Dschihad auf dem SmartphoneFitness-Tipps und Mathe-Nachhilfe:Dschihad auf dem SmartphoneFitness-Tipps und Mathe-Nachhilfe: So ködern Salafisten Kinder und Jugendliche im Netz
Montag, 28.11.2016, 21:31 · von FOCUS-Online-Redakteurin Hanna Klein
Die App "Dua" zeigt eine Welt, wie sie sich der IS vorstellt - mit Schule und Kampfjets
Bunte Bildchen flimmern über einen kleinen Bildschirm. Sie sollen den Kleinsten das Zählen beibringen - mit Maschinengewehren. Was wie eine harmlose Kinder-App aussieht, hat einen ernsten Hintergrund. Der Islamische Staat (IS) vermittelt so digital seine Ideologie - auch schon an die ganz Kleinen.
Es war der 16. April 2016, als in Essen eine Hochzeitsfeier ein plötzliches Ende fand. Vor einem Sikh-Tempel explodierte ein Sprengsatz. Nur durch Glück wurden nur wenige Menschen verletzt. Die Täter: Zwei 16-Jährige, die sich radikalisert hatten. "Die Ermittlungen ergaben später, dass rund 12 Jugendliche an der Vorbereitung beteiligt waren", sagte Michael Kiefer von der Aktion Gemeinwesen und Beratung e.V. (AGB) am Montag. Ausgetauscht hatten sie sich über das Chat-Programm WhatsApp.
Wie Salafisten und radikale Islamisten die digitalen Möglichkeiten für die Rekrutierung solch junger Anhänger nutzen und wie dem begegnet werden kann, zeigte die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) auf einer Pressekonferenz. Neben der AGB, die von der Bundeszentrale im Bereich Islamismusprävention an Schulen unterstützt wird, teilte dabei auch jugendschutz.net Beobachtungen zum professionellen Auftreten der Islamisten im Netz.
Die Initiative von Bund und Ländern beobachtet bereits seit einigen Jahren islamistische Online-Aktivitäten Popkultur-Themen locken Jugendliche an Islamischer Staat (IS), Propaganda, WhatsApp, Facebook, Telegram
Telegram/jugendschutz.net Auch Fitness-Übungen werden verbreitet
Dabei wird deutlich: Mit Apps, Memes und Alltagstipps holen sie Kinder und Jugendliche genau da ab, wo sich das Leben der Minderjährigen abspielt.
Der erste Kontakt scheint meist harmlos. Zum Beispiel "islam-konforme" Fitnesstipps oder afghanische Rezepte sollen interessierte junge Menschen langsam heranführen. Mit solchen Themen aus Popkultur und dem eigenen Alltag werden die Nutzer großen Online-Plattformen wie Facebook auf den Messenger-Dienst Telegram gelockt.
Im Gegensatz zu Facebook, Twitter und Co. setzt diese Anwendung auf eine starke Verschlüsselung und die schützt die Anonymität seiner Nutzer, nur selten werden verletzende Inhalte gelöscht. Für den IS ist sie daher eine willkommene Möglichkeit, ein junges Massenpublikum zu erreichen. Die Zahl der Kanäle mit islamistischer Propaganda steigt derzeit immer weiter an. Das ergab eine Beobachtung von jugendschutz.net.
Das Zentrum für Jugendschutz im Netz zählte in diesem Jahr bereits 130 solcher Angebote, zwei Drittel ordnet die Initiative sogar dem dschihadistischen Spektrum zu.
Sticker mit dschihadistischen Motiven
Initiativen, die gegen die Verbreitung islamistischer Propaganda vorgehen, haben es da schwer. "Zu Telegram gibt es keinen strukturellen Kontakt", erklärte Stefan Glaser, stellvertretender Leiter von jugendschutz.net. "Wir wissen über den Anbieter auch nicht mehr als Wikipedia." Von einem gemeinsamen Kampf gegen die digitale Verbreitung islamistischer Propaganda kann da bisher keine Rede sein.
Und so werden die jungen Nutzer über verschiedenste Telegram-Kanäle langsam an die Ideologie des IS herangeführt. Über Falschmeldungen von Polizisten, die auf Muslime schießen, bis hin zu Stickern für die Kommunikation, die die Ermordung des US-amerikanischen Journalisten James Foley zeigt. In Videos berichten Kämpfer zudem live aus dem Kriegsgebiet in Syrien.
Waffen zählen für die Kleinen
Islamischer Staat (IS), Propaganda, WhatsApp, Facebook, Telegram
App "Moalem Al-Huruf"/jugendschutz.net Zahlen lernen mit Waffen
Auch für die Kleinsten schaffen die Islamisten attraktive Angebote. Apps, die beispielsweise als Lernprogramm getarnt sind, verherrlichen unterschwellig Gewalt und vermitteln Hass auf Feindbilder. So hilft die App "Moalem Al-Huruf" (deutsch: "Lehrer der Buchstaben") auf den ersten Blick etwa beim Lernen von Zahlen. Diese werden mit der entsprechenden Anzahl an Waffen verdeutlicht - beispielsweise sechs Kalaschnikows oder sechs Macheten.
Verbreitet werden solche Anwendungen nicht über die AppStores großer Anbieter wie Apple und Google. Sie werden stattdessen bei Filehosting- und Cloud-Diensten wie Google Drive zur Verfügung gestellt. Die Links dazu verbreiten Nutzer über zahlreiche Online-Kanäle wie Telegram. "Wird ein Inhalt dann doch mal gelöscht, taucht er kurze Zeit später wieder woanders auf", erklärt Gläser das schwierige Vorgehen gegen den IS im Netz.
Eine Kultur geteilter Verantwortung sei für die Bekämpfung der islamistischen Propaganda notwendig, mahnt der stellvertretende Vorsitzende von jugendschutz.net. "Wir brauchen eine Struktur, die Verstöße ahndet und verfolgt, wir brauchen eine schnellere Löschung der Inhalte und die Dienste müssen gegen die Verbreitung solcher Inhalte vorsorgen", fordert Glaser. Auch Eltern und Lehrer sind gefragt: Sie müssen für die harmlos wirkende Propaganda sensibilisiert werden, um ihre Kinder schützen zu können.
Im Video: Aus diesem Grund versteckt sich IS-Chef Al-Baghdadi vor seiner eigenen Terrormiliz
http://www.focus.de/politik/deutschland/...id_6265947.html *
VIDEO http://www.focus.de/politik/videos/irak-...id_6234425.html
Spione in Käfigen ertränkt http://www.focus.de/politik/deutschland/...id_6265947.html
Aus diesem Grund versteckt sich IS-Chef Al-Baghdadi vor seiner eigenen Terrormiliz
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