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  • 08.11.2016 00:56 - Das Erdbeben und die Strafe Gottes
von esther10 in Kategorie Allgemein.

Das Erdbeben und die Strafe Gottes
8. November 2016


Die Basilika von Norcia vor dem 24. August (links) und seit dem 30. Oktober 2016.

von Roberto de Mattei*

Seit dem 24. August wurde Italien von einer ganzen Reihe von Erdbeben erschüttert, die auch nach zwei Monaten nicht aufhören wollen. Die Seismologen registrierten Tausende von Erdstößen von unterschiedlicher Stärke. Die Zahl der Menschenleben, die ihnen zum Opfer fielen, hielt sich bisher im Vergleich zu früheren Erdbeben in Grenzen. Groß sind jedoch die Schäden an Kirchen und öffentlichen und privaten Gebäuden. Zehntausende Italiener sind obdachlos geworden.

Der Erdstoß vom 30. Oktober, der stärkste nach jenem vom 24. August, war in ganz Italien und darüber hinaus zu spüren. Der Einsturz der Kathedrale von Norcia wurde zu seinem Symbol. Die Nachricht von der Zerstörung der Basilika ging um die ganze Welt. Von der Kirche, die über dem Geburtshaus des heiligen Benedikt, des Vaters des Abendlandes, errichtet wurde, steht nur mehr die Fassade. Der gesamte Rest ist in einer Staubwolke verschwunden. Viele Massenmedien, wie die amerikanische CNN, betonten den symbolischen Charakter der Ereignisse und wählten dafür das Bild der zerstörten Kathedrale für die Filmberichte und ihre Internetseiten.

Einst wußten die Menschen die Botschaften Gottes in allen Ereignissen zu lesen, die sich ihrem Willen entzogen. In der Tat hat alles, was geschieht, seine Bedeutung, die durch die Sprache der Symbole zum Ausdruck kommt. Das Symbol ist nicht eine konventionelle Darstellung, sondern Ausdruck einer tieferen Ebene des Seins der Dinge.


Norcia vor den Erdbeben. In der Mitte das Denkmal für den heiligen Benedikt

Der moderne Rationalismus, von Descrates bis Hegel, von Marx bis zum Neo-Szientismus, wollte die Natur rationalisieren, indem die Wahrheit des Symbols durch die rein quantitative Interpretation der Natur ersetzt wurde. Der Rationalismus befindet sich heute in der Krise, aber die postmoderne Kultur, die sich von seinen intellektuellen Quellen nährt, vom Nominalismus bis zum Evolutionismus, hat ein neues System von Symbolen geschaffen, die, im Gegensatz zu den alten, nicht auf die Realität der Dinge verweisen, sondern sie wie in einem Spiel von Spiegelungen deformieren. Der symbolische Code, der sich in allen Formen der postmodernen Kommunikation ausdrückt, von den Tweets bis zu den Talk Shows, zielt auf die Erzeugung von Emotionen und die Erweckung von Gefühlen, während zugleich die Erfassung der tieferen Gründe der Dinge abgelehnt wird.

Die Kathedrale von Norcia zum Beispiel ist ein Symbol der Kunst, der Kultur und des Glaubens. Ihre Zerstörung weckt für und durch die Medien ein Gefühl des Verlustes, den Verlust des Kunsterbes Mittelitaliens. Ihre Zerstörung ist für dieselben Medien aber kein Bild für die Zerstörung des Glaubens oder der Grundwerte der christlichen Kultur.

Das Erdbeben, obwohl der Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch durchaus dafür gebraucht wird, um kulturelle und soziale Umbrüche zu benennen, darf für diese Medien niemals auf ein Göttliches Handeln hinweisen, weil Gott, wenn schon, nur als barmherziger, aber nie als gerechter Gott dargestellt werden darf.

Wer von einer „Strafe Gottes“ spricht, zieht sich sofort die mediale Diffamierung zu, wie es dem Dominikanerpater Giovanni Cavalcoli ergangen ist, dessen Worte bei Radio Maria vom Substitut des vatikanischen Staatssekretariats, Msgr. Angelo Becciu, als Aussagen bezeichnet wurden, die „für die Gläubigen beleidigend und für nicht Glaubenden skandalös“ sein.

Wenn hier etwas ein Ärgernis ist, dann ist es die Stellungnahme des vatikanischen Prälaten, der unter Beweis gestellt hat, die katholische Theologie und die Lehre der Päpste in diesem Punkt nicht zu kennen, zuletzt von Benedikt XVI., der bei der Generalaudienz vom 18. Mai 2011 über das Fürbittgebet von Abraham für Sodom und Gomorrha, die beiden biblischen Städte, die von Gott wegen ihrer Sünden bestraft wurden, sagte:

„Der Herr war bereit zu vergeben, er verlangte danach, es zu tun, aber die Städte waren in einem allumfassenden, lähmenden Übel verschlossen, und es gab nicht einmal einige wenige Unschuldige, von denen die Verwandlung des Bösen in Gutes ausgehen konnte. Denn genau das ist der Heilsweg, um den auch Abraham bat: Rettung bedeutet nicht einfach, der Strafe zu entkommen, sondern von dem Bösen befreit zu werden, das in uns wohnt. Nicht die Strafe muß getilgt werden, sondern die Sünde, die Ablehnung Gottes und der Liebe, die die Strafe bereits in sich trägt. Der Prophet Jeremia wird zum abtrünnigen Volk sagen: ‚Dein böses Tun straft dich, deine Abtrünnigkeit klagt dich an. So erkenne doch und sieh ein, wie schlimm und bitter es ist, den Herrn, deinen Gott, zu verlassen‘ (Jer 2,19).“
Wie könnte man da vergessen, daß zwischen August und September 2016 in Italien die ersten „Homo-Ehen“ geschlossen wurden?


Die zerstörte Basilika, die über dem Geburtshaus des „Vaters des Abendlandes“ errichtet wurde
„Wir werden alles wiederaufbauen“, hat Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi erklärt. Derselbe Renzi hat jedoch am 23. Juli 2016 seine Unterschrift unter das Durchführungsdekret zum Staatsgesetz Nr. 76/2016 gesetzt, auch Lex Cirinnà genannt, das die „Homo-Ehe“ in Italien legalisiert.

Dieses Gesetz ist ein moralisches Erdbeben, weil es die Mauer des göttlichen Naturrechts niederreißt. Wie könnte man nur denken, daß dieses schändliche Gesetz folgenlos bliebe? Wer nicht auf den gesunden Menschenverstand verzichtet, wird sich dessen sofort bewußt. Der Mensch lehnt sich heute gegen Gott auf, und die Natur lehnt sich gegen den Menschen auf. Besser gesagt: Der Mensch lehnt sich gegen das Naturrecht auf, das sein Fundament in Gott hat, und die Unordnung der Natur explodiert.

Die Lex Cirinnà zerstört keine Gebäude, aber die Institution Familie, indem sie eine moralische und soziale Verwüstung provoziert, die um nichts weniger schlimm ist als die materielle Verwüstung durch das Erdbeben. Wer kann uns das Recht absprechen, zu denken, daß die Unordnung der Natur von Gott zugelassen wird als Folge der Leugnung des Naturrechts durch die herrschende Klasse des Westens? Und da die Symbole unterschiedliche Lesarten erlauben: Wie könnte man behaupten, jemand habe unrecht, der in der stehengebliebenen Fassade der Kathedrale von Norcia ein Symbol für das sieht, was heute nach menschlichem Ermessen von der katholischen Kirche noch übergeblieben scheint: ein Haufen Schutt? Die Erklärungen von Msgr. Becciu, einem der engsten Mitarbeiter von Papst Franziskus, sind Ausdruck einer zu Ruinen verfallenen kirchlichen Welt, die noch weitere Ruinen auf sich zieht.

Von der Veröffentlichung des nachsynodalen Schreibens Amoris laetitia bis zur Ehrenbezeugung für Luther in Lund hat Papst Franziskus mit Sicherheit nicht dazu beigetragen, wieder Ordnung in diese Welt in Scherben zu bringen.


Die stehengebliebene Statue des heiligen Benedikt von Nursia auf dem Platz vor der Basilika
Der Papst wiederholt, daß man keine Mauern errichten, sondern Mauern einreißen soll: Nun denn, die Mauern brechen ein, aber mit ihnen bricht auch der Glauben und die katholischen Moral ein, mit ihnen stürzt auch die christliche Zivilisation ein, die in Norcia, der Heimat des heiligen Benedikt, ihre symbolische Wiege hat.

Und doch: Wenn auch die Kathedrale eingestürzt ist, so ist die Statue des heiligen Benedikt auf dem Platz davor stehengeblieben. Rund um diese Statue hat sich eine Gruppe von Mönchen, Ordensfrauen und Laien versammelt, und sie haben auf dem Platz kniend den Rosenkranz gebetet. Auch das ist eine symbolische Botschaft, die uns von der einzig möglichen Form des Wiederaufbaus spricht: jener, die kniend und betend erfolgt.

Zum Gebet braucht es aber auch die Aktion, den Kampf, das öffentliche Zeugnis unseres Glaubens an die Kirche und die christliche Zivilisation, die aus den Trümmern wiederauferstehen wird. Die Gottesmutter hat es in Fatima verheißen. Doch bevor ihr Unbeflecktes Herz triumphieren wird, hat die Allerseligste Jungfrau auch eine planetarische Strafe für die reuelose Menschheit angekündigt. Man muß den Mut wiederfinden, auch daran zu erinnern und davor zu warnen.

*Roberto de Mattei, Historiker, Vater von fünf Kindern, Professor für Neuere Geschichte und Geschichte des Christentums an der Europäischen Universität Rom, Vorsitzender der Stiftung Lepanto, Autor zahlreicher Bücher, zuletzt erschienen: Vicario di Cristo. Il primato di Pietro tra normalità ed eccezione (Stellvertreter Christi. Der Primat des Petrus zwischen Normalität und Ausnahme), Verona 2013; in deutscher Übersetzung zuletzt: Das Zweite Vatikanische Konzil – eine bislang ungeschriebene Geschichte, Ruppichteroth 2011. Die Zwischentitel stammen von der Redaktion.
http://www.katholisches.info/2016/11/08/...-strafe-gottes/
Übersetzung: Giuseppe Nardi
Bild: Corrispondenza Romana/MiL




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