Kritik von Benedikt XVI.: Von wegen Vorbild, die deutsche Kirche ist ein schwarzes Loch 11. Oktober 2016 1
Kritik von Benedikt XVI. an der verweltichten deutschen Kirche mit Gläubigen mit "Gewerkschaftsmentalität", weil sie "zu oft" Angestellte der Kirche sind (im Bild Kardinal Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz)
(Rom) „Von wegen gutes Beispiel für die Welt. Die deutsche Kirche ist ein schwarzes Loch“, so das wenig schmeichelhafte Urteil des Vatikanisten Sandro Magister über die katholische Kirche in der Bundesrepublik Deutschland, deren höchste Repräsentanz die Deutsche Bischofskonferenz ist. Der Vatikanist faßte das vernichtende Urteil von Benedikt XVI. über die deutsche Kirche zusammen, das er im neuen Gesprächsbuch mit Peter Seewald äußert.
In Deutschland gebe es einige Personen, die ihn schon seit jeher vernichten wollten, so Benedikt XVI. Als Beispiel nennt das ehemalige Kirchenoberhaupt die gegen ihn von einigen Landsleuten konstruierte Antisemitismuslüge, als er das Karfreitagsgebet für die Juden änderte.
Das Gesprächsbuch, so Magister, sei eine „Anklage“ Benedikts XVI. gegen die deutsche Kirche. Er wirft ihr vor, zu verweltlicht zu sein. Gegen die Verweltlichung schleuderte er bereits am 25. September 2011 in Freiburg im Breisgau seinen Bannstrahl und forderte eine „Entweltlichung“. Obwohl damals alle verstanden, was gemeint war, setzte sich ein ganzer Kirchenapparat samt Höflingen und Günstlingen in Bewegung, um zu behaupten, daß nicht gemeint gewesen sei, was gemeint war, und alles bleibe, wie es ist.
„Zu viele Katholiken als Kirchenangestellte mit Gewerkschaftsmentalität“
Die Verweltlichung ist eine Gefahr, die die Kirche ständig begleitet. Wo sie zu weit getrieben wurde, hat die Kirche in ihrer Geschichte schweren Schaden gelitten. Um in Deutschland zu bleiben: Der Ausbruch und mehr noch der Erfolg von Luthers „Reformations“-Revolution hatte maßgeblich mit der Verweltlichung der Kirche zu tun und namentlich mit dem pfründegesättigten Fürsterzbischof von Mainz und zugleich Fürsterzbischof von Magdeburg, Kurfürst, Erzkanzler des Reiches und Primas Germaniae in einer Person, Albrecht von Brandenburg (Haus Hohenzollern). Nach heutigen Maßstäben wäre er wohl Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.
Joseph Kardinal Ratzinger
In Freiburg erwähnte Benedikt XVI. 2011 das Kirchensteuersystem nicht namentlich. Im Gesprächsbuch tut er es, wohl um einer neuerlichen „Uminterpretation“ seiner Worte vorzubeugen. Benedikt kritisiert nicht die Abgabe an sich, da jeder Getaufte nach seinen Möglichkeiten gehalten ist, zum Unterhalt des Klerus beizutragen und zur Bereitstellung der Mittel, damit die Kirche ihre apostolischen und mildtätigen Aufgaben erfüllen kann. Benedikt kritisiert jedoch die Koppelung der Kirchensteuer mit der Exkommunikation. Das sei, so der ehemalige Papst, unhaltbar.
Die Folge des Kirchensteuersystems sei eine durchorganisierte Kirche, in der aber – so die Kehrseite – die Katholiken häufig Angestellte der Kirche sind und eine „Gewerkschaftsmentalität“ herrsche. Die Kirche werde von ihnen nicht mehr aus der Dimension des Glaubens heraus wahrgenommen, sondern nur mehr als Arbeitgeber, der auch als solcher zu kritisieren sei. Es fehle die Glaubensmotivation. Auch das sei ein Ausdruck der Verweltlichung des kirchlichen Lebens.
„Beeindruckender Kontrast zwischen Benedikts Kritik an deutscher Kirche und Franziskus‘ Gunst für die deutsche Kirche“
Die Kirche in der Bundesrepublik ist nach dem Staat der zweitgrößte Arbeitgeber. Der gigantische Apparat habe die Kirche zu einer „weltlichen Bürokratie“ werden lassen. Eine Situation, die Benedikt XVI. traurig stimme. Das viele Geld sei nicht gut für die Kirche, denn am Ende sei es immer noch zu wenig und erzeuge in Intellektuellenkreisen nur Sarkasmus.
„Es beeindruckt der Kontrast zwischen dieser harten Kritik Benedikts XVI. und der Gunst, die dieselbe deutsche Kirche heute durch Papst Franziskus genießt, als sei sie die Avantgarde der erhofften Erneuerung der Weltchristenheit im Zeichen von Armut und Barmherzigkeit, während in Wirklichkeit vor aller Augen sichtbar ist, daß in Deutschland die Kirche weder arm noch barmherzig ist, sondern – wenn schon – von ihrem eigenen Apparat erstickt wird und vor allem vor der Welt bei vielen zentralen Themen der Moral und der Dogmen auf den Knien liegt.“ Was Magister nicht ausdrücklich erwähnt: Derzeit liegen deutsche Bischöfe und nachgeordnete Vertreter im „Luther-Fieber“ auf den Knien. Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, erklärte Luther zur „bombastischen Gestalt“, während Kardinal Walter Kasper verkündete: „Luther hatte recht“.
Magister erklärt das deutsche Kirchensteuersystem mit seinen Zwangszahlungen, die bei Nichterfüllung die Exkommunikation nach sich ziehen. Der Vatikanist verweist darauf, daß die Deutsche Bischofskonferenz im vergangenen Jahr mehr als das Fünffache von dem einnahm, was die Italienische Bischofskonferenz durch die freiwillige Kirchensteuer erhielt.
Moderner Ablaßhandel: Ungehorsam und Häresien spielen keine Rolle, Hauptsache man zahlt die Kirchensteuer
Wer in Deutschland die Kirchensteuer nicht bezahlt, wird aus der Kirche ausgeschlossen. Das haben die deutschen Bischöfe erst 2012 erneut eingeschärft. Wer nicht zahlt, ist von den Sakramenten ausgeschlossen.
Von „Barmherzigkeit“, so Magister, sei da keine Spur. In Deutschland ist ein beträchtlicher Teil der Kirche ungehorsam gegenüber Lehre und Ordnung der Kirche. Schismatische und häretische Tendenzen werden arglos geduldet. Die wiederverheiratet Geschiedenen „gehen überall ungeniert zur Kommunion, die homosexuellen Verbindungen werden immer öfter auch kirchlich gesegnet“. Von Exkommunikation sei nirgends die Rede, wie bunt es manche auch treiben. „Aber wehe“, wenn jemand die Kirchensteuer nicht zahlt. Man könnte von einem neuen „Ablaßhandel“ sprechen: Hauptsache man zahlt, dann kann man es treiben, wie man will, die Dienstleistungen der Kirche stehen immer zur Verfügung. Zeitgeistgeschmeidig herrscht entsprechend weitgehend Funkstille zum Thema Massenmord an ungeborenen Kindern durch Abtreibung.
Am vergangenen 17. Juli beklagte auch Kurienerzbischof Georg Gänswein, der Sekretär von Benedikt XVI., diesen Widerspruch in einem Interview mit der Schwäbischen Zeitung.
Viel Geld: Einfluß auf viele arme Diözesen und auch auf Rom
„Vom Einfluß, den die deutsche Kirche auf viele arme Diözesen im Süden der Welt ausübt, die sie finanziell unterstützt, ganz zu schweigen“, so Magister. Das gelte auch für den Heiligen Stuhl in Rom, der auch ein großer Nutznießer der deutschen Geldströme sei.
Wie bereits 2011 reagierte man in Deutschland verschnupft an der Verweltlichungskritik Benedikts XVI. Da er nicht mehr Papst ist, mußten nicht mehr alle Register zur Beschwichtigung der öffentlichen Meinung gezogen werden. Diesen Part übernahm dieses Mal der Jesuit Andreas Batlogg, Schriftleiter der Jesuitenzeitschrift „Stimmen der Zeit“. Er meinte, daß das Gesprächsbuch von Benedikt XVI. „nie erscheinen hätte sollen“, und Kardinal Marx gut daran tue, zur Kritik zu schweigen.
Die deutsche Kirche kennt, so der Eindruck, nur einen Nerv, der wehtut, wenn man Kritik an ihrem üppig fließenden Geld übt. http://www.katholisches.info/2016/10/11/...schwarzes-loch/ Text: Giuseppe Nardi Bild: MiL/ACIprensa (Screenshots) * http://www.catholicnewsagency.com/news/h...dict-xvi-24696/ http://chiesa.espresso.repubblica.it/articolo/1351388?eng=y
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