Gottesdienstkongregation Jo Hermans erläutert zu den Vorbereitungsgebeten des Priesters:
„Beide Texte sind Privatgebete des Priesters, die still verrichtet werden. Dies darf man jedoch nicht exclusiv verstehen. Die stille Vorbereitung auf die Kommunion ist nicht dem Zelebranten vorbehalten. … Der Priester beginnt … das stille Vorbereitungsgebet erst, nachdem die Gemeinde der Gläubigen den Gesang zur Brotbrechung beendet hat. Die Vorbereitung auf die Kommunion ist ein Akt des ganzen versammelten Gottesvolkes, nicht nur des Priesters. Außerdem schließt die Eigenart des Agnus Dei bereists aus, daß der Priester das stille Gebet verrichtet, während das Volk noch singt. Die gemeinsame Kommunionvorbereitung des Zelebranten und der Gemeinschaft der Gläubigen bekommt ihre konkrete Gestalt im Einhalten eines kurzen Stillschweigens. Diese Stille hat die Funktion, daß jeder persönlich sich betend auf die Kommunion vorbereitet. Die Gläubigen sollen daher nicht einfach abwarten, bis der Priester mit seinem Privatgebet fertig ist, sondern sie müssen alle diese heilige Stille mit ihrem persönlichen Gebet erfüllen“ (Hermans, Die Feier der Eucharistie, 302).
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